0456 - Shao - Phantom aus dem Jenseits
weiterhelfen können?«
»Nein, ich fand nur die beiden Schwerter.«
»Ja, die habe ich auch gesehen.« Er blies die Wolke an mir vorbei. »Die Dinger haben wahrscheinlich den beiden toten Brüdern gehört.« Er hob die Schultern. »Anfangen können Sie damit nichts mehr. Das ist Ihr Pech. Allerdings frage ich mich, was der Mörder mit einer Leiche anfängt. Er hat die toten Yagani-Brüdern ja auch liegenlassen. Weshalb nahm er gerade Ihren Freund mit?«
»Darüber denke ich auch nach.«
Hinter der Rauchwolke verzog sich das Gesicht des Inspektors zu einem Grinsen. »Aber Sie sind zu keinem Ergebnis gekommen, wie ich annehme?«
»So ist es.«
Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich Parallelen zog. Bei Shaos Tod war es ähnlich gewesen. Da war auch jemand gekommen und hatte ihre Leiche nach der Totenfeier mitgenommen. [2]
Hatten wir es hier möglicherweise mit einem geheimnisvollen Leichensammler zu tun, der nur an bestimmten Toten interessiert war?
Ich konnte es drehen und wenden, zu einem Resultat kam ich nicht.
Suko jedenfalls hatte an Shaos Tod nicht so recht glauben wollen. Jetzt befand ich mich in einer ähnlichen Lage. Sollte ich an seinen Tod glauben? Die äußeren Anzeichen hatten dafür gesprochen, dass mein Freund nicht mehr lebte. So war es auch bei Shao gewesen, und trotzdem hatte Suko die Suche nach ihr nicht aufgegeben.
Auch ich würde ihn suchen.
Kearny blickte mich skeptisch an.
»Brauchen Sie vielleicht einen Arzt, Mr. Sinclair?«
»Nein, es geht schon.«
»Ich kann Sie aber beim Yard vorbeifahren.«
»Danke, sehr freundlich, es ist aber nicht nötig. Ich komme allein zurecht. Außerdem, was sollte ich dort? Nachforschungen kann ich höchstens hier anstellen.«
»Das sehe ich auch so.« Er stand auf und reichte mir die Hand. »Ich kann mit Ihnen fühlen, John, und ich wünsche Ihnen, dass Sie den Fall aufklären und sich geirrt haben, was den Tod Ihres Freundes angeht. Wir werden die Pfeile untersuchen lassen. Ich habe das Gefühl, als wären die Spitzen mit einem Gift versehen worden. Das Ergebnis der Untersuchung werde ich Ihnen zukommen lassen.«
»Natürlich.«
Die Männer gingen. Der Reihe nach verließen sie den Wagen und ließen mich mit meiner Trauer und der Einsamkeit zurück.
Suko war tot!
Konnte das überhaupt möglich sein? Ich schlug mir gegen die Stirn, weil ich es einfach nicht fasste, aber ich musste mich mit dem Gedanken allmählich vertraut machen. Durch den Schlag gegen die Stirn zuckten die Kopfschmerzen wieder auf. Was aber waren sie schon gegen meine seelischen Schmerzen und die Trauer, die mich durchflutete?
Dennoch war meine Trauer um Suko anders als die, die mein Freund verspürt hatte, als man ihm die Lebensgefährtin nahm. Nicht der reine Schmerz überflutete mich, auch so etwas wie Zorn und Rache stiegen in mir hoch und brachten meine Gefühle zum Kochen.
Ich musste ihn finden, und ich würde ihn auch finden. Das nahm ich mir fest vor.
Mit noch weichen Knien und den stechenden Schmerzen im Kopf verließ ich den Wohnwagen. Die kühlere Luft tat mir gut, deshalb atmete ich sie auch tief ein.
Es war ruhiger geworden. Zwar hielten sich nahe des großen Zelts noch zahlreiche Menschen auf und diskutierten, aber die Polizisten waren verschwunden.
Hin und wieder sah ich das fahle Aufzucken der Blitzlichter, denn die Pressefritzen fotografierten, was die Kameras hergaben.
Sehr langsam ging ich die Stufen hinab. Aus der Richtung, wo sich die Tiere in ihren Käfigen befanden, hörte ich manchmal unruhig klingende Geräusche.
Tiere haben einen guten Instinkt. Merkten sie vielleicht, dass das Böse noch irgendwo lauerte?
Ich konnte nichts feststellen und ging weiter. Die toten Tiger hatte man weggeschafft. Wo sie gelegen hatten, sah ich noch dunkle Flecken auf dem Boden. Trotz meiner Trauer war ich aufmerksam, aber nicht aufmerksam genug, denn aus der Dunkelheit hörte ich plötzlich ein leises Pfeifen, sah links neben mir eine wischende Bewegung, und noch in derselben Sekunde wickelte sich die dünne Schnur einer Peitsche um meinen Hals. Ein heftiger Ruck raubte mir nicht nur die Luft, er riss mich auch von den Beinen. Ich fiel auf den Rücken, schaute mit weit geöffneten Augen in die Höhe und sah in das Hassverzerrte bleiche Gesicht des Dompteurs…
***
Er ging nicht mehr weiter. Die Entfernung stimmte genau im Verhältnis zur Länge seiner Peitschenschnur. Sekunden verstrichen, in denen wir beide uns anstarrten.
Luft bekam ich soeben noch und schnappte
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