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0447 - Der Drachen-Meister

0447 - Der Drachen-Meister

Titel: 0447 - Der Drachen-Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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seinem Leben. Er wollte nicht Jahrtausende verlieren, nicht einen großen Teil seiner Existenz verlieren, indem er seine Erinnerungen aufgab. Und sie bestimmten sein Sein.
    Er dachte an Gry den Druiden.
    »Teufel bleibt Teufel«, pflegte Gryf zu sagen. Sid Amos, einstmals Fürst der Finsternis, hatte sich von der Hölle abgewandt. Aber er war immer noch er selbst, er konnte nicht anders. Hatte Gryf nicht recht?
    Amos hieb mit dem Fingernagel in seinen linken Unterarm.
    Der Tropfen seines Blutes, der hervorquoll, war immer noch schwarz.
    ***
    Lyan starrte den zweiten Drachen an. Seine Gedanken überschlugen sich. Es stimmte nicht. Es war außerhalb seiner Kontrolle. Das durfte nicht sein. Es hätte keinen zweiten Drachen geben dürfen. Woher kam er? Wer hatte ihn hierher entsandt? Wer mischte sich in den Verlauf des Geschehens ein?
    »Es ist nicht möglich«, murmelte er. »Es gibt keinen zweiten Drachen. Ich wüßte davon.«
    Die Braunhaarige versetzte ihm einen Stoß.
    »Dann geh doch hin, du Retter«, stieß sie hervor. »Dann sage ihm, daß es ihn nicht gibt! Vielleicht löst er sich dann in eine Rauchwolke auf.«
    »Du bist närrisch«, sagte Lyan. »Etwas geschieht hier, das ich nicht begreife. Es gefällt mir nicht.«
    Der neue Drache kam rasch näher. Er war mindestens ebensogroß wie der erste. Die fressende Echse bemerkte ihn nicht. Sie war zu sehr mit ihrer Tätigkeit beschäftigt. Sie konnte den zweiten Drachen nicht einmal wittern, weil die Ausdünstung des geschlagenen Kadavers alles andere überlagerte.
    Lyan war ratlos. Was konnte er tun?
    Seine Lanze war gebrochen. Er konnte dem zweiten Drachen nicht mehr entgegentreten. Außerdem wäre es sinnlos, sich ihm zu Fuß zu nähern. Er wäre niemals schnell genug, um dem Feuer auszuweichen. Und er konnte auch seine Reitechse nicht mehr zum Angriff zwingen. Sicher, er konnte sich auf den Sattel schwingen. Aber er konnte die Echse nicht mehr steuern. Sie würde auf keinen Druck auf den Nervenknoten reagieren, und sie ließ sich auch jetzt das Zaumzeug nicht wieder anlegen. Sie fraß, das war alles, was sie tat, bis sie gesättigt war.
    Noch ehe er seine Gedanken zu Ende geführt hatte, war der Drache heran. Er warf sich auf die Reitechse. Er spie Feuer. Die Echse kreischte, brüllte, wirbelte herum. Das Maul des Drachen packte zu. Entsetzt sah Lyan, wie der Drache die Echse einfach durchbiß. Zwei blutüberströmte Hälften fielen zu Boden. Abermals spie der Drache Feuer. Die Echse stand in Flammen. Lyan war wie gelähmt. Er konnte nicht so schnell begreifen, wie es geschah. Die Echse, durch ihre Schnelligkeit eigentlich überlegen, hatte keine Chance gehabt, weil sie zu sehr abgelenkt gewesen war. Hätte sie den Drachen rechtzeitig bemerkt, sie hätte ihn getötet, wie sie auch den ersten getötet hatte. Aber sie war beim Fressen überrascht worden.
    Der Drache richtete sich auf.
    »Wir müssen verschwinden«, stieß Lyan hervor. Er packte das Mädchen an den Schultern. »Der Gang, durch den ich gekommen bin! Er verengt sich! Die Echse paßte hindurch, für die Drachen ist er zu klein. Er wird stecken bleiben! Schnell, vielleicht schaffen wir es noch…«
    Er stieß das Mädchen vorwärts.
    Auf die düstere Röhre zu.
    Der Drache schwenkte den kantigen, riesigen Schädel herum. Seine vergleichsweise kleinen, tückischen Augen fixierten die beiden rennenden Menschen. Sofort setzte er sich in Bewegung.
    Aber Lyan wußte, sie würden es schaffen. Sie waren zu nahe an der Röhre, als daß der Drache sie noch einholen konnte. Sie hatten Glück.
    Er war so lange davon überzeugt, bis er den dritten Drachen sah.
    ***
    Sid Amos war in einen Sessel gesunken. Er schloß die Augen und fragte sich, was er tun konnte. Zamorra moralisch unter Druck setzen? Ihn dazu bringen, die Abschirmung um das Château zu öffnen?
    Nein. Zamorra würde es nicht tun. Er konnte es nicht tun. Er würde sich und alle anderen, die bei ihm waren, zu verwundbar machen, denn im gleichen Moment würden auch die Höllenmächte zuschlagen können. Und Amos war sicher, daß sie Château Montagne unter Beobachtung hielten, so wie er selbst es hatte beobachten lassen, als er noch der Herr der Schwarzen Familie war. Sie lauerten auf eine Chance, ihren größten Feind auszuschalten. Außerdem würde Amos dazu in einem Punkt Farbe bekennen müssen - und das wollte er nicht. Nicht gegenüber einem Menschen, ganz gleich, ob dieser Mensch Professor Zamorra hieß oder Friedrich Meisenkaiser. Es war nicht

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