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0452 - Die finstere Seele

0452 - Die finstere Seele

Titel: 0452 - Die finstere Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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etwas Zeit, sich mit der Situation abzufinden. Und er mußte einen klaren Kopf haben, um herauszufinden, was hier geschehen war. Die Todesgefahr, die er durch den Gedankenschrei in der Hotelbar gefühlt hatte, gab es momentan für die Indianerin nicht.
    Aber für ihn!
    Er stolperte beim Rückwärtsschritt, ruderte wild mit den Armen, um sein Gleichgewicht zurückzuerhalten, und konnte sich nicht richtig auf den Sprung konzentrieren. Im nächsten Moment schlug er mit dem Hinterkopf gegen die Wand.
    Um ihn herum wurde es dunkel.
    Daß er im Korridor zu Boden rutschte, merkte er schon nicht mehr…
    ***
    Eysenbeiß war dermaßen erschrocken, sich im Körper einer Frau zu befinden, daß er fast zu spät auf den »Gegenangriff« reagierte. Als er merkte, was vorging, hatte der Geist der Indianerin bereits eine Art Brückenkopf zurückerobert und kämpfte ge gen das Eysenbeiß-Bewußtsein an, um es aus ihrem Körper hinaus zu jagen.
    Eysenbeiß kapselte sich ein. Er baute geistige Barrieren auf, verstärkte sie und drängte das Bewußtsein seines Wirtskörpers wieder zurück. Er wollte sich nicht hinauswerfen lassen. Er wollte festhalten, was er einmal erobert hatte - wenigstens vorerst. Er mußte versuchen, sich an diesen Körper zu gewöhnen. Denn in Leonardos totem Fleisch würde er auf Dauer nicht froh werden. Das war nur eine Übergangslösung gewesen.
    Er stieß das Bewußtsein der Frau zurück, diesmal endgültig, wie er glaubte. Er griff tiefer nach. Er spielte seine volle geistige Stärke und Überlegung aus. Vorhin war er zu leichtsinnig gewesen, hatte nur zugeschlagen, erobert und nicht weiter darauf geachtet, was mit dem Bewußtsein der Frau wurde. Er hatte geglaubt, sie ausgelöscht zu haben. Aber das war ein Fehler gewesen.
    Diesmal sorgte er dafür, daß es keinen weiteren Überraschungsangriff geben konnte.
    Dann betrachtete er sich in dem großen Spiegel genauer. Die junge Frau war hübsch. Ihr schwarzes Haar fiel lang bis auf die Schultern. Sie trug ein luftiges buntes Kleid, das ihre schlanke Gestalt umschmeichelte. Eysenbeiß stellte fest, daß dieser Anblick ihm gefiel. Aber er ahnte, daß es Schwierigkeiten geben würde. Er war ein Mann. Der Körper einer Frau besaß Eigenheiten, an die er nicht gewohnt war, die ihn verwirren würden. Wahrscheinlich würde er diesen Körper wieder aufgeben, sobald er einen geeigneten männlichen aufspürte. Bedauerlich, daß die Indianerin dann sterben würde, denn es würde dann kein Bewußtsein mehr in ihr geben, das die Körperfunktionen aufrechterhalten konnte.
    Im nächsten Moment stellte Eysenbeiß fest, daß er nicht mehr allein war. Im Spiegel sah er hinter der Schlafzimmertür auf dem Gang einen Mann stehen. Er fuhr herum - und erkannte den Silbermond-Druiden Gryf ap Llandrysgryf!
    Diese Überraschung war fast noch gefährlicher als die Entdeckung, sich in einem Frauenkörper zu befinden. Hätte er das Originalbewußtsein nicht so nachhaltig ausgeschaltet, hätte es jetzt eine noch bessere Chance gehabt, die Kontrolle zurückzugewinnen.
    »Du?« stieß Eysenbeiß hervor. »Was, bei Satans Gehörn, machst ausgerechnet du hier?«
    Der Druide schien von dieser Begrüßung noch überraschter zu sein als Eysenbeiß von dessen Auftauchen. Eysenbeiß ließ den Wirtskörper zum Angriff übergehen. Doch der verhaßte Druide taumelte rückwärts, schien irgendwie gehandicapt zu sein. Er stolperte, schlug mit dem Kopf gegen die gegenüberliegende Korridorwand und verlor die Besinnung.
    »Na prächtig«, murmelte Eysenbeiß erleichtert. »Das vereinfacht die Sache ja wesentlich…«
    Er lauschte dem Klang der Stimme nach. Er war ungewohnt. Es war weder seine ursprüngliche eigene Stimme, noch die des Montagne. Es war eine Frauenstimme - oder besser eine Mischung aus Frauen- und Männerstimme. Seltsam tief und rauh, und dennoch mit einem weiblichen Unterklang. Eysenbeiß konnte es nicht näher definieren. Er konnte nur staunen. Offenbar versuchte sein Bewußtsein, die Stimmritzen der Indianerin so zu formen, daß die Stimme wie seine eigene klang - und stieß dabei auf natürliche Hindernisse. Was dabei herauskam, war ein Kompromiß.
    Eysenbeiß erkannte auch seinen Leichtsinn. Er hatte den Druiden angreifen wollen, obgleich der körperlich wesentlich kräftiger war als die Indianerin. Sie besaß vielleicht Kenntnisse der waffenlosen Selbstverteidigung, aber die nützten Eysenbeiß nichts, weil er auf das Wissen und Können der Indianerin nicht zurückgreifen konnte. Der

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