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0463 - Der Leopardenmann

0463 - Der Leopardenmann

Titel: 0463 - Der Leopardenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Oberschicht entfernt war und das darunter befindliche Erdreich noch feucht und deshalb automatisch dunkler war.
    Tiffany wurde neugierig.
    Ihre Angst vor dem Unheimlichen, die sie bei der Begegnung verspürt hatte, trat in den Hintergrund. Die Neugier wurde stärker. Sie wollte wissen, welchem physikalischen Phänomen es zu verdanken war, daß Splitt und Erde wie bei einem Chamäleon die Farbe ändern konnten!
    Der Lichtstrahl der Taschenlampe wanderte. Tiffany folgte der Spur des Unheimlichen rückwärts. Gut fünfhundert Meter weit kam sie, dann bog diese Spur vom Weg ab. Da war eine Bresche im Strauch-Dickicht. Mühelos konnte Tiffany sich hindurch zwängen, ohne Haut und Kleidung durch Dornen zu beschädigen.
    Hinter den Sträuchern sah sie die Spur wieder. Hier stand hohes Gras, das sich dort schwarz verfärbt hatte, wo der aufrechtgehende Leopard gegangen sein mußte. Genau dort, wohin er seine Hinterpfoten gesetzt hatte, war das Gras schwarz!
    Niedergetreten war es auch.
    Und dann hörte das Schwarze plötzlich auf. Die Spur endete.
    Mitten im Gras!
    Tiffany verstand das nicht. Sie versuchte mit der Lampe die Umgebung auszuleuchten. Aber sie konnte nicht sehen, wo die Spur ihre Fortsetzung fand.
    Das Rätsel, woher der Leopard gekommen war und weshalb er schwarze Abdrücke hinterließ, blieb vorerst ungelöst.
    »Na warte«, murmelte Tiffany. »Morgen sehe ich mir das bei Tageslicht an!«
    Sie kehrte um. Wenn in der einen Richtung nichts mehr festzustellen war, dann vielleicht in der anderen. Von ihrer Angst merkte sie nichts mehr. Da war auch kein Gefühl drohender Gefahr mehr, das sie vielleicht hätte warnen können.
    Sie kehrte auf den Weg zurück und folgte der Spur, die der Leopard hinterlassen hatte. Daß sie dabei einen Teil ihres Spazierweges wieder zurück ging, störte sie nicht. Sie hatte ja Zeit; niemand verlangte, daß sie zu einer bestimmten Uhrzeit wieder im »Royal Imperial« sein sollte. Ihr Leibwächter würde sich schon nicht langweilen. Es gab in den Bars der Stadt genug Mädchen, mit denen er sich die Zeit vertreiben konnte.
    Auf Spesen, natürlich. Und wenn er dabei zwischendurch mal daran dachte, daß er eigentlich auf Tiffany Rogers aufpassen sollte, dann war er selbst schuld an seiner Ablenkung von den wichtigen Dingen des Lebens.
    Plötzlich glaubte sie, dem Leopard immer näher zu kommen.
    Daß er nicht besonders schnell ging, war ihr bei der Begegnung schon aufgefallen. Aber dadurch, daß sie seiner Spur erst einige Zeit in die andere Richtung gefolgt war, hatte sie Zeit verloren. Doch sie hatte jetzt das Gefühl, daß der Vorsprung des Unheimlichen in den letzten Minuten erheblich geschrumpft war.
    Unwillkürlich ging sie langsamer.
    Sie sah, daß die Spuren abermals vom Weg abzweigten. Diesmal aber war der Leopard nicht durch das Buschwerk gegangen, sondern benutzte einen schmalen, ausgetretenen Pfad, der Tiffany vorhin in der Dämmerung gar nicht aufgefallen war. In ihre Gedanken versunken, hatte sie nicht darauf geachtet.
    Der Weg führte durchs Dickicht auf eine Lichtung. Da stand eine Hütte.
    Das war nichts Ungewöhnliches. Viele Menschen, die sich die ohnehin schon ärmlichen Wohnungen in der Stadt nicht leisten konnten oder sich auch einfach mit Steinhäusern und festen Straßen nicht abfinden konnten, errichteten ihre Hütten im Eigenbau-Verfahren draußen am Stadtrand. Rund oder eckig, mit Hochdach oder flach, ganz nach Belieben und der Verfügbarkeit der Baumittel.
    Eine solche Behausung hatte Tiffany hier vor sich. Rechts gab es noch einen kleinen Schuppen, daneben ein eingezäuntes Stück Wildwiese, auf dem im Mondschein ein paar schlafende Ziegen zu sehen waren. Neben der Haustür befand sich ein in den Boden gerammter Pflock, an dem ein Hund angeleint war. Der lag auch ganz ruhig da.
    Unheimlich ruhig.
    Er hob nicht mal den Kopf, als Tiffany dicht neben ihm war. Das war seltsam, weil Hunde normalerweise aggressiv auf sie reagierten. Warum das so war, hatte sie niemals herausfinden können. Aber sie brauchte bloß in weiter Entfernung an einem Hund vorbeizugehen, und der schlug bereits an. Selbst wenn er sich hinter einem geschlossenen Fenster befand, reagierte er gewöhnlich mit wütendem Bellen. Es gab nur ein paar Hunde von Bekannten und Freunden, die an Tiffany gewöhnt waren und sie deshalb tolerierten.
    Dieser Hund aber kannte sie ebensowenig wie sie ihn. Trotzdem schreckte er bei ihrer Annäherung nicht aus seinem Schlaf auf, um mit wütendem Bellen auf

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