0450 - Sukos Totenfeier
verdammt!«
»Glaubst du tatsächlich, dass wir so dumm sind, kleine Shao? Glaubst du das wirklich?«
Sie schwieg, denn sie konnte sich vorstellen, dass Ondekoza einen wasserdichten Plan gefasst hatte. Shao sollte sterben, regelrecht vergehen, auf eine fürchterliche Art und Weise ums Leben kommen, und ihre Freunde wussten nicht, wo wie suchen sollten.
Die plötzliche Einsamkeit empfand die Chinesin als viel schlimmer. Sie war es auch, die ihren Widerstand lähmte, und so ließ sie sich von Ondekoza mitschleifen und dorthin schaffen, wo sich die große Fläche der Bühne ausbreitete.
Der Vorhang war noch geschlossen, aber Shao sah bereits die gewaltigen Trommeln, die bereitstanden.
Und sie erkannte die sechs Trommler. Die Männer und gleichzeitig Diener Susanoos hatten auf sie gewartet. Aus ihren dunklen Augen starrten sie Shao entgegen. Kalt, finster und grausam waren die Blicke. Zudem lag in ihnen ein tödliches Versprechen.
Aus dem Zuschauerraum hinter dem Vorhang vernahm Shao die Geräusche der eintretenden Zuschauer. Sie vernahm sie nur gedämpft, aber sie konnte nicht einmal schreien, der Griff um ihren Hals war zu hart.
»Öffnet sie!« befahl Ondekoza.
Shao wusste zunächst nicht, was damit gemeint war. Ihre Augen weiteten sich Sekunden später in wilder Panik, als zwei Männer damit begannen, die Bespannung der mittleren Trommel zu lösen, so dass Shao in sie hineinschauen konnte wie in ein leeres Fass.
War das ihr Gefängnis, ihr Sarg, in dem sie das Leben abschließen würde?
Shao wollte noch den Kopf drehen, dazu ließ es Ondekoza nicht kommen. Er fasste sie hart an und schleuderte sie zwei seiner Helfer entgegen, die Shao auffingen.
»Hinein!«
Im nächsten Moment verlor Shao den Boden unter den Füßen, als man sie hochstemmte. Zwar hätte sie jetzt um Hilfe schreien können, aber es ging einfach zu schnell.
Man steckte sie in die Trommel.
Shao besaß so viel Schwung, dass sie bis an die untere Seite rutschte und mit den Füßen gegen die starke, runde, hölzerne Abdeckplatte stieß.
Mit angezogenen Beinen blieb sie liegen, hielt die Augen weit offen und schaute zu, wie die beiden Männer die Bespannung wieder auflegten.
Shao streckte den Arm aus. Sie robbte gleichzeitig vor, aus ihrem Mund drang ein verzweifeltes Stöhnen, das aber nutzte ihr nichts. Ihr Gefängnis blieb geschlossen.
Shao schloss die Augen. Dunkelheit hüllte sie ein. Nur vor ihr, wo sich die Bespannung befand, zeichnete sich ein heller Kreis ab. Gegen ihn würden bald die Trommelstöcke hämmern und mit der Folter beginnen.
Die Trommel war auch von der Höhe so gebaut, dass sich Shao hinsetzen konnte. Sie lehnte mit dem Rücken gegen die Rundung, tastete ihre Umgebung ab, spürte das Holz, aus dem das Instrument gebaut worden war, aber sie entdeckte keine Stelle, die lose oder locker war, so dass sie dort hätte einen Ausbruch versuchen können.
Glatt und kalt war das Holz. Zudem ein Schwingungsleiter, und Shao stand sogar auf.
Sie hatte Mühe, auf dem muldenartigen Boden das Gleichgewicht zu halten, fiel nach vorn und begann, mit beiden Fäusten gegen die Innenwand zu schlagen.
Dumpfe Laute entstanden, aber kein eigentliches Trommeln. »Ich will hier raus!« Sie schrie es mit lauter Stimme, und das musste einfach außerhalb ihres Gefängnisses zu hören gewesen sein.
Niemand rührte sich dort, aber vor der Bespannung erschien ein Schatten. Shao nahm ihn kaum wahr, sie sah auch nicht, dass etwas heranhuschte, aber sie bekam die Wirkung drastisch mit.
Der Trommler hatte gegen die Bespannung geschlagen. Ein Schlag nur, geführt mit voller Kraft, und Shao merkte, was für eine schreckliche Folter sie erwartete.
Es kam ihr vor, als würde die Trommel explodieren, und nicht nur sie, denn auch Shao hatte das Gefühl, als wäre jedes Teil ihres Körpers zerrissen worden.
Der Schall dröhnte durch das Holz. Er zitterte, er vibrierte und peinigte sie.
Die Chinesin fiel auf die Knie, rollte sich herum, nahm eine hockende Haltung an, senkte den Kopf und presste ihre Arme gegen das Gesicht, wobei sie sich noch die Ohren zuhielt, weil sie die folgenden Schläge nicht mehr hören wollte.
Aber sie würden kommen.
Schlimmer und brutaler als der erste Treffer.
Die Angst der Frau wuchs…
***
Suko hatte es sich wesentlich leichter vorgestellt, den Hintereingang der Bühne zu finden. Er war auf einen Platz geraten, wo ihm niemand Auskunft geben konnte. Zwei große Möbelwagen standen dort nebeneinander geparkt.
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