0447 - Der letzte auf dem Todesstuhl
zu halten, die nur wenig breiter war als die Ausmaße des Buick. Wieder und wieder hörte ich, wie die Zweige den Wagen streiften.
Der ehemalige Catcher steuerte das Auto um drei Biegungen. Jedesmal gesellte sich das Quietschen des Steuerrades zu den sonstigen Geräuschen des Wagens. Dann schien eine gerade Strecke vor ihm zu liegen.
Rugger richtete sich ein wenig auf. Ich spürte, daß er nach links wegrückte, und ich fragte mich, ob er sich auf die gleiche Weise aus dem Wagen katapultieren wollte, wie ich es ihm auf der Müllhalde vorgemacht hatte.
»Gleich haben wir es geschafft«, knurrte er. Er beschleunigte den Wagen auf zwanzig oder dreißig Meilen, für eine Straße immer noch eine gedrosselte Geschwindigkeit, in der Dunkelheit und auf der Schneise war es zu schnell.
»Langsamer!« befahl ich. Er gehorchte nicht. »Langsamer!« Ich brüllte. Zu meiner Überraschung nahm er den Fuß vom Gas. Er preßte sich weit nach links gegen die Tür. Noch rollte der Buick mit fast unverminderter Geschwindigkeit. Ich warf den Kopf herum.
Aus dem sicheren Gefühl großer Gefahr riß ich am Lichtknopf. Die Lichtkegel der Scheinwerfer schossen wie leuchtende Schlangen in die Nacht hinaus, rissen hundert, zweihundert Yard der Schneise in ihre Helligkeit, erfaßten Bäume, Sträucher… und auch den Gegenstand, der sich wie ein riesengroßes Geschoß auf den Buick zubewegte, eine gigantische Ramme, die genau auf meinen Kopf zielte.
***
Ich warf mich nach links, den Oberkörper weggebogen. Ich spürte den Luftzug. Etwas wie eine riesige Faust durchschlug die Windschutzscheibe, und zischte Über meinen geduckten Nacken hinweg. Ich rollte vom Sitz und fiel in den Raum zwischen der Sitzbank und dem Armaturenbrett. Ein Regen von Glassplittern ging auf mich nieder. Das Blech des Buick krachte. Der ganze Wagen schien hochgehoben zu werden, aber dann stand er.
Ich wollte aufspringen, krümmte den Rücken und stieß gegen einen massiven Gegenstand, der mich unten hielt.
Ruggers Faust fiel schwer wie ein Dampfhammer in meinen Nacken. In meinem Kopf gingen die Lichter aus.
***
Als ich die Augen aufschlug, blieb es dunkel. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich kapierte, daß die Dunkelheit nichts mit meiner Sehfähigkeit zu tun hatte, sondern daß ich mit dem Gesicht tief im lockeren Laub lag. Ich blieb ruhig liegen und zog Bilanz.
Bis auf einen leidlichen Schmerz im Nacken ging es mir nicht schlecht. Nur an den Handgelenken fühlte ich die metallene Kälte von Handschellen. Ich hatte ein Paar Handschellen mitgenommen. Anscheinend trug ich den Handschmuck jetzt selbst.
Ich hörte einen Automotor. Ich erkannte das bollernde Husten des Buick. Ohne besondere Anstrengungen wälzte ich mich auf den Rücken. Ich lag am Rand der Schneise. Auf der gleichen Höhe stand ein Mann, der eine Taschenlampe in der Hand hielt. Der Lichtstrahl war auf den Buick gerichtet.
Das Auto sah noch übler aus als vorher. Vor dem Beifahrersitz, dort also, wo ich gesessen hatte, war die Windschutzscheibe bis auf einige stehengebliebene Splitter verschwunden. Die Beleuchtung hatte den Anprall nicht überstanden.
Der Mann mit der Taschenlampe besaß die gleiche Kleiderschrankfigur wie Dark Rugger. Als er den Kopf ins Profil drehte, erkannte ich Roy Drughs aufgestülpte Nase.
Rugger saß offenbar hinter dem Steuer, denn ich hörte ihn fluchen. »Verdammt, ich sehe nichts.«
»Warum schlägst du nicht den Rest der Windschutzscheibe raus?«
»Damit wir noch mehr zur Seite zu schaffen haben! Der Washington-Bursche darf keinen Verdacht schöpfen. Geh zurück und bleib in der Mitte!«
Drugh gehorchte. In einem Bogen wich er seitlich von der Schneise ab in eine Lücke des Baumbestandes. Rugger steuerte den Wagen herunter. Und schließlich stand der Buick um mehr als eine volle Wagenlänge zwischen den Sträuchern.
Ich sah, wie Rugger ausstieg. Er hielt ebenfalls eine Stablampe in den Händen. Er und Drugh stellten große Zweige vor den Wagen. Alles war offensichtlich vorbereitet gewesen. Die Zweige lagen in einem hohen Stapel zwischen zwei Bäumen. In wenigen Minuten hatten die Gangster den Buick prächtig getarnt.
Mit Hilfe der Taschenlampen suchten beide dann die Schneise ab. Drugh fegte die Glassplitter Über die Büsche. Rugger warf eine merkwürdige Holzkonstruktion, die aus zusammengebundenen armstarken Stämmen bestand, zwischen die Bäume. Dann erst kümmerte er sich um mich.
Der Catcher pflanzte sich vor mir auf und richtete den Lichtstrahl auf
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