0456 - Gedungen und zum Mord bestellt
überflüssig. Er wurde heute morgen bereits festgenommen.«
Sie atmete sichtlich erleichtert auf, als sie diese Meldung hörte.
»Die Wahrheit«, sagte sie dann stockend, »ist, daß Carol und Mr. Palmese gut befreundet waren.«
»Und weiter?« fragte ich.
»Carol hat mir wenige Stunden vor der Tat gestanden, daß Mr. Palmese diesen Dentico, den sie auf den Tod nicht ausstehen konnte, in ihre Wohnung bestellt hatte, um ihn dort überfallen zu lassen. Aus Liebe zu Palmese wollte sie schweigen.«
»Und das Geständnis?« fragte Phil. »Mr. Palmese hat es ihr vorgeschrieben. Er wollte jeden Verdacht von sich ablenken. Deshalb mußte Carol die Beleidigte spielen, die in ihrer Verzweiflung zum Revolver griff.«
»Und alle Welt hat ihr die Story abgekauft«, sagte ich, »und Ihre Aussage, Miß Mason, war ebenso einstudiert, nicht wahr?«
Sie senkte den Kopf und sah zu Boden.
»Wer hat sie Ihnen vorgeschrieben?«
»Palmese, als er aus Chicago zurückkam und erfuhr, daß ich noch einige Stunden vor der Tat bei Carol war. Er drohte, mich umzubringen, wenn ich den Mund aufmachte. Ich habe die sechzehn Jahre ständig in Angst gelebt, Mr. Cotton, ich bin froh, daß jetzt alles ein Ende hat.«
»Warum haben Sie damals vor Gericht nicht die Wahrheit gesagt?« schaltete sich Phil wieder ein.
»Ich hatte nicht den Mut dazu. Außerdem ließ mich Palmese nicht aus den Augen. Er saß im Gerichtssaal, als ich meine Aussage machte.«
»Das wäre eine ausgezeichnete Gelegenheit gewesen, ihn festzunehmen, Miß Mason«, ereiferte sich Phil, »statt dessen duldeten Sie, daß eine Ihrer Kolleginnen für sechzehn Jahre ins Zuchthaus ging, unschuldig verurteilt.«
»Was hat Mr. Palmese Ihnen versprochen für den Fall, daß Sie schweigen würden?« fragte ich.
»Er hat mir Schmuck geschenkt.«
»Wer hat Miß Landini nach ihrer Entlassung erschossen?« fragte ich.
»Ich weiß' es nicht. Palmese hat sich nicht darüber geäußert.«
»Aber Sie wußten von Carols vorzeitiger Entlassung?«
Shirley Mason nickte. Hauchdünne Strähnen ihres wasserstoffblonden Haares fielen ihr in die Stirn.
»Sie wußten es von Palmese?«
»Ja.«
»Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
»Vorgestern abend«, antwortete Shirley Mason, ohne nachzudenken. »Er hat mich seit Wochen wieder besucht, hielt sich aber jeweils nur wenige Minuten bei mir auf, um mir mitzuteilen, daß Carol vorübergehend bei mir wohnen sollte.«
»Hat Palmese sich vor Carol Landini gefürchtet?«
»Das weiß ich nicht.«
»Aber warum erschoß er sie auf offener Straße?« bohrte ich weiter, »denn es würden sich doch eine Menge bessere Gelegenheiten geboten haben, die Tänzerin zu ermorden.«
»Warum ließ Palmese seinen Chef, Giulio Dentico, erschießen?« fragte Phil.
»Zwischen beiden war es häufig zu Unstimmigkeiten gekommen. Mr. Dentico hatte gedroht, Palmese aus der Firma zu werfen, glaube ich«, antwortete Miß Mason.
»Ja, das wäre ein Grund«, gab ich zu. »Wir sind Ihnen dankbar, Miß Mason, daß Sie doch noch die Wahrheit sagen. Wir werden Ihre Aussage zu Protokoll nehmen. Dürfen wir Sie bitten, morgen nach der Beerdigung hier vorbeizukommen und das Protokoll zu unterschreiben?«
»Natürlich«, sagte sie, erhob sich und trippelte hinaus. Sie hatte gutgeformte Beine, die für jede Strumpfreklame geeignet waren.
Als die Tür hinter Shirley Mason ins Schloß fiel, klatschte Phil auf seinen Oberschenkel und sagte:
»Wer hätte sich das träumen lassen, daß Palmese so schnell ans Messer geliefert würde? Wann willst du diesem Italiener die Aussage der Lady Vorhalten — oder noch besser, wann willst du die beiden einander gegenüberstellen?«
»Wahrscheinlich nie.«
»Bitte?« Phil rutschte vom Schreibtisch herunter und kam auf mich zu.
»Drehst du durch, Jerry? Palmese will plaudern, und du schicktst ihn in die Gefängniszelle zurück. Jetzt kommt das Girl mit schweren belastenden Aussagen, und du glaubst ihr nicht.«.
Mein Freund legte seine Hände auf meine Schultern und fuhr fort, auf mich einzureden:
»Laß Palmese vorführen, halte ihm Wort für Wort vor, was Shirley ausgesagt hat, und du wirst den Erfolg sehen. Los, Jerry, beeil dich. Wir haben heute einen frühen Feierabend verdient.«
»Nein, Phil, das wäre alles viel zu einfach, um wahr zu sein. Shirleys erste Aussage vor Gericht war eingepaukt. Vor einigen Stunden, als wir in ihrer Wohnung waren, hat sie uns die Wahrheit gesagt, nach bestem Wissen und Gewissen. Bis zu dem
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