0457 - Jagd nach dem Templer-Gold
Stille hielt uns umfangen.
Ich bewegte mich zuerst über die Fußmatte. Diese alten Häuser besitzen keine sehr großen Fenster. Durch das etwas grau aussehende Viereck sickerte auch nicht sehr viel Licht.
Eine sehr schmale Diele nahm uns auf. Mehr ein Korridor. Unter drei verschiedenen Türen konnten wir wählen.
Will huschte an mir vorbei. Seine Gestalt verdunkelte für einen Moment ein Fenster-Rechteck, dann drehte er sich und öffnete die erste Tür.
Ich war ihm noch nicht nachgegangen, sah aber, wie der Kommissar erschrak.
Mein bedrückendes Gefühl steigerte sich noch mehr und wurde zur traurigen Gewißheit, als der Kommissar zur Seite trat und mir den Blick in das Zimmer freigab.
Es war die Küche.
Sehr aufgeräumt, wie man es von einer ordentlichen Hausfrau erwartete. Die Hausfrau selbst aber war tot. Sie hockte auf einem Stuhl vor dem Küchentisch mit der hellen Platte. Ihr Kopf war nach vorn gesunken. Das Gesicht mußte die Platte berühren. Ungefähr dort, wo sich das Kinn befand, breitete sich eine rote Blutlache allmählich aus…
***
Wir gingen nicht näher, traten zurück, schauten uns an und zitterten beide.
Will fand als erster die Sprache wieder. Er hörte sich verdammt kratzig an. »Sag mir, daß ich träume, John. Verdammt, sag es mir.«
»Leider nicht.«
»Warum?« keuchte er, packte mich an den Aufschlägen der Jacke und schüttelte mich durch. »Warum, John? Weshalb hat dieser Malapartus so etwas Schreckliches getan?«
»Keine Ahnung, Will.« Ich holte durch die Nasenlöcher Luft. »Verflucht, ich weiß es nicht.«
»Was dann?«
Ich drehte mich um und schritt auf eine andere Tür zu, hinter der ein Wohnraum lag. In einem kleinen, etwas älteren Sessel dicht neben dem Fenster nahm ich Platz, und mein Blick war auf ein alpenländisches Gemälde gerichtet, das an der Wand hing.
»Malapartus«, flüsterte ich. »Verdammt noch mal, ist das wirklich seine Handschrift?«
»Mordschrift, meinst du wohl.«
»Oder auch das.«
»Ich kann es dir nicht sagen, John. Ich weiß es einfach nicht. Tut mir leid. Deine Gedankengänge sind mir einfach zu schwer oder komplex. Wieso sollte Malapartus es nicht getan haben?«
»Das kann ich dir sagen. Es ist nicht seine Art.«
Mallmann drehte sich auf der Tischkante sitzend um. »Was heißt das? Mord ist Mord.«
»Stimmt. Aber er hätte es anders gemacht.« Ich schnickte mit den Fingern. »Malapartus ist auf Gold spezialisiert. Er nimmt es auch für einen Mord. Entweder goldene Kugeln oder aber die rasenden Klumpen oder Barren. So killt er.«
Der Kommissar überlegte. »Ich will dir nicht widersprechen, John. Die Frage ist nur folgende. Wenn Malapartus diesen furchtbaren Mord nicht begangen hat, wer kommt dann dafür in Frage?«
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung. Jedenfalls gehe ich davon aus, daß wir es mit zwei Gruppen zu tun haben.«
»Oder mit einem Helfer des Malapartus.«
»Das ist auch möglich.«
Mallmann rieb sein Gesicht. »Ich hätte nicht gedacht, daß die Sache noch schlimmer werden könnte. Wir müssen unbedingt das Gold und diesen Malapartus finden, bevor er noch mehr Unheil anrichten kann. Sonst komme ich nicht mehr in den Schlaf.«
»Kann ich verstehen.«
»Wie geht es jetzt weiter? Wir haben eine Leiche gefunden, John, und müßten normalerweise die Kollegen anrufen.«
»Ja, das müßten wir.«
»Wie ich dich kenne, bist du dagegen.«
Ich holte eine Zigarette aus der Schachtel und zündete mir das Stäbchen an. »In der Tat, Will, habe ich keine Lust, noch mehr Zeit zu verlieren. Außerdem spielt es keine Rolle, wenn wir die Mordkommission einige Stunden später alarmieren.« Ich blies den Rauch scharf gegen den Fußboden. »Wir müssen den oder die Killer stellen.«
»Wie hast du dir das gedacht?«
Während ich das kleine Notizbuch hervorholte, klemmte ich die Zigarette zwischen meine Lippen. »Vielleicht hat Gisbert Neumann einige Informationen hinterlassen.«
Mallmann nickte. »Schauen wir uns die Sache einmal an.«
Über dem Tisch hing zum Glück eine Lampe. Als sie erhellt war, gab sie soviel Licht, daß wir auch die enggeschriebenen Zeilen entziffern konnten.
Gisbert Neumann hatte sehr genau Tagebuch geführt. Auf den ersten Seiten war davon zu lesen, wieviel Spott und Hohn er geerntet hatte, als es bekannt wurde, daß er den Schatz der Templer suchte.
Später hatte er seinen ehemaligen Professor von der Uni überzeugen können, daß er mit seiner Ansicht nicht einmal so verkehrt lag. Engelbrecht hatte
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