0474 - Nummer 1 wird abserviert
wahr?«
Sie lächelte ihn an. Sie trug eine Menge Gold im Gebiß und riesige Ohrringe. Ihr Make-up war so dick aufgetragen, daß es die Falten verdeckte, aber ihre Figur wirkte jugendlich, in Form gehalten von Massagen, Gymnastik und einer strengen Diät.
»Wollen Sie mich nicht ans Steuer lassen?« fragte sie.
»Später, Mrs. Handle«, antwortete Serrer höflich. »Ich möchte uns nur aus dem Verkehrsgewühl heraussteuern. Zwischen fünf und sechs Uhr tobt hier die Hölle.«
Sie lachte eine leicht schrill klingende Tonleiter hinauf. »Darum hat Mr. Cashett mir gerade diese Stunde vorgeschlagen. Ich soll einen Wagen auch unter den schwierigsten Bedingungen beherrschen lernen.« Sie sah sich in dem Auto um. »Was ist das für ein Fahrzeug?«
»Ein Rambler.« Serrer hielt den Blick geradeaus gerichtet. Georgia Handle rümpfte die Nase. »Ein Kompaktwagen. Mr' Cashett irrt, wenn er annimmt, ich würde für eine Fahrstunde in diesem Schlitten den Cadillac-Preis bezahlen.« Plötzlich schlecht gelaunt fragte sie bissig: »Warum kommt Mr. Cashett nicht selbst?«
»Verhindert«, knurrte Serrer.
»Warum schickt er mir dann wenigstens nicht einen Fahrlehrer mit dem Cadillac?« .
»Der Cadillac hat einen Getriebeschaden.« Serrer wandte den Kopf. Er grinste die Frau so entfesselt an, daß sie erschrocken zurückfuhr. »Falls Sie wissen, was ein Getriebe ist, Madam.«
Er steuerte den Rambler zur Straßenmitte, wartete eine Lücke im Gegenverkehr ab und bog in eine kurze Stichstraße ein, die sich vor der Rückfront eines Fabrikbaues totlief. Vor der fensterlosen Mauer stand ein Lastwagen, dessen Ladetür offen stand.
»Was sollen wir hier?« fragte Georgia Handle.
»Die Plätze wechseln«, log Serrer und stoppte den Rambler unmittelbar hinter dem Lieferwagen. »Steigen Sie aus, Mrs. Handle.«
Sie griff nach der Tür und wandte dem Mann den Rücken zu. Es war ihre letzte, bewußt vorgenommene Handlung.
Serrer ließ den kurzen Totschläger fallen und fing die Zusammensinkende auf. Er ließ sie auf den Sitz fallen, stieg aus und öffnete die Tür auf der anderen Seite. Dann hob er die Frau auf, trug sie zum Laster, ließ den Körper in den Laderaum rollen und schlug die Tür zu. Schnell lief er um den Laster herum. Der Schlüssel stak im Zündschloß. Serrer startete deti Lieferwagen. Er steuerte ihn aus der Stichstraße hinaus und fuhr in der Richtung, aus der er gekommen war, bis zu einem kleinen Platz, dessen Mitte zu einer bescheidenen Grünanlage ausgebildet war.
Der Mann mit dem bleichen spitzen Gesicht stieg aus und ging um den Lieferwagen herum. Er öffnete die Ladetür, kletterte hinauf und zog sie von innen zu.
Er blieb fünf Minuten im Laderaum des Wagens. Als er wieder auf tauchte, hatte sich nichts an ihm verändert. Er verschloß die Ladetür sorgfältig, stieg wieder ins Fahrerhaus und zündete sich eine Zigarette an. Er klemmte sie zwar zwischen die Lippen, aber er rauchte nicht, sondern starrte vor sich hin ins Leere und ließ die Zigarette verqualmen.
Vielleicht wäre einem Beobachter jetzt aufgefallen, daß etwas Ungewöhnliches, Unheimliches im Benehmen des Mannes lag, aber niemand achtete auf den Lieferwagen.
Der Rauch der Zigarette stieg Jack Serrer in die Augen. Er kurbelte das Fenster hinunter, spuckte die Kippe aus und ließ den Motor anspringen.
Wenig später stoppte er den Lieferwagen vor einem Mietblock. Ein junger Mann löste sich aus dem Hauseingang.
Er war einfach gekleidet.
»Hallo, Mr. Serrer«, grüßte er. Der angebliche Fahrlehrer rutschte auf den Beifahrersitz. Der Junge klemmte sich hinter das Steuer. Er spuckte sich in die Hände. »Bin jedesmal ganz aufgeregt, wenn ich den Schlitten übernehme«, sagte er lachend.
»Ah, Sie schaffen es leicht, Dean«, antwortete Serrer. »Heute nehmen wir eine besonders harte Strecke. Fahren Sie auf die 4. Avenue zu.«
Vorsichtig ließ der Schüler den Laster anrollen. Er konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit auf die Bedienung des Wagens und auf den Verkehr. Von der grausigen Fracht, die der Laster barg, ahnte er nichts.
***
Die Fahndung nach Henry Glyde lief. Sein Steckbrief mit der Reproduktion eines Bildes, das wir in seiner Wohnung gefunden hatten, hing in allen Polizeirevieren. Seine Kleidung, sein Körperbau, die Farbe seiner Schuhe wurden genau beschrieben. Es ereigneten sich im Laufe von zehn Tagen mehrere Fälle, in denen Leute verhaftet wurden, die Henry Glyde ähnlich sahen. Sobald wir uns, die Pechvögel genau angesehen
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