0450 - Sukos Totenfeier
Wahrscheinlich hatten sie die gewaltigen Trommeln transportiert.
Der Inspektor wollte nicht unbedingt gesehen werden, aber auch er musste sich orientieren, deshalb ging er das Risiko ein und holte seine kleine Lampe hervor.
In ihrem Schein sah er sich um.
Der Strahl huschte über den Schmutz des Hofes und weiter über eine lange Rampe, die sich an der Rückseite des Theaters entlangzog. An der Stelle wurden die Kulissen abgeladen, da schaffte man Material hinein.
Entsprechend groß war auch das Tor innerhalb der Rückseitenfront. Mit einem Sprung erreichte Suko die Rampe, schaute sich das Tor an und winkte ab.
Es war verschlossen.
Aber Suko gab so schnell nicht auf. Schlösser hatte er schon des öfteren geknackt, auch hier wollte er es versuchen. Das war zwar nicht ganz astrein, darum kümmerte sich Suko nicht, weil sich seiner Ansicht nach Shao in höchster Gefahr befand.
Der Inspektor trug den Spezial-Schlüssel stets bei sich. Ein besonderer Dieterich, den nicht jeder bekam. Mit zielsicherem Griff fand Suko die Toröffnung, drehte, probierte, schob, und die Kunststoffmasse passte sich den Innenmaßen des Schlosses an.
Die Tür war plötzlich offen.
Über das Gesicht des Chinesen huschte ein knappes Lächeln. Er hoffte, dass sich die Tür geräuschlos öffnen ließ, diesen Gefallen tat sie ihm leider nicht.
Sie knarrte in den Angeln, so dass es dem Inspektor kalt den Rücken hinabrieselte.
Beide Flügel bestanden aus Metall. Viel Kraft musste Suko aufbringen, um wenigstens den rechten Flügel aufzustoßen. Langsam schwang er nach innen.
Suko hatte damit gerechnet, in einen Lichtschein zu treten, doch die Umgebung, die nun vor ihm lag, war stockfinster. Nicht einmal Fenster waren vorhanden. Dafür roch es nach Staub, alter Pappe, nach Holz und auch nach Farbe.
Diese Geruchsmischung war typisch für eine Werkstatt, so dass Suko damit rechnete, sich in einer solchen zu befinden. Eine Bühnenschreinerei, gepaart mit dem Kulissenlager.
Rechts neben der Tür und direkt an der Wand blieb Suko stehen. Er lauschte zunächst einmal in die Finsternis hinein, doch er hörte nichts, so dass Suko davon ausging, sich allein in diesem Kulissenlager zu befinden.
Um sich einen Überblick zu verschaffen, brauchte er Licht und schaltete seine Lampe wieder ein.
Sein Arm wanderte nach links, und Suko sah vor sich eine der gewaltigen Trommeln, die auf einem Gestell gekippt lag. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Ersatztrommel.
Der Chinese näherte sich dem Riesending. An der Seite sah er von oben nach unten die japanischen Schriftzeichen entlanglaufen, konnte sie aber nicht entziffern.
Suko umrundete die Trommel. Er sah auch die beiden Trommelstöcke, die an der gegenüberliegenden Seite in dafür vorgesehenen Halterungen steckten.
Einen Trommelstock holte er hervor und nahm ihn in die Hand. Er wunderte sich über das Gewicht, sah aber gleichzeitig ein, dass für eine solche Trommel auch ein entsprechendes Schlaginstrument benötigt wurde. Er hätte gern gegen die Bespannung geschlagen, unterdrückte den Wunsch aus Sicherheitsgründen jedoch.
Suko legte den Stock wieder weg und schaute sich in dem Lager um.
Bemalte Wände, zum Teil verstaubt, lehnten an dem Mauerwerk aus Ziegelgestein. Diese Kulissen brauchten die Japaner bestimmt nicht, und Suko suchte den Zugang zur Bühne.
Er fand nur eine schmale Tür und fragte sich, wie durch eine so enge Öffnung Kulissen auf die Bühne geschafft werden konnten, bis ihm einfiel, dass die Wand vor ihm beweglich war und in die Höhe gezogen werden konnte.
Suko verließ sich auf die Tür und freute sich darüber, dass sie nicht verschlossen war.
Vorsichtig schob er sie auf.
Licht und Schatten sah er. Vor ihm lag ein weites Halbrund, auf dem drei Trommeln standen. Der Chinese befand sich bereits auf dem direkten Weg zur Bühne. Im Scheinwerferlicht sah er die sieben Männer, die sich um die drei gewaltigen Trommeln herum aufgestellt hatten.
Gegen eine Trommel wurde in diesem Augenblick geschlagen. Selbst Suko, der dies gesehen hatte, erschrak über den dumpfen, hallenden, donnerähnlichen Klang.
Der Trommler drehte sich ab und ging auf einen Mann zu, der ganz in Schwarz gekleidet war.
Wahrscheinlich war es Ondekoza, der Chef, wie Suko in der Zeitung gelesen hatte.
Ihm würde er die Fragen stellen.
Dass die Vorstellung in wenigen Minuten beginnen würde, störte ihn nicht. Suko ging mit forschen Schritten quer über die Bühne und passierte dabei auch die dritte
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