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0455 - Der Zeit-Zauberer

0455 - Der Zeit-Zauberer

Titel: 0455 - Der Zeit-Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Außerdem: würden Sie wirklich verstehen, worauf diese Technik basiert, könnte es geschehen, daß nach Ihrer Rückkehr in Ihre eigene Zeit Sie diese Technik anwenden würden. Das wäre viel zu früh. Möglicherweise würde die Weltgeschichte sich verändern. Aber für uns ist diese Weltgeschichte schon vergangen, fest und unabänderlich. Gäbe es trotzdem eine Veränderung, könnte das diese Welt zerstören.«
    Don Cristofero nickte. »Ich versuche das zu verstehen, Don Zamorra. Vermutlich habt Ihr recht. Ich werde darüber nachdenken.«
    »Aus welchem Jahr kommen Sie eigentlich?« erkundigte Zamorra sich.
    Don Cristofero ließ sich umständlich in einem der hochlehnigen Ledersessel nieder. Zamorra hatte eigentlich erwartet, daß er den Gürtel, an dem die Scheide mit dem Degen hing, ablegen würde, aber offenbar wollte der Don die Waffe nicht außer seiner Reichweite wissen. So ganz schien er dieser Zeit nicht zu trauen, in die es ihn verschlagen hatte.
    »Geboren wurde ich im Jahre des Herrn 1625«, sagte er. »Mittlerweile bin ich im 48. Lebensjahr.«
    »Ihre Zeit ist also das Jahr 1673«, rechnete Zamorra nach. »48 Jahre… damit sind Sie älter als ich, Don. Nicht sehr viel, aber immerhin.«
    »Nun, wenn Ihr mehr als dreihundert Jahre als nicht viel erachtet… Es ist schwer, in solchen Zahlen zu rechnen. Und es hat sich viel verändert. Ihr scheint recht arm geworden zu sein, daß Ihr Euch keine passende Dienerschaft halten könnt außer jenem dreisten Lakaien, der es an Respekt mangeln ließ.«
    »Versuchen Sie sich in seine Lage zu versetzen. Er kennt Sie nicht. Für ihn waren Sie ein Eindringling, vielleicht ein Einbrecher. Woher sollte er wissen, wen er vor sich hatte? Zudem würde er Sie niemals als den Schloßherrn akzeptieren. Dieser Mann ist nur mir treu ergeben, und er ersetzt mir eine ganze Hundertschaft von Dienern, die nur unwillig arbeiten. Ich möchte ihn niemals missen, ich vertraue ihm wie einem Freund, denn er ist immer zur Stelle, wenn ich ihn brauche.«
    »Wenn Ihr damit andeuten wollt, ich sollte mich bei ihm entschuldigen - niemals!« fuhr Don Cristofero auf. »Ihr solltet achtsam sein im Umgang mit der Dienerschaft. Schon so mancher ist gerade vom Gesinde verraten und bestohlen worden, sobald er zuviel vertraute.«
    Zamorra zuckte mit den Schultern. »Lassen Sie das meine Sorge sein, Don. Ich schlage vor, daß Sie mir ein wenig über sich erzählen, anschließend gebe ich Ihnen einen kurzen Abriß der Geschichte, die sich seit Ihrer Zeit hier abgespielt hat. Das dürfte vernünftiger sein als umgekehrt, weil es chronologisch ist.«
    »Für einen verarmten Landadligen aus einer so unromantischen und so befremdlich anmutenden Zukunft habt Ihr recht viel Verstand«, gab Don Cristofero zu. »Wohlan, so lauschet.«
    Er konzentrierte sich, überlegte und begann dann mit scharfem Verstand zu erzählen. Er gehörte tatsächlich zur spanischen Linie der Zamorra-Familie, von der sich auch der Name schlußendlich ableitete. Château Montagne gehörte zu seiner Zeit mit zu seinen Besitztümern; der Sonnenkönig pflegte recht enge Beziehungen zu Spanien, und so war es absolut kein Wunder, daß ein Spanier Grundbesitz an der Loire besaß. Don Cristofero pendelte in mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabschnitten zwischen denn Château, Paris und Versailles hin und her und war bei Hofe ein gern gesehener Gast. Über seinen ständigen Begleiter, den schwarzen Zwerg, amüsierte man sich köstlich, tolerierte ihn aber nur, weil er unter Don Cristoferos Schutz stand wie ein verhätscheltes Haustier. Ebenso hätte man Hund oder Katze toleriert.
    Für die politische Szene interessierte sich Don Cristofero herzlich wenig. Ihn fesselte Technik und Wissenschaft, ihn interessierten abenteuerliche Geschichten von Reisenden rund um den Erdkreis. Und - Zauberei, Magie, fesselte ihn fast mehr als alles andere.
    Obgleich er zu den stets gern gesehenen Gästen am Königshof gehörte, war er trotz aller Ermahnungen seitens anderer Adliger und gar des Königs selbst immer noch unverheiratet. Das lag durchaus nicht daran, daß er etwas gegen Frauen gehabt hätte, sondern hing teilweise mit dem Gnom zusammen. Niemand sollte herausfinden, daß dieser schwarze kleine Bursche wirklich zaubern konnte. Und in einer ehelichen Gemeinschaft ließe sich das kaum geheimhalten, erläuterte Don Cristofero - unter seiner Dienerschaft wußten nur sehr wenige Vertraute von den Künsten des Gnoms, und sie waren alle männlich,

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