0456 - Der Geisterseher
Dieser Julian Peters ließ nicht locker. Warum begriffen all diese Leute nie, daß Ombre nichts anderes wollte, als in Ruhe gelassen zu werden? Wütend holte er aus und schleuderte das Amulett in Richtung Hofmitte. Es flog nur so weit, wie seine Kette lang war - die verhakte sich am Knopf von Ombres Hemdsärmel!
»Mistding!« zischte er wütend. Nicht einmal durch Wegwerfen wurde er es los. Daß es sich verhakt hatte, war kein Zufall mehr.
»Als wenn ich nicht schon genug Probleme hätte, jetzt muß dieser Oberteufel auch schon wieder meinen Weg kreuzen«, murmelte er verdrossen, erhob sich und kehrte ins Haus zurück. Er dachte an Angelique. Er mußte sie finden und befreien, aber er wußte nicht einmal ansatzweise, wo er mit seiner Suche beginnen sollte.
Tränen ohnmächtiger Wut und Verzweiflung rannen langsam über sein Gesicht.
***
Professor Zamorra und Nicole untersuchten später gemeinsam die Stabilität und Unversehrtheit der magischen Schutzkuppel. Keines der Zeichen an der Umfassungsmauer war entfernt worden, oder, wie es auch schon mal vorkam, vom Regen verwischt - derzeit wäre letzteres allerdings kaum möglich gewesen. Der letzte richtige Regenfall lag Wochen zurück. So lausig kalt der Winter gewesen war, der sich bis weit ins Frühjahr hineingezogen hatte, so heiß und anhaltend trocken zeigte sich jetzt der Sommer, der allmählich unerträglich wurde. Bäche trockneten aus, Wälder gerieten in Brand. Selbst der Pegel der Loire war ein wenig gesunken.
»Es kann also niemand von außen eingedrungen sein, und es kann auch kein Poltergeist sein«, faßte Zamorra das Ergebnis ihrer Überprüfung zusammen. »Bleibt also doch wieder unser verwachsener schwarzhäutiger Freund.«
Tor und Zugbrücke sahen mittlerweile, wie Zamorra nebenher festgestellt hatte, wieder normal aus. Das änderte aber nichts daran, daß das Phänomen stattgefunden hatte, und daß vor allem die Verwüstungen im Schlafzimmer recht real waren. Der Spuk, der sich hier zeigte, war durchaus handfest und nicht ungefährlich. Um so befremdlicher war also, daß es ihn überhaupt gab.
Andererseits sprach auch das Amulett nicht auf ihn an!
Wieder ins Château zurückgekehrt, stellten sie fest, daß die Zentralheizung angesprungen war und auf Vollast lief; die Temperatur war nun auch innerhalb der massiven Steinmauern schier unerträglich. Raffael hatte seine dienerhafte vornehme Zurückhaltung abgelegt und schimpfte auf die Technik, die sich nicht abschalten lassen wollte. Zamorra versuchte mit dem Amulett eine Änderung herbeizuführen, doch auch die Magie von ›Merlins Stern‹ war nicht in der Lage, die Heizung wieder abzuschalten. Der Gnom, auf den abermals der Verdacht fiel, hatte sich nach einigen gewonnenen Schachpartien zum Mittagsschlaf zurückgezogen, lag in seinem Zimmer zusammengerollt wie eine junge Katze auf dem Bett und schnarchte, was das Zeug hielt.
»Unglaublich«, behauptete Zamorra.
»Unmöglich!« ergänzte Nicole. »Auch in der Magie gilt der Satz: Von nichts kommt nichts! Es muß doch festzustellen sein, von wo die Manipulationen ausgehen!«
Don Cristofero zeigte sich höchst interessiert an der ganzen Sache. Magie hatte ihn schon immer fasziniert - unter anderem auch deshalb hatte er den zauberkundigen Gnom an seine Seite geholt. Aber auch der Don fand keine Erklärung für die eigenartigen Vorfälle.
Schließlich zog er sich zurück mit der Bemerkung, daß er noch etwas anders vorhabe, als rätselratend durch das Château zu streifen. Zamorra begann gemeinsam mit Nicole an der Konstruktion einer magischen Falle. Es war ein recht aufwendiges Projekt, da die Falle abgeschirmt werden mußte, um sich durch ihre Aura nicht selbst zu verraten und damit den Urheber des Spuks zu warnen. Zamorra hoffte, daß sich die Kraftfelder, die zur Erzeugung der seltsamen Erscheinungen aufgewandt wurden, in dieser Falle verfingen und damit ihren Urheber verrieten.
Über diesen Fallenaufbau vergingen mehrere Stunden. Mittlerweile hatte die Heizung sich wieder abgeschaltet, aber die Hitze war geblieben und zog so schnell auch nicht wieder ab - es half auch nichts, überall die Fenster weit aufzureißen, denn draußen war es ebenfalls warm.
»Ich werde den Gnom informieren müssen«, sagte Zamorra. »Er soll in der nächsten Zeit unter keinen Umständen zaubern, ganz gleich, worum es dabei geht. Sonst verfängt nämlich er sich in der Falle anstelle unseres geheimnisvollen Unbekannten.«
»Und wenn er sich trotzdem darin
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