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047 - Die letzten Tage von Riverside

047 - Die letzten Tage von Riverside

Titel: 047 - Die letzten Tage von Riverside Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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ganzes Leben ausgelöscht werden soll. Dein Leben, mein Leben, die Leben unserer Eltern und Großeltern. All die Spuren, die sie und wir hinterlassen haben - sollen sie einfach verwehen? Nein, damit find ich mich nicht ab.«
    »Du willst Familienstammbücher und Fotos in diesem Kasten verstauen?« Eves Stimme klang belustigt.
    »Auch solche Sachen, ja.«
    »Wann bist du denn auf diese Idee gekommen?«
    »Seit Matts Scheidung denke ich darüber nach. Und vorgestern, als wir Liz zum Flugzeug brachten, sagtest du unterwegs: ›Matt schafft es‹. Und als dann diese Kerle auf mich losgingen und ich lebend aus dem Wald zurück zu dir kam, da wusste ich, dass ich es machen würde.«
    »Und was kommt als erstes hinein?« Simon reichte .ihr die Weinflasche über die Schulter. »Diese Flasche, wenn wir sie geleert haben.«
    ***
    San Bernardino Mountains, November 2517
    Aruula schnitt eine reichlich verblüffte Miene, als der Echsenmann hinter ihr die Pranke von ihrem Mund nahm und sie los ließ. Die vier Drakullen gingen auf Matt zu, der wie in Marmor gemeißelt auf dem Stamm hockte. Aber ihre Bewegungen hatten nichts Bedrohliches.
    Drei der Echsenmänner kletterten auf den toten Baum. Blitzschnell ging das. Doch statt Matt zu ergreifen, sprangen sie auf der anderen Seite wieder hinunter und stapften durch das Unterholz auf die Lichtung hinaus. Dort bemühten sich die anderen Drakullen, das Netz von ihren Artgenossen und den getöteten Geiern zu streifen.
    Der vierte Echsenmann blieb vor dem Eichenstamm stehen. Er blickte zu Matt hinauf.
    Seine gelblichen Augen wirkten kalt, seinem schuppigen Schnauzengesicht war keine Gefühlsregung abzulesen. Aber er streckte seinen Schuppenarm zu Matt hinauf. »Eya, Weichhaut! Hilfe dir runter.«
    Grunzen und Schnalzen begleitete fast jede Silbe. Dennoch verstand Matt die englischen Worte. Ein kehliges, gepresstes Englisch.
    Vielleicht war es der Schock darüber, seine Muttersprache aus dem Reißzahn-Rachen der Echse zu hören, die ihn ihre ausgestreckte Klaue ergreifen ließ. Neben dem Drakullenmann kam er auf. Der nickte, klopfte an seine Brust und sagte: »Zchonni.« Dann deutete er auf Matt. »Und Weichhautmann?«
    »Matthew Drax.«
    »Drax?«
    »Maddrax.«
    Der Echsenmann nickte. »Eya, Maddrax.« Er wandte sich zu Aruula um. »Weichhautfrau?«
    »Aruula.«
    »Aruula«, wiederholte der Echsenmann.
    »Maddrax und Aruula, eya.« Seine Klaue zeigte auf Aruula. »Wollte Geschrei. Hätt die Fiederzeug Vertreibung.« Er stemmte die Fäuste in die Hüften. Ein schwarzer Lederharnisch bedeckte Brust und Rücken, eine knielange schwarze Lederhose die mächtigen Schenkel. Die Zwillingsklinge trug er in einer Lasche auf dem Rücken. Er blickte auf die Lichtung, wo seine Gefährten das Netz zusammenrollten und die Geier auf je zwei Baumstämme banden. »Zufriedenheit, was?«
    Matt brummte etwas, das nach Zustimmung klingen sollte und wohl auch klang, denn der Reptilienmensch namens Zchonni nickte und schlug mit der rechten Faust auf den Eichenstamm. »Eya, eya!«
    Aruula schlich näher, Misstrauen im Blick.
    Vorsicht, Maddrax, schienen ihre Augen zu rufen. Genau wie ihr Gefährte traute sie ihren Augen und Ohren nicht. Drakullen, die freundlich mit ihnen plauderten? Die sie nicht aufschlitzten, die nicht nach Herz und Leber gierten, sondern einfach vorbeigingen, weil sie Wichtigeres zu tun hatten? Ausgeschlossen. Oder?
    Matt räusperte sich. »Was, äh… was tut ihr hier?«
    »Auf Weg zum Meer. Und ihr, Maddrax und Aruula?«
    »Wir wollen auf die andere Seite der Berge.«
    Trotz der unmittelbaren Nahe des Echsenmannes entspannte Matt sich etwas.
    Zchonni blinzelte ihn an. Matt glaubte eine Frage in seiner starren Miene zu lesen. Und dann sagte der Echsenmann. »Dein Weg unser Weg, eya?«
    ***
    Riverside, Kalifornien, 24. Dezember 2011
    Simon versenkte die Sofortbildkamera in seiner Manteltasche. Um eine Hand frei zu haben für die Hände, die sich ihm ständig entgegen streckten. »Fröhliche Weihnachten!«, tönte es von allen Seiten. Artig bedankte er sich und erwiderte die frommen Wünsche.
    Es war ein paar Jahre her, dass er zuletzt eine Kirche von innen gesehen hatte. Dunkel erinnerte er sich: auch ein Weihnachtsfest. War es in dem Jahr, als Matt und Liz geheiratet hatten? Oder ein Jahr später, 2002? Gleichgültig. Danach jedenfalls begannen sich die Religionskriege am Horizont abzuzeichnen, und nicht einmal Eve konnte Simon Drax, Captain der US Air Force und Flugkapitän der NORTH WEST

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