Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
045 - Die Blut GmbH

045 - Die Blut GmbH

Titel: 045 - Die Blut GmbH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
Vom Netzwerk:
hatte ihn zwar merklich beschränkt, vor allen Dingen in den Denkprozessen und Assoziationen, auch im Handeln, aber dieses völlige Abwesend sein war erst nach diesem seltsamen Verschwinden aufgetreten. Weitere Gehirnzellen mußten dort abgestorben sein, vielleicht durch ungenügende Durchblutung oder durch Giftstoffe im Blut. Letzteres war wahrscheinlich.
    „Haben Sie keine Blutuntersuchung vorgenommen?“ fragte ich.
    „Die Umstände ließen es erst nicht zu, und nach zwei Wochen konnte ich nur mehr feststellen, daß das Blut eine merkwürdige Zusammensetzung hatte. Aber es war lediglich ein Vergleichstest. Für eine Analyse reichten meine Geräte nicht …“
    Er hob die Hände und sah sie liebevoll an. „Sie müssen wissen, ich schneide lieber. Ich habe schon so manche Kugel raus geholt, wo es keiner mehr glaubte.“
    „Woher wissen Sie …?“
    Er ließ mich nicht ausreden. „Oh, Sie meinen, woher ich das alles weiß über seinen Gehirnschaden und seine Unheilbarkeit, wenn ich nicht einmal die Hilfsmittel besitze, um eine Blutprobe zu analysieren?“ Er nickte. Das hatte ich tatsächlich gedacht. Er schien nicht böse darüber. „Nun, das menschliche Gehirn hat mich schon immer fasziniert. Ich verstehe ein wenig davon, auch wenn mich die Umstände veranlassen, von der Geschicklichkeit meines Skalpells zu leben. Es ist zudem transportabler als der Enzephalograph.“ Er lächelte und fuhr fort, als er bei mir auf kein wesentliches Echo stieß: „Deshalb ließen wir ihn auch von einem befreundeten Spezialisten untersuchen.“
    „Konnten Sie dort nicht den Bluttest machen?“ warf ich ein.
    „Sicher. Aber es erschien mir zu diesem Zeitpunkt nicht wichtig.“
    Nachdenklich schaute ich Alby an. Er tut mir leid, trotz allem. „Tja“, sagte ich enttäuscht, „da wird nicht viel zu machen sein. Er sieht nicht so aus, als wäre er in der Lage, uns Fragen zu beantworten, nicht wahr?“
    „Das kommt darauf an“, erwiderte der Arzt.
    Ich sah ihn überrascht an.
    „Er reagiert manchmal auf Impulse seiner Umwelt mit Erinnerungen.“
    Das war es, was Morton gemeint hatte. „Wie?“ fragte ich gespannt.
    „So genau ist das nicht ohne weiteres erklärbar. Durch bestimmte Sinneseindrücke scheint es in seinem Gehirn zu Assoziationen mit der Vergangenheit zu kommen. Er beginnt plötzlich zu reden. Aber das Eigenartige dabei ist, es fehlt irgendwie eine Dimension. Es ist mehr eine Beschreibung von starren Bildern und Szenen – ohne Ablauf einer Handlung, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich konnte es mir nicht vorstellen!
    „Worauf reagiert er?“ fragte ich. „Auf Worte, oder Bilder?“
    „Beides“, erklärte der Arzt. „Aber sehen Sie selbst. Johanna“, bat er die Frau. „Das Bild.“
    Rasch brachte sie einen Zeitungsausschnitt. Das Foto zeigte den alten Rothenberg und seine beiden Töchter. Vermutlich handelte es sich um ein älteres Bild.
    „Das stammt aus einer Zeitung von letzter Woche“, erklärte sie. „Es war bei einem Bericht über die Rothenberg-Werke. Das ist sie, nicht wahr?“ Sie deutete auf das jüngere der beiden Mädchen.
    Ich nickte. „Ja, das ist Sonja Rothenberg“, bestätigte ich.
    „Und sie kann sich nicht erinnern?“
    „Nein. An gar nichts.“
    Sie schüttelte verwundert den Kopf. „Albrecht erinnert sich an so vieles. Wenn er nur auch vernünftig erzählen könnte, was er erlebt hat!“ Sie ging zu ihm hin und redete eindringlich auf ihn ein. Dann zeigte sich ihm das Bild, als er den Kopf zu ihr drehte. Es machte nicht den Eindruck, daß er überhaupt etwas wahrnahm. Sein Gesichtsausdruck blieb leer, sein Blick ziellos.
    Plötzlich begann er zu sprechen, und ich erschrak fast über den seltsamen, spröden Klang der Stimme.
    „Blut“, sagte er. „Ihr Gesicht …! Oh, mein Gott … wie weiß es ist. Jetzt … jetzt kommen sie …!“
    Einen Augenblick lang wurden seine Augen weit, und die Angst in ihm mußte übermächtig sein, denn sein Blick klärte sich. Aber ich glaubte nicht, daß er uns wahrnahm. Jene Augenblicke waren zu lebendig in ihm.
    „Schwer wie Blei“, flüsterte er. „Sie müssen aufhören! Zuviel Blut! Kein Mensch kann …“ Er brach ab. Wieder ging etwas in seinen Augen vor. „Dieses Schreien!“ Er preßte die Hände auf die Ohren. Das wirkte um so grotesker, weil, jeder von uns den Atem anhielt, und es totenstill im Raum war. „Jetzt … jetzt ist es aus! Sie haben ihn kaltgemacht. Verdammt, sie machen uns alle

Weitere Kostenlose Bücher