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0460 - Der grausame Wald

0460 - Der grausame Wald

Titel: 0460 - Der grausame Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht mehr. Irgendwann in den nächsten Tagen würden sie ebenfalls sterben und von den ersten Stürmen, die gewiß kamen, von Ästen und Zweigen geweht werden.
    Der Lauf der Dinge, die zum Glück noch niemand hatte beeinflussen können. Es war kaum vorstellbar, daß wir zu einem Gebiet wollten, wo es diese Natur nicht gab, wo der Mensch radikal in das Leben eingegriffen hatte.
    Die Strecke führte permanent bergauf. Nicht sehr steil, aber hoch ging es immer.
    Der Wald kam näher. Wir sahen ihn, wenn es uns einmal gelang, einen Blick durch die hohen Büsche zu werfen oder über sie hinwegzuschauen. Er wuchs an den sanften Hängen und breitete sich auch innerhalb der Täler aus, deren Mulden er ebenfalls herbstlich bunt gefärbt hatte.
    »Bis wir nicht mehr weiterkommen, sollen wir fahren«, sagte John und schaute aus dem Fenster.
    »Ich zumindest sehe noch keine Spuren der Katastrophe.«
    »Warte mal ab.«
    Es ging noch weiter, auch wenn wir durch Querrinnen hüpften oder über Bodenwellen glitten.
    Wenige Minuten nach dieser Bemerkung war es dann soweit. Der Weg endete vor einer dichten Buschgruppe, die ihn praktisch wie eine Grenze abschloß.
    »Das war's«, sagte Suko und öffnete die Tür.
    Auch ich stieg aus. Vor uns lag ein Fußmarsch. Über die Länge der Strecke wußte keiner von uns Bescheid. Zum Glück aber brauchten wir uns nicht durch die Büsche zu schlagen, wir fanden einen schmalen Pfad, den wir nehmen konnten.
    Zwar war er an vielen Stellen zugewachsen, so daß wir die Zweige zur Seite räumen mußten, aber wir kamen wenigstens voran und drangen tiefer in den herbstlichen Wald ein, der uns umgab wie eine schweigende Mauer.
    Genau dieses Schweigen machte uns mißtrauisch. Beide spürten wir es wie einen großen Druck.
    Suko wunderte sich lautstark darüber. »Ich habe das Gefühl, als würde etwas nicht stimmen«, erklärte er. »Dieser Wald ist einfach anders.«
    »Wieso?«
    Mein Partner blieb stehen. Über seinem Kopf wippten die Enden eines hohen Busches. Weiter zurück drängten Bäume ihr laubiges Dach gegen den Himmel.
    »Was hörst du?« fragte er mich.
    »Deine Stimme.« Ich grinste.
    »Ja. Und sonst?«
    Ich schaute in die Runde. Mein Freund hatte recht. Es war tatsächlich so gut wie nichts zu hören. Kein Vogelgezwitscher, kein Huschen oder Rascheln. Eine sehr ungewöhnliche Szenerie. Man konnte sie schon als tot bezeichnen.
    »Die Natur hat Reißaus genommen«, sagte ich. »Und bestimmt nicht ohne Grund.«
    »Wahrscheinlich befinden wir uns am Rand des Gebiets.«
    »Man könnte auf einen Hügel steigen«, schlug ich vor.
    »Oder weitergehen.«
    Wir entschieden uns für Sukos Vorschlag. Noch sahen wir den Pfad. Er führte uns tiefer in diese schweigende Waldwelt hinein, wo als einzige Geräusche nur unsere Schritte zu hören waren und das Rascheln der Zweige, wenn wir sie zur Seite schoben.
    Manchmal sahen wir auch den Himmel. Er schimmerte in einem nahezu klaren Blaßblau. Wenn man ihn sah, war kaum zu glauben, daß wir uns einem Gebiet näherten, in dem eine Katastrophe stattgefunden hatte.
    Etwa fünfzehn Minuten später erkannten wir bereits die ersten Anzeichen. Ich sah es an den Blättern der Birken. Sie verloren ja mit als erste das Laub. Was allerdings noch an den Zweigen hin, zeigte eine Färbung, die mir unangenehm auffiel.
    Sie war nicht tiefgelb oder rot, sondern präsentierte sich uns in einem Schwarz, als hätte man ihre Ränder mit einer Teerschicht bedeckt. So etwas hatte ich noch nie gesehen, blieb stehen und rieb ein Blatt zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Es fühlte sich an wie Gummi. Keine Asche rieselte zu Boden. Das Zeug war klebrig, aber es blieb nicht an meinen Fingern hängen. Ich nickte Suko zu. »So ähnlich wird es auch weiterhin aussehen.«
    Nein, es wurde schlimmer. Wir brauchten nicht einmal sehr weit zu laufen, als wir die dunklere Wand vor uns sahen. Wir hatten gewissermaßen einen großen Taleinschnitt zwischen zwei bewaldeten, sanften Hügelhängen erreicht.
    Das Tal war breit, wir konnten die Hügel und deren Bewuchs sehr gut erkennen und was sich da unseren Blicken präsentierte, war mit dem Begriff furchtbar zu umschreiben.
    Neben mir flüsterte Suko: »Mein Gott, das ist ja schrecklich…«
    Ich nickte nur. Schweigend gingen wir weiter. Unter unseren Sohlen war das Gras zu einem braunen Brei geworden. Kein grüner Halm schimmerte mehr hindurch.
    Die Gegend wurde immer gespenstischer. Der Wind weht gegen kahle, wie zerfressen aussehende Zweige und bewegte

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