0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat
Tonbandgerät, das er auf meinen Schreibtisch gestellt hatte.
»Ich habe es so arrangiert, wie du es haben wolltest«, erklärte er. »Nur frage ich mich, was du damit anfangen willst?«
»Vielleicht kann ich den Mörder damit bluffen«, erwiderte ich. »Vielleicht. Denn wer auch immer es gewesen sein mag, Steve, ein Dummkopf ist er bestimmt nicht. Das beweist schon die Tatsache, daß er auf eine völlig unerklärliche Art und Weise vom Tatort verschwand. Das wird noch eine harte Nuß werden. Du kannst keinen Mann wegen Mordes anklagen, wenn du ihm nicht einmal beweisen kannst, wie er vom Tatort wegkam. Vielen Dank für die Aufnahme. Wo steckt Sack jetzt?«
»Wir haben ihn den Leuten vom Einbruch- und Diebstahldezernat der Stadtpolizei übergeben.«
»Gut. Weiß Lieutenant Ambers darüber Bescheid?«
»Ja, sicher. Ich habe ihn selbst angerufen.«
Ich griff nach dem Tonbandgerät. »Also, dann wollen wir mal in die zweite Runde gehen«, sagte ich und grinste dünn. »Drück mir ein bißchen die Daumen, Steve. Wenn man neben einem Mann wie Ambers arbeiten muß, ist es ein bißchen schwierig, den guten Ruf des FBI zu rechtfertigen.«
Kurz bevor ich das College erreichte, flackerte das Ruflämpchen meines Sprechfunkgerätes. Ich meldete mich.
»Fernschreiben aus der Zentrale in Washington«, erfuhr ich. »Die per Bildfunk übegxnittelten Fingerabdrücke stammen von einer Barbara Musgrave, achtundzwanzig Jahre alt —«
»Bist du sicher?« fiel ich dem Kollegen ins Wort.
»Hör mal!« hörte ich ihn schnaufen. »Ich habe eine Schule besucht, die gar nicht schlecht war, und dort hat man mir unter anderem auch Lesen beigebracht. Ich habe den Zettel vom Fernschreiber in der Hand und hier steht: achtundzwanzig Jahre alt!«
»Würdest du dich zehn Jahre jünger machen, nur um noch einmal zur Schule gehen zu können?« fragte ich nachdenklich.
»Einen Sonnenstich kannst du doch nicht haben, oder?« wollte der Kollege aus der Funkleitstelle wissen. »Hör endlich zu, damit ich dir den Rest des Fernschreibens —«
»Ich bin ganz Ohr!«
»Also:… achtundzwanzig Jahre alt, nicht vorbestraft, vier Jahre als weiblicher Detektiv, zun Schluß sogar Detective-Sergeant bei der Kriminalabteilung der Stadtpolizei von Boston. Die Musgrave wurde voriges Jahr auf eigenen Wunsch hin aus der Polizei entlassen und beantragte eine Lizenz als Privatdetektivin in den Bundesstaaten Connectieout und Massachusetts, die ihr erteilt wurde. Ein gleichlautender Antrag für den Bundesstaat New York wurde noch nicht entschieden.«
»Na, wenn das keine Überraschung ist«, murmelte ich. »Da wird Ambers aber Augen machen. Vielen Dank.«
Ich legte den Hörer aus der Hand, als gerade die Hauptzufahrt des Hunter College in Sicht kam. Auf dem Parkplatz standen vier Limousinen der Mordabteilung, und folglich war Ambers wieder mit großer Mannschaft erschienen. Ein uniformierter Fahrer trat auf mich zu, als ich den Jaguar abschloß.
»Sind Sie Cotton vom FBI?«
»Bin ich, bin ich. Warum?«
»Lieutenant Ambers hat mir aufgetragen, Ihnen zu sagen, daß er im Schulbüro auf Sie wartet, Sir.«
»Danke.«’
Ich war überzeugt davon, daß Ambers genau wie ich in der vergangenen Nacht kein Auge zugemacht hatte, und seine geröteten Lider gaben mir recht. Er wirkte an diesem Morgen nicht mehr so vital und kraftstrotzend wie in der Nacht.
»Hallo, Cotton!« murmelte er abgespannt, als ich ihn begrüßte und mich neben ihn setzte. »Ich habe bereits eine Pressekonferenz hinter mir. Junge, Junge, ich frage mich manchmal, ob unsere Reporter eigentlich Menschen sind. Die haben mich auseinandergenommen wie einen verdreckten Vergaser. Und wissen Sie, wer heute morgen schon an der Strippe hing, um mir sehr geschickt zu sagen, daß ich diesen Fall gefälligst auf-klären soll?«
»Wer denn? Der Bürgermeister?«
»Der Gouverneur. Stellen Sie sich das vor! Der Gouverneur des Bundesstaates New York greift höchsteigenhändig zum Telefon und ruft einen kleinen Lieutenant art. Mann, diese Schule ist offenbar nöch prominenter, als ich es ohnehin schon geglaubt hatte.«
»Nehmen Sie es nicht so tragisch. Politiker müssen ab und zu einmal so tun, als ob sie sich um buchstäblich alles kümmerten. Wir haben inzwischen ein Fernschreiben aus Washington erhalten. Die Musgrave ist nicht achtzehn, sondern achtundzwanzig, und sie ist keine Schülerin, sondern Privatdetektivin. Na was sagen Sie jetzt?«
»Ich drehe ihr den Hals um, wenn sie glaubt, mich an der Nase
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