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0456 - Gedungen und zum Mord bestellt

0456 - Gedungen und zum Mord bestellt

Titel: 0456 - Gedungen und zum Mord bestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
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zwischen Mietshaus und Hotel. Der Kasten besaß eine geräumige Vorhalle, die wegen des üppigen Pflanzenwuchses an den tropischen Urwald erinnerte, und eine Reception in mittelalterlichem Stil. Hinter der reich verzierten Theke hockte eine ältere Dame auf einem Drehschemel. Sie ähnelte der Hauptdarstellerin aus dem Film »Arsen und Spitzenhäubchen«, der vor wenigen Wochen bei uns in den Staaten angelaufen war. Die Frau trug das graue Haar gescheitelt und hinten zu einem Knoten gebunden. Die randlose Brille rutschte auf die Nase, als sie den Kopf hob und uns ansah. Vor ihr lag ein umfangreicher Roman, dessen- Seiten bereits vergilbt waren.
    Ich schob meinen FBI-Stern auf die Holztheke und sagte:
    »Wir möchten Miß Shirley Mason sprechen.«
    »Ich werde die Lady herunter bitten«, erwiderte die Dame mit spitzer Stimme.
    »Bemühen Sie sich nicht. Wir gehen hinauf«, entgegnete ich. »Wo wohnt sie denn?«
    »Dritter Stock, Apartment 317«, sagte sie.
    »Sie täten uns einen Gefallen, wenn Sie in den nächsten zwei Minuten nicht telefonieren würden«, sagte ich, »können wir uns darauf verlassen?«
    »Aber selbstverständlich«, murrte sie, »ich werde Miß Mason auf Ihren ausdrücklichen Wunsch hin nicht von dem bevorstehenden Besuch verständigen. So haben Sie es doch wohl gemeint?«
    »Ja, nur sollte es mehr nach einem Wunsch als nach einem Befehl klingen«, erwiderte ich.
    Das Haus besaß keinen Lift. Dafür waren die Treppen noch so breit wie in alten Jagdschlössern.
    Der Flur im dritten Stock war mit einem harten und dauerhaften Teppich ausgelegt. Der Hotelier schien Sinn für das Gediegene zu besitzen, wenn man vom äußeren Anblick des »San Carlos« absah.
    Apartment 317 lag am Ende des Ganges. Phil klopfte. Ich horchte auf irgendwelche Geräusche hinter der Tür, hörte aber nichts. Deshalb war ich überrascht, als sich der Schlüssel drehte und die Tür nach innen aufschwang. Vor uns stand ein wasserstoffblondes Girl zwischen dreißig und vierzig im himmelblauen Morgenmantel. Ihre Augen waren mausgrau und musterten uns eiskalt. Offenbar war sie so schnell zur Tür geeilt, weil sie jemanden anders erwartet hatte. Die Diele war mit einem Langflorteppich ausgelegt, der jeden Schritt schluckt. Deshalb hatte ich ihr Getrippel also nicht gehört.
    Ich griff in meine Jackentasche und zeigte den FBI-Ausweis.
    »Entschuldigen Sie die Störung, Miß Mason«, sagte ich, »wir sind FBI-Agenten. Ich heiße Cotton, und das ist Phil Decker. Wir haben einige Fragen an Sie zu stellen.«
    Das Gesicht der Lady lag unter einer Schicht von Puder und Schminke. Und trotzdem waren die Krähenfüße in den Augenwinkeln selbst bei der barmherzigen Dielenbeleuchtung zu sehen.
    »Kommen Sie bitte herein«, sagte sie und wich zurück. Wir betraten die Diele und schlossen die Tür.
    »Ich weiß zwar nicht, wie ich zu der Ehre Ihres Besuches komme«, sagte sie unsicher, »aber Sie werden es mir sicher erklären.«
    Sie ging voran und stieß die Tür zu einem Zimmer auf, das als Salon möbliert war. Auf der breiten Fensterbank entdeckte ich den gleichen tropischen Pflanzen wuchs wie in der Empfangshalle.
    »Es handelt sich um den Fall Carol Landini«, schoß ich meine erste Harpune ab. Shirley Masons Stirn legte sich in Falten. Dann schien ihr einzufallen, daß das ihrem Aussehen schadete. Sie strich mit den Fingerspitzen von der Nasenwurzel über die Stirn bis zu den Schläfen. Diese Übung wiederholte sie einige Male, bis sie fragte:
    »Wie kommen Sie auf Carol Landini?«
    »Haben Sie gestern nachmittag oder heute morgen noch keine Zeitung gelesen?« antwortete Phil mit einer Gegenfrage.
    »Nein, ich lese nie Zeitung, höre kein Radio und knipse diesen Kasten da in der Ecke nie an.« Dabei wies sie auf einen Apparat, der vor zehn Jahren modern gewesen war.
    »Dann wissen Sie also noch nicht, daß Carol Landini aus dem Gefängnis entlassen worden ist?« sagte ich. Diesmal zeigte sich schon eine Wirkung. Shirleys Augen verengten sich zu winzigen Schlitzen, als sie mich ansah.
    »Aber sie sollte doch erst im nächsten Jahr…«, murmelte sie.
    »Ja, sie wurde vorzeitig entlassen, wegen guter Führung«, antwortete ich.
    »Ich habe lange Zeit mit Carol zusammengearbeitet«, sagte sie leise, »aber bitte, nehmen Sie doch Platz.« Sie wies mit ihren frisch lackierten Fingernägeln auf zwei schäbige Polstersessel. Wir hockten uns vorsichtig auf die vordere Kante, ohne Shirley Mason aus den Augen zu lassen. Ich zog die Zellophanhülle

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