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0468 - Der Mordgötze

0468 - Der Mordgötze

Titel: 0468 - Der Mordgötze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hatte den Weitgereisten als indianischer Herkunft erkannt. Das störte solange nicht, wie sie nicht die weiteren Hintergründe entdeckte. Aber das würde nicht mehr geschehen. Dafür blieb ihr zu wenig Zeit. Denn Xotopetl war jetzt stärker geworden. In seinen Augen leuchtete es, aber das Leuchten verblaßte sofort, als Yasmin erwachte und ihr erster Blick auf ihn fiel.
    Sie lächelte.
    Der Weitgereiste lächelte zurück. Aber das fiel der neuen Lebensspenderin nicht auf, weil die Holzfigur ständig ›lächelte‹ - beziehungsweise grinsend die Zähne fletschte, wie andere es genannt hätten.
    Xotopetl konnte eben nicht anders, solange der alte Bann bestand, der ihn in diese Figur zwang.
    Aber nicht mehr lange…
    ***
    Kommissar Vittorio Bianchi verstand die Welt nicht mehr. Daß jemand starb, weil ihm das Herz aus der Brust gerissen wurde, war seit der Zeit der alten Mayas kein Geheimnis mehr, die mit ihren blutigen Opferritualen Kriegsgefangene als Opfergabe für den Sonnengott gleich zu tausenden abgeschlachtet hatten. Wie aber das Herz aus dem Körper entnommen werden konnte; ohne diesen Körper äußerlich zu verletzen, konnte ihm auch der Chef der Gerichtsmedizin nach erfolgter Obduktion des Leichnams nicht erklären.
    »Zuerst habe ich wie Sie das für einen üblen Scherz gehalten, Bianchi. Aber als wir dann feststellten, daß dem Körper der Toten das Herz fehlte, wurde mir doch anders! Und jetzt warte ich nur noch auf das Testergebnis, das uns verrät, ob das neben der Toten aufgefundene menschliche Herz der Toten gehört oder einem Fremden.«
    Das Resultat kam. Ein Student, der seit einem Monat sein Praktikum in der Gerichtsmedizin ableistete, kam mit dem Computerausdruck zu den beiden Männern. »Die Zellanalyse, Blutgruppenbestimmung von im Herzen befindlichen Blutresten sowie eine vorerst oberflächliche Genanalyse besagt eindeutig, daß das neben dem Leichnam aufgefundene Herz zu der Toten gehört. Aber können Sie mir sagen, dottore , wie das möglich ist?«
    »Ich hatte gehofft, der superschlaue Kollege Computer würde uns das sagen können, bloß versagt dessen Schlauheit hier wohl ebenfalls«, seufzte Bianchi. »Machen Sie noch einen Anti…«
    »Schon passiert, Chef«, unterbrach der Student den Chefchirurgen. »Der schriftliche Bericht wird gerade abgefaßt, aber ich kann Ihnen jetzt schon versichern, daß es keinen Abstoßungseffekt geben würde, müßten wir dieses Herz in diesen Körper verpflanzen. Darauf wollten Sie doch hinaus, dottore ?«
    Der grinste.
    »Ich mag Mitarbeiter, die denken. Es deutet also alles darauf hin, daß herzloser Leichnam und körperloses Herz zusammengehören, ja?«
    Der Student nickte.
    Bianchi sah den Kommissar an. »Und jetzt erzählen Sie mir doch mal, warum das ein Fall für die Mordkommission ist. Kennen Sie eine Möglichkeit, einen Menschen umzubringen, indem man aus dem unversehrten Körper sein Herz nimmt und es neben die Leiche aufs Bett legt? Meines Erachtens ist das völlig unmöglich, und deshalb kann diese Frau auch nicht ermordet worden sein, weil kein Mörder imstande ist, auf diese Weise zu töten!«
    »Und wie ist es dann geschehen? Durch Zauberei? Hokuspokus? Mann, die Zeit der Hexen und Zauberer ist seit ein paar Jahrhunderten vorbei!«
    »Bianchi, ich kann Ihnen keine Patentlösung bieten«, sagte der Arzt. »Ich staune selbst nur. Gibt es jemanden, der etwas zu dem Vorfall auszusagen hat?«
    »Zu dem Mord!« präzisierte Bianchi grimmig, obwohl der Arzt abwehrend beide Hände hob, weil seine medizinische Wissenschaft ihn dazu zwang, nicht an einen Mord zu glauben. Aber diese Wissenschaft konnte ihm auch keine Ersatzlösung anbieten, und das machte diesen Fall so ungeheuer kompliziert. Der Gerichtsmediziner fragte sich, warum er nicht drei Tage früher Urlaub genommen hatte als geplant. Dann wäre er jetzt schon irgendwo in den USA auf Erlebnis-Trip, statt sich hier über eine Tote den Kopf zu zerbrechen, deren Herz neben dem Körper gefunden worden war.
    Vittorio Bianchi winkte ab. »Es gibt keine Tatzeugen, und das Mädchen, das die Tote gefunden hat, faselt nur etwas von einer Holzfigur und dem Bösen Blick. Können Sie damit was anfangen, dottore ?«
    »Wollen Sie was von Hexerei oder Magie hören, Bianchi?« fragte der Arzt trocken. Verdrossen winkte der Polizist ab. So kam er in diesem rätselhaften Fall keinen Schritt weiter, und wie der Arzt wünschte auch er sich, rechtzeitig Urlaub genommen oder erkrankt zu sein, damit ein Kollege

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