0461 - Ein Killer läßt die Wallstreet wackeln
zuständigen Untersuchungsrichter verbinden, verlangte einen Haftbefehl für John Höver und sagte dem Richter, daß er die Unterlagen sofort bringen ließe.
»Nehmen Sie Phil mit, Jerry!« befahl er. »Sobald der Haftbefehl vorliegt, sende ich ihn mit einem Beamten zu Hovers Wohnung.« Er notierte sich die Adresse. »Es scheint mir besser zu sein, den Mann nicht aus den Augen zu lassen.«
Ich fand Phil in unserem Büro. Ich unterrichtete ihn kurz. Wir fuhren zur 47. Straße. Zum zweitenmal ließ ich mich mit dem Lift nach oben tragen.
Auf mein Läuten wurde die Tür prompt geöffnet, aber nicht John Hover erschien, sondern James Ragley. Er strich sich langsam mit der flachen Hand über das Haar. »Ich dachte mir, daß Sie sehr bald zurückkommen würden«, sagte er. »Leider hat John Hover das Haus verlassen. Ich fürchte, er wird nicht wieder auftauchen, bis er nicht mehr verdächtigt wird, diesen ehemaligen Matrosen getötet zu haben.«
»Als Anwalt wissen Sie, daß er nichts Falscheres tun konnte.«
Er bewegte leicht die Schultern. »Er handelte gegen meinen Rat, aber er ließ sich nicht zurückhalten.«
»Wissen Sie, wo er sich aufhält?«
»Keine Ahnung!«
»Weiß Ihre Tochter mehr?«
»Alice? Sie weiß nichts. Ich schickte sie sofort nach Hause, weil ich nicht wünsche, daß sie in irgendwelche größeren Schwierigkeiten verwickelt wird.«
»Betrachten Sie Hover als ihren zukünftigen Schwiegersohn, Mr. Ragley?« Er lächelte unter dem starken Schnurrbart. »Anscheinend 'habe ich keine andere Wahl. Alice wird sich kaum davon abhalten lassen, ihn zu heiraten.«
»Auch, wenn sich eine Beteiligung an einem Mord ergeben sollte?«
Jetzt lachte er laut. »Ich halte es für völlig unwahrscheinlich, daß John einen Mord begangen hat. Er sieht zwar aus wie ein Held. Von zehn Frauen, die ihm begegnen, fallen acht auf sein Aussehen herein. In Wirklichkeit aber ist er ziemlich feige und so sehr um seine Gesundheit besorgt, daß er, falls er in eine Schlägerei verwickelt würde, lieber nach der Polizei riefe, als sein Gebiß zu riskieren.«
Er strich sich mit dem Handrücken über den Schnurrbart. Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Das schließt nicht aus, daß er sich in irgendwelche dunklen Geschäfte verstrickt hat. Ich glaube, daß es ihm schwerfällt, die großen Summen, die sein aufwendiger Lebensstil erfordert, auf legale Weise zu verdienen.«
»Ich begreife nicht, daß Sie ihm demnach gestatten, sich mit Ihrer Tochter zu verloben.«
»Alice ist nur meine Adoptivtochter, obwohl sie den Namen ihrer Mutter trägt. Wenn Sie sie näher kennen würden, so wüßten Sie, daß es völlig unmöglich ist, ihr etwas auszutreiben, das sie sich in den Kopf gesetzt hat. Außerdem wird sie in drei Monaten einundzwanzig Jahre alt. Ob sie drei Monate früher oder später in ihr Unglück rennt, macht auch keinen nennenswerten Unterschied.«
»Warum haben Sie dann die Verteidigung Hovers übernommen?«
Er schob das Kinn vor. »Zum Teufel, G-man. Ich weiß nicht, was Sie meine Beweggründe angehen, aber ich sagte Ihnen schon, daß es gegen Alices Wünsche keinen Widerstand gibt, und sie wünschte, daß ich mich ihres Herzallerliebsten annahm.« Er zuckte die Achseln. »Wie Sie sehen, konnte ich nicht viel für den Gentleman tun. Er zog es vor, sich selbständig zu machen.«
***
Auf meinem Schreibtisch lag ein Exemplar der Abendausgabe der Night-Revue. Die Zeitung brachte die Meldung über den Mord an Harry Cutter in großer Aufmachung, vermutlich, weil sie nichts Besseres hatte. Die Überschrift lautete: Gangsterabrechnung in Rockaway. Der Bericht stimmte im wesentlichen mit den Facts überein. Daß Navy-Cut wegen eines Raubüberfalles und Rauschgifthandels gesucht wurde, hatten die Reporter ebenfalls herausgefunden. Allerdings wurde Hovers Name nicht erwähnt. Von der Verbindung zwischen dem Ex-Matrosen und seinem ehemaligen Chef wußten die Night-Revue-Reporter noch nichts, aber ich war sicher, daß sie davon erfahren würden, sobald das Rundtelegramm mit dem -Fahndungsersuchen nach Hover bei den einzelnen Revieren vor lag.
Phil kam herein, ebenfalls mit einem Exemplar der Night-Revue in der Hand. Er ließ sich auf den Stuhl fallen, angelte sein Notizbuch aus der Tasche, legte die Beine auf den Tisch und sagte: »Fangen wir mit Alice Deville an! Ihre Mutter heiratete vor achtzehn Jahren nach dem Tode Ernest Devilles den Millionär und Staranwalt James Robert Ragley. Sie starb, als ihre Tochter vierzehn
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