0447 - Der Drachen-Meister
hatte zu hoch gespielt, zu viel riskiert. Er hatte eine falsche Entscheidung getroffen. Er stürzte ab, genau auf die beiden Drachen zu.
Noch einmal versuchte er, sich zu schützen und sie anzugreifen. Er setzte alle Kraft ein, über die er verfügte. Aber es reichte nicht. Im Gegenteil.
Die Anstrengung war zu groß.
Lyan verlor die Besinning.
Er stürzte, er schlug auf, und wehrlos war er den riesigen, feuerspeienden Bestien ausgeliefert.
Es war seinem schwindenen Bewußtsein kein Trost, daß das Mädchen inzwischen in Sicherheit sein mußte. Denn er hatte doch nichts mehr davon, wenn die beiden Drachen ihn zerfetzten, verbrannten und verschlangen und die Reste seiner Gebeine den anderen in dieser Felsenhöhle hinzufügten…
***
Sid Amos hatte Glück.
Er erkannte Pascal Lafitte, obgleich der ihn nicht erkannte - kein Wunder, denn Sid Amos besaß viele Gestalten, die er nach Belieben annehmen konnte. Im Laufe der Jahrtausende hatte er auf der Erde zahlreiche Tarnexistenzen aufgebaut, in die er schlüpfen konnte, um in Gestalt verschiedener Persönlichkeiten zu agieren - Abenteurer, Geschäftsleute, Politiker -letztere Gestalten waren allerdings meist recht »kurzlebig«, und wenn die Gunst der Bevölkerung schwand, »starben« sie oder fielen »Attentaten« zum Opfer, um durch andere ersetzt zu werden. Systeme wechselten, der Teufel hatte seine Klauen immer irgendwie im Spiel.
Er hatte seine Tarnexistenzen fast sträflich vernachlässigen müssen, nachdem er die Hölle verlassen hatte, nach Caermardhin ging und dann Merlins Stellvertreter wider Willen wurde. Er hatte die Kontrolle über viele Dinge verloren. Aber seltsamerweise berührte ihn das kaum noch. Noch vor ein paar Jahren hätte er mit aller Macht zugeschlagen, um verlorene »Gebiete« zurückzuerobern. Jetzt ließ ihn das kalt.
Er war in der einzigen Gastwirtschaft des kleinen Dorfes unterhalb vom Château Montagne aufgetaueht. Moustache, der Wirt, unterzog den Fremden einer kurzen Musterung und stufte ihn danach wohl als in Ordnung ein. Pascal Lafitte saß an einem Fenstertisch, unterhielt sich mit dem Posthalter und einem anderen Mann und trank seine drei abendlichen Bierchen, während seine Frau daheim den Nachwuchs in den Schlaf wiegte. Lafitte war Zamorras Freund geworden, nachdem er anfangs nur für ihn gearbeitet hatte - er las Zeitungen für den Professor. Zamorra hatte einen ganzen Stapel internationaler Zeitungen abonniert, um ständig über alle rätselhaften Geschehnisse in aller Welt informiert zu sein. Da er aber häufig unterwegs war und auf keinen Fall jede Zeitung durchstöbern konnte, übernahmen in gerechter Arbeitsteilung der Posthalter und Pascal Lafitte diese Aufgabe, sortierten vor, übersetzten teilweise und machten Zamorra auf Vorkommnisse aufmerksam, die sie für mehr als Hirngespinste hielten. Oft genug hatte sich diese Methode schon bewährt.
Sid Amos wußte, was Lafitte und Zamorra miteinander verband. Und er wartete auf seine Chance. Ganz behutsam begann er, seine magische Kraft auf Pascal einwirken zu lassen. Er mußte ihn als Verbündeten gewinnen.
***
Sie hatten sich in gemütlicher Vorabend-Runde zusammengefunden -Zamorra und Nicole, Tendyke, die Zwillinge sowie Ted und Carlotta. Plötzlich stieß der Druide Gryf zu ihnen. Per zeitlosem Sprung tauchte er mitten zwischen ihnen auf, sah sich um und lächelte.
»Teri ist noch nicht da?«
»Nein«, sagte Zamorra. »Hallo, Gryf.«
Der rieb sich die Hände. »Dann habe ich die Wette gewonnen«, sagte er. »Daß ich vor ihr hier bin, obgleich ich die Einladung kn Merlin weitergebe. Das habe ich getan.«
»Und?« fragte Zamorra.
»Merlin kommt nicht. Er ist wieder wach, aber er fühlt sich nicht stark genug. Und jetzt laß mich endlich mal die Verschollenen begrüßen. Hallo, Ten, hallo, ihr zwei Hübschen.« Er schüttelte Tendykes Hand und verpaßte den Zwillingen Begrüßungsküsse, die ihnen den Atem nahmen. Tendyke hob drohend die Faust. »Willst du mich eifersüchtig machen, alter Mann?«
Der Druide, der über achttausend Jahre alt war, aber wie ein Zwanzigjähriger aussah, lachte. »Kann man das, Ten?«
»Probier’s lieber nicht, du Schürzenjäger.«
»Laß ihn doch«, protestierte Monica. »Er hat so selten Abwechslung…«
»Hä?« machte Tendyke. »Wie soll ich das denn am besten mißverstehen?«
»Du weißt doch - Gryf liebt hübsche Mädchen und haßt Vampire. Da es viele Vampire und wenige hübsche Mädchen auf der Welt gibt, ist sein Leben
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