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045 - Mörder der Lüfte

045 - Mörder der Lüfte

Titel: 045 - Mörder der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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scheinbar ziellos durch die Straßen der alten Grubenstadt.
    Eine Indiofrau mit ihrem Kleinkind auf dem Rücken kam an ihm vorbei, und er rief entzückt: »Que nino bonito!« Alle Mütter Mexikos schmelzen förmlich dahin, wenn man ihre Kinder reizend findet. Doch diesmal wirkte die Zauberformel nicht. Die Frau floh erschrocken vor ihm.
    Dorian ging weiter. Wenig später kam er zu einem dunklen Hausflur. Plötzlich wurde eine knochige Hand herausgestreckt und eine dünne Stimme bettelte: »Un peso, soy pobre!«
    Dorian erblickte einen etwa zehnjährigen Jungen, der seinen Blick neugierig erwiderte. Er griff in die Tasche und holte etwas Kleingeld hervor. Auf Spanisch sagte er:
    »Wenn du mich zu Pedro führst, der mit Jimenez befreundet ist, dann gehört das ganze Geld dir.«
    Dem Jungen gingen die Augen über. Mit dem Geld konnte man sich in Contrabandista zwar nichts kaufen, aber gelegentlich machten einige Männer Expeditionen in einen der kleineren Orte.
    »Muchas gracias«, sagte der Junge und reckte seine Hand fordernd aus.
    Dorian schüttelte den Kopf.
    »Zuerst führ' mich zu Pedro.«
    Der Junge konnte der Versuchung nicht widerstehen. Er nagte nervös an seinen Lippen, aber dann wischte die Aussicht, bald reich zu sein, alle seine Bedenken hinweg.
    Er gab Dorian mit einer Geste zu verstehen, ihm zu folgen, und ging voran. Dorian merkte, dass der Junge immer nahe einer Hauswand blieb, den Himmel ständig beobachtete und freie Plätze laufend überquerte. Diese Kinder wurden mit der Angst vor dem weißen Adler groß. Dorian wollte nichts anderes, als sie von dieser Geißel erlösen, aber anstatt ihm zu danken, verfluchten sie ihn. Irgendwie war das verständlich.
    »Das ist Pedro!«, rief der Junge und deutete nach vorn.
    Sie hatten die letzten Häuser der Stadt erreicht. Links stand eine Ruine. In einer der Mauern waren noch die Einschüsse der Maschinengewehrsalven aus der Revolution zu sehen. Ganz oben saß ein Junge, der dem Alter nach Pedro sein konnte. Er trug zerschlissene Blue Jeans, die ihm viel zu groß waren, und ein geflicktes Baumwollhemd. In seinem schwarzen Haar steckte eine weiße Adlerfeder.
    Dorian schüttete das versprochene Kleingeld in die kleinen Hände seines Führers. Er kam aber nicht mehr dazu, sich zu bedanken, denn der Junge rief Pedro plötzlich eine Warnung zu und gab gleichzeitig Fersengeld.
    Pedro sprang von der Mauer herunter und verschwand.
    Mit einem unterdrückten Fluch nahm Dorian die Verfolgung auf. Als er an der Ruine vorbeikam und vor sich den Jungen zwischen den Felsbrocken auftauchen sah, verflog auch sein Ärger. Er musste nur aufpassen, Pedro nicht aus den Augen zu verlieren, dann würde dieser ihn vielleicht sogar zu Jimenez führen.
    Und etwas anderes bezweckte Dorian gar nicht.

    Jimenez war plötzlich hellwach. Er schlüpfte in Hose und Hemd und verließ das unter den Felsvorsprung gemauerte Haus. Er hatte es mit Felsbrocken gut getarnt, so dass ein Außenstehender es erst sehen konnte, wenn er sich bis auf wenige Schritte genähert hatte, was bis jetzt noch nicht vorgekommen war.
    Er ging zu der kleinen Quelle hinüber – die einzige, die er im Umkreis von hundert Kilometern kannte – wusch sich und trank ausgiebig. Wasser war sein Abführmittel.
    Danach, noch vor dem Frühstück, ging er zu einer Höhle, in der ein Adler lebte.
    Er saß reglos auf der Stange, die mörderischen Fänge um das Rundholz gekrümmt. Er sah Jimenez aus seinen seelenlosen Augen an.
    Jimenez packte ihn mit zwei Fingern an dem mächtigen gekrümmten Schnabel; so begrüßte er ihn jeden Morgen. Der Adler breitete seine Zweieinhalb-Meter-Schwingen aus, ruckte mit dem Kopf, ohne sich aber ernstlich aus Jimenez' Griff befreien zu wollen.
    Noch vor drei Monaten hätte es sich Jimenez noch nicht erlauben können, ihm den Schnabel zuzuhalten. Denn zu diesem Zeitpunkt wäre er von ihm vermutlich in Stücke gerissen worden.
    Der Adler war ein gnadenloser Mörder. Aber Jimenez hatte es geschafft, seine Instinkte in die von ihm gewünschten Bahnen zu lenken.
    Ein Zufall war ihm dabei behilflich gewesen. Er hatte auf seinen Streifzügen durch die Canyons einige Federn des weißen Adlers gefunden, die dieser bei einem Kampf mit einem Menschen verloren hatte. Jimenez hatte sie an sich genommen und behütet wie einen kostbaren Schatz.
    Jedes Mal, wenn er den Adler fütterte, steckte er eine der weißen Federn in den Brocken Fleisch. Danach war er einen Schritt weitergegangen. Er band um den Hals

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