0450 - Die Gierigen von Brooklyn
schicken Sie ihn weiter.«
Wir brausten bereits wieder nach Brooklyn. Ziemlich weite Strecke. Der »Weiße Walfisch« ist ein Lokal, in dem es genügt, das Wort »Polizei« nur in den Mund zu nehmen, um von den Stammgästen an die frische Luft gesetzt zu werden. Vorsichtshalber ließ ich den Jaguar hundert Yard vor dem Lokal stehen, um seinen Lack zu schonen.
Als wir das Lokal betraten, wären wir am liebsten wieder umgekehrt. Aber Dienst ist Dienst. Wir kämpften uns durch Qualm und Mief bis zur Theke durch. Bei einer Blondine, die ihren Frühling schon hinter sich hatte, bestellten wir ein Bier. Das wird nämlich in Flaschen ausgeschenkt, die die Bardame erst öffnen muß. Damit ist die Qualität einigermaßen kontrollierbar. Das Girl strich gerade zärtlich einen Fünfziger glatt und deponierte ihn in ihrem Ausschnitt. Der Kerl, der ihn ihr zugeschoben hatte, war von einer gröhlenden Horde umlagert. Alle tranken sie Whisky, und ausnahmslos ließen sie den Kerl mit dem Fünfziger hochleben.
Tab Edsel glänzte als Star. Er hatte heute eine Menge Freunde. Sie versicherten ihm immer wieder ihre ungetrübte Hochachtung und machten ihm klar, daß er in jeder Lage auf sie zählen könne. Für die gerade ausgegebenen Lagen stimmte das zweifellos.
Wir tranken schweigend unser Bier und spitzten die Ohren nach hinten.
»Jungs«, sagte Tab Edsel gerade, »ich habe mir heute einen Wagen zugelegt.« Die Runde verstummte in ehrfürchtigem Staunen. Nur ein junger Bursche mit wachen Augen wagte die Frage nach dem Modell.
»Ein Rambler«, gab Tab Auskunft. »Er hat natürlich schon einige Jahre auf dem Buckel, aber die Karre ist noch gut in Schuß! Ich habe sie spottbillig bekommen… Dreihundert habe ich dafür bezahlt!«
»Dann kann sie nicht viel taugen«, meldete der Junge sich wieder. »Das muß eine lahme Schildkröte sein! Ehe du dich da- hineinsetzt, mußt du mindestens vier Mann beisammen haben!«
»Wieso?« Edsel drehte sich beleidigt um.
»Na ja!« Der Junge grinste. »Drei Mann müssen schieben. Du selber darfst dich ans Steuer setzen!«
»Hör nicht auf den Grünschnabel, Tab«, meldeten sich ein paar Stimmen, die Edsel bei guter Laune halten wollten. Sie fürchteten, er könnte seine Spendierhosen ausziehen. Tab dehnte sich geschmeichelt und nahm erneut einen Schluck. Abwehrend winkte er mit der Hand.
»Laßt ihn leben, Leute! Leben und leben lassen. Das habe ich immer gesagt, das ist mein Wahlspruch. Oder auch nicht leben lassen! Man darf nicht so kleinlich sein, wenn man ein paar Kröten verdienen will…«
Ein paar Randfiguren musterten uns neugierig. »Ruhe, Tab!« zischten zwei oder drei von ihnen.
»Wer will mir hier das Maul verbieten? Ich verdiene meine Bucks so, wie es mir paßt!«
Tab Edsel drehte sich links herum, und so brauchte er ein bißchen länger, bis er die ganze Runde in Augenschein genommen hatte. Auch wir hatten uns links herumgedreht, aber da wir rechts von der feuchtfröhlichen Runde saßen, hatten wir den kürzeren Weg. Wir starrten ihm bereits in die Augen, als sein Blick uns erfaßte.
»Verdammt!« stöhnte er. »Cotton und Decker vom FBI!«
Wenn jemand in einem Pulvermagazin »Feuer« schreit, kann die Wirkung nicht durchschlagender sein. Die Kerle stoben auseinander, als hätte eine Explosion sie zerstreut. Tab Edsel kippte einfach nach hinten, und obwohl er voll sein mußte wie ein Schwamm, schoß er wie ein Wiesel dem Ausgang zu.
Leider hatten die anderen die gleiche Absicht, und so mußten wir uns erst durch eine Flut von menschlichen Leibern boxen, ehe wir auf der Straße nach dem geflohenen Edsel Ausschau halten konnten.
Die Geschichte mit dem Rambler war tatsächlich wahr. Fünfzig Yard weiter schoß er aus einer Parklücke.
Phil und ich spurteten die hundert Yard zum Jaguar in Rekordzeit. Ich warf mich hinein und drückte auf die Tube. Ich hoffte darauf, daß die Karre noch lahmer war, als Tab zugegeben hatte.
»Keine Angst«, brüllte Phil, »gegen deinen Schlitten kommt der Rambler nicht an. Aber den Anschluß müssen wir halten!«
Ich war auf fünfzig Yard herangekommen, als der Rambler in die Peter Cooper Road einbog. Als der Rambler dann den linken Blinker strahlen ließ, machte ich mich auf eine Linkskurve gefaßt und hatte recht mit meiner Vermutung.
Ich kannte diesen kleinen Gauner ziemlich gut. Ich baute darauf, daß er bei einem größeren Gauner Schutz suchen würde. Vielleicht sogar bei dem Mann, der ihm die tausend Dollar in die Hand gedrückt
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