0448 - Salomos Omen
befanden. Er hob eines hoch und nickte dem Wasser entgegen. »Ich möchte mir die Toten aus der Nähe ansehen.«
»Sie wollen ins Boot?«
»Entgegenschwimmen will ich Ihnen nicht.«
Taylor verzog das Gesicht. »Sie sind gut, Mann, aber wie Sie meinen. Ich halte Sie nicht auf.«
Suko schleuderte das Boot ins Wasser. Durch eine Leine war es noch mit dem Mutterschiff verbunden. Das Schlauchboot besaß eine Automatik und blies sich von selbst auf.
Der Commander selbst holte es noch näher an das Schiff heran, so dass Suko über eine Bordleiter hineinstiegen konnte. »Leine los!« rief er und legte sich die Paddel zurecht.
Man warf ihm die Leine zu. Eine Welle dünte heran und trennte beide Boote voneinander. Im Gesicht des Commanders stand zu lesen, dass er Sukos Tun für Wahnsinn hielt, doch er gab keine weiteren Kommentare.
Und die Toten trieben höher…
Suko konnte sie unter sich in dem erleuchteten, glasigen Wasser sehen, wie sie immer weiter in die Höhe schaukelten. In welcher Tiefe sich die meisten von ihnen aufhielten, war für Suko schlecht zu schätzen. Das Wasser verzerrte die Entfernungen.
Der Wind fuhr warm gegen sein Gesicht. Wellen rollten gegen die Bordwand und schleuderten ihre glitzernden Tropfen gegen den Chinesen.
Noch immer bewegten sich die Leichen nicht aus eigener Kraft. Dieser unter Suko liegende schaukelnde Seefriedhof bot ein Bild des Schreckens. Keine Gestalt sah aus wie eine, die lange im Wasser gelegen hatte. Die Gesichter und die Haut wirkten nicht aufgeschwemmt, nur eben verkohlt. An den Körpern klebte die Kleidung. Auch das Wasser schaffte es nicht, sie zu lösen.
Suko veränderte seine Haltung und kniete sich hin. Die Entfernung zwischen ihm und dem Mutterschiff vergrößerte sich.
Commander Taylor stand an der Heckplattform und hielt ein Megaphon vor seine Lippen. »Kommen Sie zurück, Inspektor. Das hat alles keinen Sinn. Sie werden keinen Erfolg erzielen!«
»Ich muss mir die Leichen genauer ansehen!« rief Suko.
»Aber sie leben nicht!«
Der Inspektor winkte ab. Zudem hatte er gesehen, dass sich ein Toter seinem Schlauchboot genähert hatte. Suko beugte sich nach Backbord über, stach das Paddel in das Wasser und konnte die Leiche bereits berühren. Ob es dieser Kontakt gewesen war oder ein anderes Ereignis, wusste Suko nicht zu sagen, denn die Leiche kippte plötzlich nach hinten weg und stellte sich dann aufrecht.
Der Auftrieb drückte sie noch höher, so dass sie plötzlich mit dem Kopf aus dem Wasser schaute.
Ein schwarzes Gesicht mit tiefen Augenhöhlen, in denen es weißlich schimmerte. Der Tote sank nicht mehr tiefer. Er blieb in seiner senkrechten Haltung, und sein Schädel tanzte wie ein Korken auf den Wellen, in deren Rhythmus er sich auch bewegte.
Als die nächste Welle anrollte, hatte Suko Glück. Sie trieb ihn und das Boot haargenau auf den Toten zu, so dass sich beide berührten. Diese Chance ließ sich Suko nicht entgehen. Er krallte seine rechte Hand in die nassen, graugrün und strähnig wirkenden Haare, aber auch jetzt erfolgte keine Reaktion.
So paradox es sich anhörte. Die Leiche blieb tot. Suko ließ sie wieder los und spülte seine Hand ab.
Vom Schiff her hatte man ihn beobachtet. »Und, Inspektor, haben Sie Erfolg gehabt?«
»Ja!«
»Kommen Sie dann zurück?«
»Sicher!«
Der Inspektor paddelte so weit, bis er die günstige Entfernung für einen Leinenwurf besaß. Er fing sie geschickt auf und ließ sich an das Heck ziehen. Über die Leiter kletterte er wieder nach oben. Zwei Soldaten holten das Schlauchboot an Bord.
Taylor grinste ihn scharf an. »Vorhin habe ich ja eine Gänsehaut bekommen, aber die ist verschwunden. Ich kann auch nicht glauben, dass Sie Erfolg mit Ihrer Mission gehabt haben.«
»Sie irren sich, Commander. Ich habe nämlich festgestellt, dass wir es bisher nicht mit Zombies zu tun haben, also nicht mit lebenden Toten. Darüber können wir froh sein.«
Taylor winkte ab. »Ich glaube nicht an diese komischen Zombies. Das sind normale Seeleute, auch wenn sie so verbrannt sind. Möglicherweise ist auf dem Schiff etwas explodiert, und es hat ein Feuer gegeben.«
»Das hätten wir feststellen können«, widersprach Suko. »Das Schiff war unbeschädigt, als es sank. Nein, Commander, dieser makabre und unheimliche Vorgang besitzt andere Hintergründe, sogar andere als wir uns vorstellen können.«
Der Offizier hob nur die Schultern. »Und was wollen Sie jetzt unternehmen. Noch immer bleiben?«
»Sicher.«
»Was hat
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