0459 - Reklame für den toten Boß
ich einen Dollar besitze.«
»Sehen Sie«, sagte Mr. Bloom, »die Erinnerung kommt wieder. Heute morgen wußten Sie nicht einmal, was ein Dollar ist. Jetzt finden Sie sich bereits zurecht im täglichen Leben. Sie wissen, daß man Geld braucht, um etwas erreichen zu können. Stück für Stück wird Ihre Erinnerung an die Oberfläche stoßen. Haben Sie Geduld!«
Shunkers drehte sich zum Psychiater und sagte:
»Nennen Sie mir meinen Namen, Mr. Bloom. Denn jeder Mensch hat doch einen Namen. Und demnach müßte ich einen haben!«
Ich trat ans Regal, nahm ein Buch heraus und schlug es auf. Auf dem Innendeckel stand ein Stempel. William Shunkers, N. Y.
»Mehr nicht. Von wieviel Selbstüberzeugung sprach dieser einfache Stempel. Shunkers, New York, kein Stadtteil, keine Straße.«
Mit dem Buch in der Hand drehte ich mich zu Mr. Bloom um.
Er erkannte meine Absicht und schüttelte den Kopf. Enttäuscht stellte ich das Buch wieder zurück.
»Es nützt nichts, wenn ich Ihnen Ihren Namen sage«, erwiderte der Psychiater, »Sie selbst werden ihn finden, Ihren Namen ebenso wie Ihr vergangenes Leben.«
Jede Sekunde war kostbar, die wir verloren, vertrödelten, um das Gedächtnis eines Menschen wieder aufzufrischen, der uns vielleicht anschwindelte und nur eine großartige Komödie spielte. Wir hatten Shunkers in seine Villa gebracht. Aber die alte Umgebung schien keinen Eindruck auf ihn zu machen. Zumindest verriet er sie nicht. Wir konnten noch zwei Stunden durch dieses Haus marschieren, ohne den geringsten Eriolg. Inzwischen läutete mich Amalie an, der ich einen Treffpunkt zum Abendessen nennen wollte. Denn ich brannte darauf, den Kontakt mit den Burschen nicht mehr abreißen zu lassen.
»Sie wollen mir also meinen Namen verheimlichen«, erwiderte Shunkers enttäuscht, »meine Mutter hätte in solchen Fällen gesagt…«
Wieder brach er mitten im Satz ab.
»Überlegen Sie, wie hat Ihre Mutter Sie gerufen?« fragte Mr. Bloom leise.
»Ich weiß es nicht«, antwortete er gequält. »Ich weiß nicht einmal, wie meine Mutter aussah.«
Wir kamen nicht weiter.
Heute abend lief meine Frist ab. Die Burschen würden mich aufspüren. Sollte ich ihnen ein Feuergefecht liefern? Nein, ich wollte ihnen zuvorkommen. Sie sollten den Fehler begehen, mich in ihren Schlupfwinkel zu locken. Nur so konnten wir das Rattennest ausräuchern.
»Ich weiß nichts«, stöhnte der Fabrikant und sah sich nach einem Sessel um, der in diesem Raum gestanden haben mußte.
»Fehlt etwas?« fragte Mr. Bloom. »Nein, wie soll ich wissen, ob in einem Haus, das ich nicht kenne, etwas fehlt«, erwiderte er bedächtig.
»Sagen Sie, Mister…« Ich machte eine ausgedehnte Pause hinter dem Wort Mister, um ihm Gelegenheit zu geben, seinen Namen einfließen zu lassen. Aber Shunkers schwieg.
»Sie haben gestern abend eine Bar besucht und sind von einem jungen Gentleman hinausbegleitet worden. Warum hat der Bursche Sie geschlagen? Wo hat er Sie anschließend hingeschleppt?«
Wie von einem Peitschenhieb getroffen, zuckte Shunkers zusammen. '
***
Der Rechtsanwalt wollte die Tür zuschlagen, aber Phil sagte schnell:
»Keine Kurzschlußhandlung, Mr. Pamplon. Wir haben Ihnen nur einige Fragen zu stellen, die Sie beantworten werden, entweder hier oder im FBI-Gebäude.«
Der grauhaarige Mann gab die Tür frei und ließ die beiden ein treten. Er vermied es, Phil und Stiller in die Augen zu sehen.
»Entschuldigen Sie«, stammelte er und schloß die Wohnungstür, »ich war zu verwirrt. Noch nie in meinem Leben habe ich mit dem FBI zu tun gehabt. Ich schwöre es bei allen Heiligen.«
»Sie sollen hier nicht schwören«, unterbrach ihn Phil, »so weit sind wir noch nicht. Es dreht sich um ein Testament, das Sie Mr. Stiller zugeschickt haben.« Pamplon war mit einem abgeschabten Gehrock bekleidet, der ihm eine gewisse Würde verleihen sollte. Der Anwalt ging leicht vornübergebeugt, als stiege er unentwegt Treppen.
Er führte seine Besucher in den Salon, der gleichzeitig als Office diente. Ein verschnörkelter Schreibtisch füllte die Hälfte des Raumes aus. Dahinter standen ausrangierte Regale, in denen Akten abgelegt waren: Drei wacklige Stühle waren vor den Schreibtisch gerückt.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen den Platz überhaupt anbieten kann«, sagte Pamplon mit einem scheuen Blick auf die halsbrecherischen Sitzgelegenheiten.
»Es handelt sich um das Testament von Mr. Shunkers«, begann Phil.
»Ich schwöre Ihnen, daß ich es nicht mehr besitze«,
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