046 - Viva Las Vegas!
Umgebung an das Zentrum von Vegas. Nur etwas kleiner, gedrungener war hier alles, die Bauten nicht so prachtvoll. Der Zahn der Zeit hatte an allem genagt und die Jahre hatten ihr graues Tuch über Freemont gebreitet.
Azrael nickte. »Genau hier.«
»Was ist passiert?«, wollte Hedge wissen.
»Man sagt, es kam nach langen schwelenden Streitigkeiten zum offenen Krieg. Don Vegas konnte den Hals nicht voll genug bekommen und beschloss die Konkurrenz ein für alle Mal auszuschalten. Er sammelte all seine Leute, heuerte noch Söldner von außerhalb an und blies zum Angriff auf Freemont. In einer einzigen Nacht schlug er seinen Gegner vernichtend.«
Hedge schauderte. »Das muss… viele Leben gekostet haben.«
»Hunderte«, bestätigte Azrael.
»Wahnsinn…«
»Du sagst es. Und wahnsinnig ist Don Vegas immer noch. Es wird Zeit, dass jemand dem ein Ende setzt.«
Azrael hatte Hedge inzwischen in eines der Gebäude geführt, ein verlassenes Kasino, und dort wiederum in eine schwer zugängliche Zwischenetage, die nur notdürftig eingerichtet war. Hedge rümpfte die Nase. Da war ja seine bisherige Herberge noch nobler gewesen!
»Ich kann dich natürlich nicht zwingen, mir zu helfen und hier zu bleiben«, sagte neben ihm Azrael, dem Hedges Reaktion nicht entgangen war.
»Azrael - wir sind nur zu zweit! Wie sollen wir beide -«
»Irrtum, Hedge«, fiel ihm der andere ins Wort, der inzwischen nicht nur seine Kapuze abgestreift hatte, sondern Hedge auch in die Hintergründe, seine Herkunft und Motive eingeweiht hatte. »Es gibt einige, die auf unserer Seite stehen. Sie sind bisher nur noch nicht ins vorderste Glied getreten. Aber sie wirken hinter den Kulissen. Helfen den Ärmsten mit dem Notwendigsten. Wir sind nicht allein, Hedge.«
Hedge zog eine unglückliche Grimasse.
»Ob wir nun zu zweit oder zu zwanzig sind - was macht das für einen Unterschied, wenn wir gegen eine Macht wie den Gudfadda antreten?«
»Jeder Einzelne macht einen Unterschied«, sagte eine Stimme.
Azrael und Hedge fuhren gleichzeitig herum; letzterer nur erschrocken, erster angespannt und zum Angriff oder zur Verteidigung bereit, je nachdem, was die Situation erfordern sollte.
Weder das eine noch das andere, wie sich herausstellte.
Der blinde Mann, der sich in ihr Gespräch eingeschaltet hafte, war nicht allein. Mit seiner Begleiterin trat er aus dem Dunkeln und zu ihnen. Azrael kannte ihn, sehr gut sogar: Ezekiel gehörte zu den Helfern, von denen er eben gesprochen hatte. In allererster Linie aber war dieser Mann sein- »Vater!«, rief Azrael erstaunt. »Wer -?« Ezekiel ließ seinen Sohn nicht ausreden. Er zeigte auf die kriegerisch wirkende junge Frau an seiner Seite: »Das ist Aruula, unsere neueste Mitstreiterin im Kampf gegen die perverse Tyrannei des Gudfadda.«
Hedge grinste und betrachtete Aruula mit Wohlwollen. »Na, dann sieht die Sache doch gleich viel angenehmer aus.«
***
»Zum Dam?«, fragte Buster, nachdem Don Vegas seinen Auftrag erteilt hatte. Er konnte sich unter diesem Ort nichts vorstellen. Da er erst seit ein paar Tagen in Diensten des Gud- fadda stand, war er noch längst nicht in alle Hintergründe eingeweiht. Dieses Wissen musste er sich erst verdienen - zusammen mit dem Vertrauen des Don.
»Zu den Freaks«, knirschte Troy. Die Aussicht auf die weite Fahrt und vor allem die Begegnung mit den Ausgestoßenen behagte ihm absolut nicht, und daraus machte er keinen Hehl.
»Fühl ihnen auf den Zahn.« Der Don ignorierte Troys Missmut. »Würde mich wundern, wenn dort niemand was wüsste über diesen… Vigilanten, der uns das Leben schwer machen will.«
»Na schön«, knurrte Troy und gab Buster einen Wink zum Gehen.
»Nehmt euch noch fünf Männer mit«, gab ihnen der Don auf dem Hinausweg mit, »und vor allem: Lasst die Samthandschuhe hier. Verstanden?«
»Sowieso«, erwiderte Troy. Zurückhaltung hätte er ohnehin nicht geübt. Heute Nacht, nach der Abreibung, die er am Abend hatte einstecken müssen, konnte er eine Gelegenheit, seine Wut und die Schmach abzureagieren, gut brauchen. Da kamen ihm die Verkrüppelten im Dam gerade recht!
***
Desmond war nach Ezekiel der »zweite Mann« im Dam. Niemand hatte sie zu Anführern gewählt oder bestimmt, es hatte sich einfach so ergeben. Wohl weil sie beide - und eine Handvoll anderer - den Lebensmut nicht vollends verloren hatten, all dem zum Trotz, was man ihnen angetan hatte. Und weil sie daran glaubten, dass sich jedes Blatt einmal wendete, auch das unglücklichste -
Weitere Kostenlose Bücher