0447 - Totenschiff der Templer
und schwankend stehenblieb.
Es war ein Wesen ohne Gesicht!
Furchtbarer konnte es kein Maskenbildner zeigen. Irgend etwas mußte sein Gesicht weggeätzt oder zerbrannt haben.
Weder die Augen noch die Nase waren zu sehen. Dafür ein Stück des Mundes. Alles andere schimmerte in einem dunklen Rot, das schon einen Stich ins Violette bekommen hatte.
»Es ist der Folterknecht!« hörte Suko die Stimme des Kapitäns.
»Er hat bisher jeden zum Reden gebracht oder auch getötet!«
Kleidung trug der Folterknecht kaum. Nur ein Tuch oder eine Hose aus Bärenfell umspannte seine Hüften.
Bewaffnet war er auch.
An der rechten Hand sah Suko etwas blinken. Ein Stück Stahl, erst vorstehend wie der untere Teil eines Korkenziehers, dann gekrümmt. So sahen Enterhaken aus.
»Willst du gegen den angehen?« fragte Mario, hielt Suko fest und schüttelte ihn.
»Mir bleibt wohl keine andere Wahl.«
»Die bleibt auch nicht!« hörte er die Stimme des Kapitäns, der seine beiden Leibwächter vorschickte.
Suko und Mario vernahmen noch die Schritte der Untoten. Reagieren konnten sie nicht mehr. Plötzlich wurde Mario Scirea gepackt und zurückgerissen.
Als Suko sich drehte und seinen Begleiter in den Klauen der Zombies sah, riß er die Waffe hervor.
Möglicherweise war es Zufall. Vielleicht hatte der Folterknecht auf eine derartige Gelegenheit nur gewartet, jedenfalls nutzte er die Gunst der Stunde und sprang Suko an.
Schießen hätte er vielleicht noch gekonnt, aber er wäre auch Gefahr gelaufen, Mario zu treffen, denn die Zombies hatten ihn so gedreht, daß er sie mit seinem Körper deckte.
Und der Folterknecht schlug bereits zu.
Suko entging dem bösen Treffer des Enterhakens mit einem artistischen Drehsprung. Er hörte noch das häßliche Pfeifen und danach ein dumpfes Geräusch, als der Haken in eine hohe Taurolle gedroschen wurde, und der Staub in Wolken hochwirbelte.
Der Inspektor zielte auf den Folterknecht. Das schwere Stück Tau sah er nicht. Auch nicht den Zombie, der sie geschleudert hatte. Er befand sich hinter Suko und hatte sich bei dem Schlag hoch aufgerichtet.
Das Stück Tau hämmerte in Sukos Nacken. Fast so hart wie eine Eisenstange. Die Wucht des Aufschlags trieb den Chinesen in die Knie. Er wurde nicht bewußtlos, hatte aber Schwierigkeiten, den Überblick zu bewahren, streckte die Arme aus und stützte beide Handflächen auf die Planken. Noch hielt er die Waffe, aber ein Tritt schleuderte ihn auf den Rücken, und plötzlich sah er vor und über sich einen Schatten.
So breit und so wuchtig, daß es kein anderer sein konnte als dieser Folterknecht.
Der trat zu.
Er drückte seinen Fuß auf Sukos Handgelenk. Schuhe oder Stiefel trug er nicht, doch allein sein Gewicht reichte aus, um den Schmerz durch Sukos rechten Arm ziehen zu lassen. Dieser untote Pirat mußte, aus welchen Motiven auch immer, die Gefährlichkeit der Beretta erkannt haben und wollte, daß Suko die Waffe losließ.
Hätte er sich normal wehren können, wäre alles anders gekommen. So aber war er angeschlagen. Suko öffnete die Faust, und die Beretta rutschte aus der Hand.
Der Druck verschwand.
Dafür beugte sich der Folterknecht schwerfällig vor. Mit einer Hand wuchtete er Suko hoch.
Der Inspektor spürte den Schwindel. Er hatte das Gefühl, ein Kreisel zu sein, schwankte, fiel aber nicht, weil der andere ihn nicht losließ. Dafür drehte er Suko herum und schleuderte ihn vor.
Suko taumelte rückwärts, geriet gegen ein Hindernis und fiel auf den Rücken.
Wo Suko landete, bekam er nicht mit. Er fiel zum Glück nicht hart. Unter seinem Rücken spürte er irgendwelche Taue oder Reste einer abgerissenen Takelage.
Der Kampf war nicht so gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte.
Suko befand sich auf der Verliererstraße. Viel erreichen konnte er gegen diese Übermacht sowieso nicht, aber er wollte sich auch nicht so einfach fertigmachen lassen. Besonders nicht von diesem untoten Folterknecht.
Der Gesichtslose hatte sich vor ihm aufgebaut. Wo die anderen standen, sah er nicht, aber er hörte plötzlich den wütenden Schrei Mario Scireas. Dieser Ruf übte auf Suko eine gewisse Signalwirkung aus. Er peitschte ihn regelrecht hoch.
Der Gesichtslose ließ sich fallen.
Genau in den Tritt des Inspektors hinein, der ihn in der Körpermitte traf und zurückwuchtete.
Steif wie ein Brett knallte der Folterknecht auf die Planken. Suko bekam Luft.
Er schnellte hoch, jedenfalls kam es ihm so vor, tatsächlich aber war er ziemlich langsam.
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