0463 - In den Fängen eines Teufels
Berührung aber hatte sie sich gelöst und fiel den beiden Mädchen wieder entgegen.
Mara reagierte schneller als ihre Freundin. Bevor die flammende alte Leiche Alexandra umriß, stieß Mara ihre Freundin in die Seite, so daß diese nach links wegtaumelte.
Die Leiche aber krachte zu Boden.
Noch während des Falls hatte Mara sie sehen können. Sie war nur noch ein Skelett mit eben diesen brennenden Haaren.
Und sie fackelte aus…
Mara schaute entsetzt zu, wie sich das Feuer weiterfraß, vor den Knochen nicht haltmachte, auch den Schädel erfaßte, dessen bleiche Überreste allmählich schwarz wurden.
Dann brach er…
Sie hörte das Knacken, sogar ein Zischen noch, als wären Wassertropfen in die Flammen gefallen. Dann fand das Feuer keine neue Nahrung.
Alexandra Dalton aber hockte am Boden und jammerte. Das Grauen hatte sie gezeichnet. Schrecklich verzerrt war ihr Gesicht, der Mund verzogen, die Angst leuchtete in ihren Augen, und als Mara ihr die Hand entgegenstreckte, schüttelte sie den Kopf.
»Ich… ich kann nicht. Hört das Grauen denn nie auf?«
»Du mußt stark sein!«
»Stark, was ist das? Ich wollte eine Party feiern. Ja, jetzt habe ich sie, aber mit Toten…«
»Die dir nichts tun.«
Alex zuckte zusammen. »Was sagst du da? Sie tun mir nichts?«
»So ist es. Sie sind tot. Sie leben nicht mehr, begreife das endlich. Sie können uns nichts tun. Der Orlock ist gefährlicher.«
»Ja, ich weiß.«
»Deshalb komm.«
Alex hatte sich entschlossen, die Hand ihrer Freundin zu fassen.
Sie ließ sich in die Höhe ziehen, und als sie stand, schloß sie sekundenlang die Augen.
Mara mußte sie stützen, so sehr zitterte ihre Freundin. »Es ist schlimm, ich weiß, aber da müssen wir durch. Sei froh, daß wir den Orlock ausgeschaltet haben.«
Alexandra nickte mit geschlossenen Augen. Die Lippen hatte sie fest zusammengepreßt. Dann fragte sie: »Und wo sind wir hier?«
»Kannst du dir das nicht denken?«
»Nein, ich…«
»Auf einem Friedhof!«
Erschrocken öffnete Alex die Augen. Sie krallte sich an Mara fest und hätte fast noch in das Fackelfeuer gegriffen, aber Mara hielt die Flamme schnell höher. »Ein Friedhof?«
»Ja, Mädchen. Die verschwundenen Leichen von damals. Irgendwo müssen sie doch sein.«
Alex ging einen Schritt zurück, dann noch einen, und sie bewegte sich wie eine aufgezogene Puppe. »Die Toten«, flüsterte sie, beide Arme anhebend. »Die Toten sind hier. Wir sind umgeben von ihnen. Zeigt euch!« schrie sie plötzlich. »Zeigt euch doch endlich! Ich will euch sehen, auch wenn ihr tot seid!«
»Alexandra!«
Der Schrei nutzte nichts. Alex ließ sich nicht beirren. »Wo sind die Toten? Kommt zu mir!«
Auch Mara verspürte diese kalte Furcht, aber sie besaß bessere Nerven, packte ihre Freundin und schüttelte sie durch. »Reiß dich endlich zusammen, verdammt!«
Alex senkte den Blick. »Ja«, sagte sie leise. »Ja, ich weiß ja Bescheid. Es tut mir leid.« Sie holte saugend Luft und hustete danach.
»Wir müssen weiter, immer weiter. Vorbei an Gräbern, an den Toten, die in den Felsen liegen und vermodern…«
»Ruhig!«
Alex sprach weiter, doch Mara stieß ihr die Faust in die Seite, so daß Alex erschrocken schwieg. »Was ist denn?« fragte sie.
»Du sollst ruhig sein, verflixt!«
»Und weshalb?«
»Weil ich etwas gehört habe.«
»Leben die Toten noch?«
»Unsinn.«
»Der Orlock, nicht?«
»Nein, sei endlich ruhig!« Mara trat mit dem Fuß auf und lauschte. Ihre Freundin hielt jetzt den Mund. So horchten beide hinein in die Dunkelheit des Stollens und warteten darauf, daß sich etwas tat.
Nicht in ihrer Nähe, aber aus der Richtung, in die sie gehen wollten, vernahmen sie das Krachen und Poltern. Auch Knirschen war zu hören, als würde etwas reißen.
Sie wagten nicht, irgend etwas zu sagen, aber als die Geräusche nicht mehr aufklangen, drehte sich Alex zu ihrer Freundin um und wisperte: »Ich kann es mir denken…«
»Und was?«
»Der Gang. Er muß eingestürzt sein.«
Mara starrte sie an. Sie dachte zunächst an eine Ausrede, schließlich nickte sie. »Du hast recht. Er ist eingestürzt.«
Alex verkrampfte die Hände ineinander. Sie drehte an den Fingern, bis die Gelenke knackten. Selbst im rotschwarzen Licht der Fackel sah ihr Gesicht bleich aus. »Was… was machen wir denn jetzt? Wir können doch nicht mehr weiter – oder?«
Mara hob die Schultern.
»Sag es doch!« schrie Alex.
»Ja, wir können nicht mehr weiter. Wir sitzen fest.«
Alexandra
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