0466 - Die Königin von Saba
winkelte er sie an und wollte wieder zurückgehen, als er noch einen letzten Blick auf die Leiche warf.
Steif blieb der Commander stehen!
Der Tote hatte sich bewegt.
Glenn Stark schluckte. Das konnte nicht sein, Schönenbroicher war tot, und Tote können sich nicht bewegen. Er mußte sich einfach getäuscht haben.
Einen kleinen Schritt ging er noch zurück, stützte sich mit einer Hand an der Tür ab und konnte seinen Blick einfach nicht von der Leiche abwenden. Es war der reine Wahnsinn, denn in diesem Moment bewegte sich der Tote abermals.
Durch seine Gestalt rann ein Zucken, als wäre eine andere Kraft dabei, die Kontrolle über ihn zu übernehmen. Der Mund des Commanders öffnete sich, und so blieb er auch stehen, unfähig, sich noch zu bewegen. Was ihm da vorgeführt wurde, war kaum zu fassen, und er sah jetzt genauer hin.
Dabei stellte er fest, daß der Tote sich nicht aus eigenem Antrieb bewegte, sondern bewegt wurde.
Und zwar von innen.
Dort mußte etwas stecken, das ihn antrieb. Er blieb auch auf dem Boden liegen, obwohl sich sein Kopf zur Seite drückte und so liegenblieb, daß der Commander gegen den offenstehenden Mund schauen konnte.
Er sah sogar hinein und erkannte mit Schaudern, daß sich darin etwas bewegte.
Die Zunge?
Nein, sie war es bestimmt nicht. Aus dem Rachen kroch es hervor, glitt über die Zunge hinweg und schaute wie ein neugieriger Wurm nach draußen.
Es war kein Wurm!
Der Commander hatte plötzlich einen trockenen Hals bekommen. Was sich da in einer roten, irgendwie schmutzig erscheinenden Farbe aus dem Mund hervorschob, war der Kopf einer Schlange.
Und es blieb nicht bei der einen. Der Körper des Toten schien mit ihnen gefüllt zu sein, da sich auf einmal die Nase bewegte und die beiden nächsten Schlangen dünn wie Gummi aus den Nasenlöchern hervorkrochen. Auch die Ohren waren vor ihnen nicht sicher, sie fanden zielstrebig ihren Weg und verließen den Toten.
Stark hielt den Atem an. Er schüttelte den Kopf, wischte über seine Augen, als könnte er das Bild so verscheuchen, doch es war kein Irrtum oder eine Halluzination.
Die Schlangen und auch der Tote blieben!
Sie glitten über seinen Körper, waren dünn wie schmale Schläuche, besaßen auch fast die gleiche Farbe und suchten den Weg aus der Kammer.
Der Commander wußte nicht, ob diese Tiere giftig oder harmlos waren, er wollte es auch nicht darauf ankommen lassen. Obwohl er Soldat war, entschied er sich für den Rückzug.
Noch war Zeit genug.
Mit einem hektisch wirkenden Sprung verließ er die Kammer und rammte, bevor noch eine Schlange den kleinen Raum verlassen konnte, die Tür zu. Erst jetzt atmete er auf.
Was ihm in seiner langen Laufbahn als Offizier so gut wie nie passiert war, geschah in diesen Augenblicken. Er begann zu zittern, als hätte man ihn, nur mit einer Badehose bekleidet, in einen Eiskeller gestellt.
Wie ein angeschlagener Boxer wankte er zurück. Sein Gesicht war feucht. Er nahm seine Mütze ab und sah im Innern das ebenfalls naß gewordene Schweißband.
Bisher hatte er Sinclairs Theorien schlichtweg für Spinnereien gehalten. Darüber dachte er nun anders, aber es nutzte ihm nichts. Ihn interessierten auch keine Zusammenhänge, als Commander war er allein daran interessiert, die Schlangen von seinem Schiff zu bekommen.
Aber Wie?
Er spürte seinen Herzschlag, der in der Brust trommelte. Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg.
Die Gedanken schlugen Purzelbäume, er dachte daran, die Schlangen erschießen zu lassen, und wahrscheinlich war das die einzige Möglichkeit.
Er hatte die Truppe im Zug, die Männer würden schon nicht durchdrehen, wenn sie die entsprechenden Befehle bekamen. Was Sinclair dachte und wollte, war ihm egal. Dieses Schiff kommandierte er. Die »Bristol« stand unter seinem Kommando.
Ungewöhnliche Geräusche ließen ihn aufhorchen. Zunächst war es nur ein Kratzen und Schaben, das an seine Ohren drang. Er konnte sich die Herkunft des Geräuschs auch nicht erklären, deshalb durchforschte er die unmittelbare Umgebung, aber dort erkannte er nichts.
Das Geräusch mußte eine andere Ursache haben, und so konzentrierte er sich auf die Laute.
Ja, sie kamen von vorn.
Und da befand sich die Kammer mit der verschlossenen Tür. Über das Gesicht des Mannes huschte ein flüchtiges Grinsen. Er richtete den starren Blick auf die Tür.
Die Schlangen mußten sich von innen dagegenwerfen oder drücken, und die Laute hatten auch Ähnlichkeit mit Kratzen und Scharren von Hunden
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