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0462 - Wo der Orlock haust

0462 - Wo der Orlock haust

Titel: 0462 - Wo der Orlock haust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der Öffnung war noch zu sehen.
    Als einzige Lichtquelle stand ihnen das Einwegfeuerzeug zur Verfügung. Es brannte nicht permanent. Oft genug blies ein leichter Windzug die Flamme aus. Wenn sie einmal für Sekunden leuchtete, reichte es den Mädchen aus, sich zurechtzufinden.
    Sie erkannten beide, daß sich der alte Stollen verbreitert hatte, leicht bergauf führte und die Decke sich jetzt so hoch über ihren Köpfen befand, daß sie nicht mehr zu kriechen brauchten. Sie konnten jetzt normal laufen.
    »Endlich!« keuchte Mara, als sie standen. Wieder hatte sie das Feuerzeug angeknipst und schirmte die Flamme mit ihrer gewölbten Hand ab. Das Licht tanzte auch über die Gesichter der Mädchen.
    Es ließ sie fremd und unheimlich erscheinen.
    »Du weißt nicht, wann er ins Freie führt – oder?« fragte Mara.
    »Nein.«
    »Dann kann es noch lange dauern.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Komm weiter.«
    Unter ihren Füßen zerknirschten kleinere Steine, wenn sie den Druck der Körper spürten. Manchmal wallte auch Staub auf, und es dauerte nicht lange, bis sie wieder etwas anderes entdeckten.
    Alte Stufen im Boden. Zum Teil nicht zu erkennen, weil sie mit Geröll, Steinen und Lehm bedeckt waren.
    Als Alexandra stolperte, wurde sie auf diese provisorische Treppe aufmerksam.
    »Es geht aufwärts!« flüsterte die Blonde und erhob sich wieder.
    Daß sie sich eine kleine Schürfwunde an der rechten Hand zugezogen hatte, interessierte sie nicht.
    »Alex, wenn wir hier herauskommen, dann beginnt für mich das große Jubeln, das verspreche ich dir. Dann hält mich nichts mehr. Dann rufe ich die Polizei…«
    »Geh weiter.«
    Mara nickte heftig. Sie hatte es plötzlich eilig, stolperte manchmal, schwankte auch, aber sie stützte sich an den Stollenwänden immer wieder gut ab.
    Wieviel Weg sie zurückgelegt hatten, wußte keine von ihnen zu sagen, aber sie entdeckten wieder etwas Neues.
    An der linken Seite begann es. Zunächst dachte Mara an einen weiteren Gang, bis sie hineinleuchtete und eine Nische erkannte, die doppelt so breit war wie ein Mensch. Durch eine Mauer wurde die Nische abgetrennt.
    Mara klopfte vor die Rückseite. »Hört sich nicht hohl an«, sagte sie. »Das ist massiv.«
    »Hattest du etwas erwartet?«
    »Möglich.«
    »Geh weiter.«
    Die Mädchen tauchten noch tiefer in den geheimnisvollen Stollen ein. An den widerlichen Geruch konnten sie sich einfach nicht gewöhnen. Sie schmeckten ihn auf der Zunge, er hatte sich in ihrer Kehle ausgebreitet, und er kam ihnen vor, als würde er sich noch verstärken, je tiefer sie in den Stollen hineinschritten.
    Obwohl sie erst Minuten unterwegs waren, hatten beide das Gefühl, bereits seit Stunden durch die Finsternis zu schleichen. Mit großen Überraschungen rechneten sie eigentlich nicht, aber sie blieben wie vor eine Wand gelaufen stehen, als sie plötzlich den zuckenden Schein sahen, der von der rechten Seite her in den Stollengang fiel.
    Mara blieb dicht neben ihrer Freundin stehen und faßte sie an.
    »Da muß eine Fackel brennen!« hauchte sie.
    »Aber wieso…?«
    »Warte mal.« Mara ging vor. Sie schlich mit großen Schritten weiter und hatte dabei einen Arm ausgestreckt. Die rechte Hand berührte plötzlich ein Hindernis.
    Es war eine aus Steinen gebaute Ecke, die in den Stollen hineinragte. Dahinter begann eine scharfe Kurve, bevor der Stollen weiterführte. An dieser Stelle war er erleuchtet, aber die vorstehende Ecke hatte den meisten Teil des gespenstischen Fackellichts abgehalten, so daß nur ein Widerschein über den Boden huschte.
    Mara warf einen vorsichtigen Blick um die Ecke, nahm den Kopf hastig wieder zurück und drehte sich um. »Das gibt’s doch nicht«, kommentierte sie flüsternd.
    »Was?«
    »Komm her, Alex.«
    Alexandra schaute selbst, und auch sie war überrascht. Der Gang wurde tatsächlich von einem flackernden Fackellicht erhellt, und nicht allein das, sie spürten auch die kühle Luft, die ihnen entgegenwehte. Das war eine frische Luft, als käme sie von außerhalb.
    »Ich glaube, wir haben es geschafft!« sagte Mara. Sie traute ihren Worten selbst nicht.
    Alexandra befand sich schon auf dem Weg. Sie wollte sehen, was sich innerhalb des Ganges genau tat. Die Fackeln standen in Nischen. Die Distanz zwischen ihnen war unterschiedlich groß, aber der Schein fiel in den Stollen hinein.
    War das Orlocks Reich?
    Mara wollte ihre Freundin warnen, aber Alex ließ sich nicht beirren. Sie lief weiter und befand sich bereits in Höhe der ersten Nische.

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