0457 - Jagd nach dem Templer-Gold
wenn der Bewohner nicht zu Hause war.
Professor Engelbrecht war ein weitgereister Mann. In der großen Diele standen Dinge, die er von seinen archäologischen Reisen mitgebracht hatte. Fundstücke aus alter römischer und etruskischer Zeit. Die meisten Teile wurden durch Glasvitrinen geschützt und standen dabei auf höheren Sockeln.
Dennoch störte mich die Leere. Sie kam mir irgendwie fremd vor, auch Mallmann fühlte sich unwohl. Er stand an der Treppe, eine Hand auf das Geländer gelegt.
»Ergeht es dir auch so, John? Hast du nicht ebenfalls das Gefühl, als wäre jemand im Haus?«
»Ja.«
»Wir hätten doch klingeln sollen.«
Ich ging auf ihn zu, blieb neben ihm stehen und rief den Namen des Professors nach oben.
Wir bekamen keine Antwort.
»Ist er nicht zu Hause, John?«
»Keine Ahnung.«
Der Kommissar hob die Schultern. »All right, es bleibt uns nichts anderes übrig, als das Ding zu durchsuchen. Komm.«
Wir gingen die Treppe hoch. Mit jeder Stufe, die wir zurücklegten, wuchs bei mir das Gefühl des Unbehagens. Mir gefiel das Haus zwar sehr gut, doch sein Innenleben weniger.
Es war auch nicht so ruhig. Zwar konzentrierten wir uns auch auf unsere Schritte, aber wir vernahmen von oben her doch Geräusche, die wir nicht einordnen konnten.
»Das ist Engelbrecht.« Diesmal rief der Kommissar den Namen des Professors.
Er hatte das gleiche Pech wie ich und bekam ebenfalls keine Antwort. Ich schluckte und ging schneller. Weshalb ich das tat, wußte ich selbst nicht. Es war irgendeine Kraft, die mich antrieb, vielleicht auch ein Gefühl, etwas falsch gemacht oder versäumt zu haben. Genau konnte ich es nicht sagen und sah in der ersten Etage die zahlreichen Türen, die zu den einzelnen Zimmern führten.
Nach drei Schritten blieb ich stehen. In meinem Nacken spürte ich das kalte Gefühl. Es war der Sinn für eine Gefahr. Er hatte sich bei mir im Laufe der Zeit deutlicher hervorkristallisiert als bei den anderen Menschen.
»Was hast du?«
Mallmann bekam auf seine Frage keine Antwort. Auf dem weichen Teppich bewegte ich mich vor. Der Gang war sehr breit. Vor den hell gestrichenen Wänden standen große Töpfe, aus denen die langen Gewächse wie grüne, gebogene Arme hervorschauten. Dazwischen hingen Bilder. Meist moderne Graphiken.
Ich hörte ein leises Stöhnen. Dennoch fand ich heraus, daß es vor uns aufgeklungen war, und zwar dort, wo der Gang mit einer breiten Tür abschloß.
Da mußte ich hin.
Plötzlich hatte ich es eilig. Mit großen Schritten überbrückte ich die trennende Distanz und rammte die Tür auf…
***
Das Bild war schrecklich!
Ich hatte den Professor noch nie zuvor gesehen, wußte jedoch, daß nur er es sein konnte, der in der mit Wasser gefüllten Wanne hockte.
Wie er die Arme ausgebreitet hatte, kam es mir vor, als ob er sich mit letzter Kraft an den Rändern festklammerte.
Er starrte mich an, aber ich hatte das Gefühl, als würde er mich nicht sehen.
Hinter mir vernahm ich Will Mallmanns Reaktion, denn auch ihn hatte das Bild geschockt.
Nicht weil Engelbrecht in der Wanne hockte. Es war allein sein Zustand, den man als gefährlich einstufen konnte. Die Haare sahen wir nicht, denn sie wurden von einem gelben Schmier verdeckt, der sich nicht nur auf dem Kopf verteilt hatte, sondern an seinem Gesicht nach unten geflossen war und es bereits zur Hälfte verdeckte.
Auch die Schultern und der Arm hatten etwas abbekommen. Nur noch die linke Gesichtshälfte war noch ziemlich frei, auch wenn jetzt feine Goldrinnsale über sie hinwegflossen und sich hinein in die Hautfalten preßten.
Das flüssige Gold war ebenfalls in ein Auge gedrungen. Er konnte uns nur mehr mit dem linken erkennen.
Mein Zögern und das Beobachten hatte vielleicht drei, vier Sekunden gedauert.
Gleichzeitig hatte ich mir auch einen Eindruck von der Einrichtung des Badezimmers verschafft, die von den üblichen abstach.
Auch die Größe des Raumes war außergewöhnlich.
Ich hatte keine weitere Person entdecken können und sprang auf Engelbrecht zu.
Als ich ihn erreichte, verließen ihn die Kräfte. Er sackte zurück, der Kopf fiel nach hinten, und er wäre bestimmt in das Wasser gerutscht und ertrunken, wenn es mir nicht rechtzeitig gelungen wäre, ihn aufzufangen.
Ich schob meine Hände unter seine Achseln, hielt ihn fest und wuchtete ihn dann hoch.
Es war nicht einfach, den schweren Körper aus der Wanne zu ziehen, auch wenn man den Professor nicht gerade als Schwergewicht bezeichnen konnte. Dennoch
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