0467 - Der Nebelmörder
Kontrolleur und grinste dabei.
»Sollte er mir begegnen, rufe ich Sie zu Hilfe.«
»Nee, da beten Sie mal lieber. Den Ausgang kennen Sie?«
»Ja.« Lady Sarah war schon unterwegs. Sie musste noch einen Riegel anheben, um die große Torhälfte aufschieben zu können.
Der Abend war nasskalt und der Nebel noch dichter geworden. Lady Sarah blieb vor der Tür stehen und dachte daran, dass es ihr schwerfallen würde, den Weg zur Toilette zu finden. Aber auf die Begleitung des Knaben hinter ihr wollte sie trotzdem verzichten.
So ging sie allein weiter. Ihre Schuhe hatten zum Glück keine zu hohen Absätze, denn das alte Pflaster bestand aus Katzenköpfen, die unregelmäßig hoch waren und heimtückische Stolperfallen bildeten.
Über dem Eingang des Studios brannten zwei Lampen. Ihr Licht verschwamm sehr bald im Nebel, und Lady Sarah sah nur noch die hellen Flecke, als sie sich umdrehte.
Sie musste zugeben, dass die Kulissenbauer das Mauerwerk fast täuschend echt nachgebildet hatten. Es stieß die Feuchtigkeit ab. Als Lady Sarah mit der Handfläche darüber hinwegstrich, hatte sie im ersten Augenblick tatsächlich das Gefühl, Stein anzufassen. Bei einem Klopfversuch merkte sie aber, dass sie sich hatte täuschen lassen.
Gassen, Winkel, Torbögen, falsche Fassaden - alles verwaschen und verschwommen aussehend, kaum belichtet und wenn, dann gaben die Lampen nur wenig Licht.
In einer Torbogeneinfahrt blieb sie stehen, nicht weit von einem Auto entfernt, das man heutzutage als Oldtimer bezeichnet hätte. Der Wagen war auch nicht echt, aber gut nachgebaut worden. Sie überlegte noch einmal, was ihr der Kontrolleur gesagt hatte, und gelangte zu dem Schluss, dass sie sich nach rechts halten musste.
Dort blickte sie auch in eine Gasse, in der überhaupt kein Licht brannte.
Ein wenig mulmig wurde ihr schon zumute, als sie weiterging und nur von den lautlos dahintreibenden Nebelfetzen begleitet wurde. Sie hörte ihr eigenes Herz schlagen und lauschte auch dem Klang der Schritte nach, obwohl sie sich unwillkürlich bemühte, leise aufzutreten, weil sie niemanden stören wollte.
Kalt und unheimlich wirkten die Hauswände. Die Scheiben sahen nass und blind aus. Nebel kroch an dem Glas vorbei. Manchmal bildete er Figuren, die wie Gesichter wirkten, als würden diese hinter den Scheiben lauern.
Lady Sarah ging weiter. Da die Gasse eine Linkskurve beschrieb, sah sie das schwache Licht erst, als sie den Scheitelpunkt der Kurve erreicht hatte.
Dort wo es brannte, gab es keine Kulissen mehr. Dafür entdeckte sie die Umrisse eines kleinen Hauses, das früher ein Herz in der Tür gehabt hatte, heute aber als fahrbare und chemische Toilette bezeichnet wurde.
Zwei Türen hatte das Klo.
Lady Sarah kannte diese chemischen Toiletten, sie waren nicht gerade das Wahre und für die Umwelt besonders gefährlich. Lady Sarah blieb abrupt stehen, noch bevor sie das Toilettenhäuschen erreicht hatte. Ihr war etwas aufgefallen.
Schritte!
Und es hörte sich an, als würde der Verfolger hinken.
Lady Sarah stand da und lauschte. Die Schritte verstummten. Vielleicht hast du dir sie auch nur eingebildet, dachte sie, aber gewettet hätte sie darauf nicht.
Auf Zehenspitzen ging sie weiter. Immer lauschend, sich auch mal umdrehend und nach einem Verfolger Ausschau haltend.
Es war niemand zu sehen. Außerdem wallte der Nebel so dicht, dass er viel verdeckte.
Aus den tiefhängenden Wolken nieselte es. Der Wind hatte etwas zugenommen, er bewegte auch die Tür der zweiten Toilette. Lady Sarah hörte Geräusche, die von einem verletzten Tier zu stammen schienen.
Es war schon eine gruselige Atmosphäre, von der die Horror-Oma umgeben wurde.
Und dann diese Schritte, die sie nicht vergessen hatte.
Blitzschnell drehte sie sich um - und sah wieder nichts.
Sie schüttelte den Kopf und sagte zu sich selbst: »Ich glaube, Sarah, du suchst dir ein anderes Hobby. Der Horror ist doch nicht das richtige für dich.«
Aber sie wusste auch, dass sie diesen Vorsatz nie in die Tat umsetzen würde.
An der offenstehenden Tür der Herrentoilette vorbei, wollte Lady Sarah zum Damenklo. Da sah sie die Gestalt!
Ein Schrei drang aus ihrer Kehle. Sie ging einen halben Schritt zurück, wartete einige Sekunden ab, schlich wieder vor und warf einen Blick in die Herrentoilette hinein.
Getäuscht hatte sie sich nicht.
Der Mann hing schräg auf der Schüssel. Selbst bei diesen miesen Lichtverhältnissen konnte Lady Sarah sein schrecklich verzerrtes Gesicht erkennen und
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