0470 - Die blutrote Nacht
Gefängnisse besaßen nicht unbedingt den allerbesten Ruf…
***
»So ist das also«, sagte Marin Careio drei Stunden später, als auch die letzte Telex-Auskunft vor ihm auf dem Schreibtisch lag und bestätigte, was Zamorra gesagt hatte. Überstunden schienen dem gepflegt gekleideten Mann, der von allen äußerst höflich gegrüßt wurde und der demzufolge ein recht hohes Tier der Rio-Polizei sein mußte, nicht viel auszumachen. Er ließ sich Zeit.
Was sich nicht amtlich hatte klären lassen, war Teris Identität. Beide Pässe ließen in keinem Detail erkennen, daß sie nicht von einer britischen Behörde ausgestellt worden waren, glichen sich wie ein Ei dem anderen und wirkten absolut echt - eine Unmöglichkeit für einen normalen Menschen, wie es Marin Careio war.
»Es wird sich wohl nicht umgehen lassen, wenn du ein bißchen aus dem Nähkästchen plauderst und glaubhaft demonstrierst, Teri«, seufzte Zamorra. »Sonst bist du wegen Paßvergehen dran und darfst dich in ganz Brasilien nie wieder sehen lassen, auch wenn dich kein Gefängnis dieser Welt festhalten kann…«
»Wie darf ich das verstehen?« erkundigte sich Marin Careio mißtrauisch, der im nächsten Moment seinen eigenen Augen nicht mehr über den Weg traute, nur waren da noch zwei weitere Beamte mit im Zimmer, die Stein und Bein schworen, dasselbe gesehen zu haben wie ihr hochrangiger Vorgesetzter: daß dieses goldhaarige Mädchen in der einen Sekunde noch in der rechten Ecke des Raumes gestanden hatte, einen Schritt begann und ihn im gleichen Augenblick in der linken Zimmerecke ausführte! Und dabei leuchteten ihre an sich schon unnatürlich schockgrünen Augen, welche Careio für farbige Kontaktlinsen gehalten hatte, unwahrscheinlich hell auf.
Sekunden später befand sie sich da nicht mehr. Statt dessen klopfte es draußen an der Tür, und als einer der maßlos verblüfften Beamten öffnete, trat Teri Rheken freundlich lächelnd vom Korridor her ein! Teri gab noch einige weitere Kostproben ihres paranormalen Könnens, und als ein völlig echter Dienstausweis auf Careios Schreibtisch lag, der Teri als Polizistin auswies, winkte der Brasilianer verzweifelt ab. »Es reicht jetzt mit den Tricks! Wie machen Sie das? Mit Hypnose?«
»Nein.« Teri ließ sich ihm gegenüber wieder im bequemen Ledersessel nieder. »Meinetwegen können Sie noch Mediziner und Psychologen, am besten aber Parapsychologen hinzuziehen…«
»So wie Senhor Zamorra einer ist?«
Teri nickte. »Ich sehe wie ein Mensch aus, aber ich bin eine Silbermond-Druidin. Meine Vorfahren stammen nicht von dieser Welt.«
»Und das soll ich glauben?«
»Sie können es lassen. Sie können auch versuchen, mich wegen Paßfälschung und anderer Dinge anzuklagen, aber wie Zamorra schon erwähnte - niemand wird mich festhalten können. Die Ausweise sind ohnehin nur Illusion.«
Im nächsten Moment gab es sie auf Careios Schreibtisch nicht mehr.
»Ich muß Sie trotzdem in Gewahrsam…« Er unterbrach sich und winkte heftig ab. »Hat ja keinen Zweck… können Sie mit Ihren unheimlichen Tricks auch Menschen töten?«
Teri zuckte mit den Schultern. »Ich hatte noch nie das Verlangen, es auszuprobieren…«
»Aber basiert der… ich glaube, aus der Zeit der Kelten stammende Druidenkult nicht auf Menschenopfern?«
Teri winkte ab. »Zu den keltischen Druiden habe ich nie gehört, sondern zu denen vom Silbermond, und was über die keltischen Druiden gemunkelt wird, stammt von den Römern, denen diese Menschen mit ihrem überragenden Wissen und Können unheimlich waren. Im Mittelalter hätte man sie wohl aus dem gleichen Grund als Hexer verbrannt. Was man nicht verstehen kann, vernichtet man, das war schon immer der Grundsatz der Herrschenden unter euch Bewohnern dieses Planeten. Von den keltischen Druiden selbst gibt es keinerlei Aufzeichnungen, so daß alles nur Spekulation und römische Propaganda ist… wollen Sie mich nun vor ein Gericht bringen oder nicht?«
»Nur wenn ich Ihnen eine Straftat nachweisen kann«, seufzte Careio. »Aber ich fürchte, bei Ihren Tricks wird mir das ziemlich schwer fallen…«
»Wir könnten statt dessen auch zusammenarbeiten«, schlug Zamorra vor.
»In welcher Art?« fragte Careio schnell. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Das Zimmer, in dem Sie uns aufgegriffen haben - und in das wir auf dieselbe Weise hinein gekommen sind, wie Teri es Ihnen vorhin demonstriert hat -, war doch nicht umsonst vorübergehend versiegelt. Sie selbst sprachen von einem Mörder. Ich
Weitere Kostenlose Bücher