0475 - Meine Totenbraut
dich diese Frau geleimt.«
»Abwarten.«
»Glaubst du noch immer, daß sie dich heiraten will?«
Ich fuhr in eine Kurve und mußte vom Gas. »Heiraten nicht unbedingt. Sie will doch nur das vollenden, was sie damals mit Hector de Valois angefangen hat.«
Suko mußte lachen. »Wenn ich daran denke, daß du möglicherweise für die Sünden eines Hector de Valois büßen solltest, wird mir ganz anders zumute.«
»Das wird sich herausstellen.«
Wir fuhren noch auf einer Hauptstraße, die die beiden Städte Avignon und Arles verband. Laut Karte mußten wir bald abbiegen. Suko sagte mir dann schon Bescheid.
»An der nächsten Kreuzung mußt du nach links.«
»Okay.«
Der Himmel war wolkengrau. Was dort oben hertrieb, erinnerte mich an gewaltige Berge, die mit Schnee gefüllt waren. Im Osten und weit am Horizont zeichneten sich die verschneiten Berge ab.
Ich wunderte mich über den Verkehr und auch darüber, wie die Leute fuhren. Da dachten manche Lastwagenfahrer daran, allein auf der Straße zu sein.
Manchmal wurden wir laut hupend überholt.
»Links ab!«
Ich hatte das Straßenschild bereits gesehen und auch den Namen Les Baux gelesen. Auf der Karte war der Ort nur als kleiner Kreis eingezeichnet, wie auch Alet-les-Bains weiter westlich, wo sich die Gruppe der Templer konzentriert hatte und das silberne Skelett des Hector de Valois in der Kathedrale der Angst seinen Platz gefunden hatte. Ob eine Verbindung zur Totenbraut bestand, wußten wir nicht.
Wir brauchten nicht mehr als zehn Kilometer zu fahren, um den Ort zu erreichen.
Les Baux präsentierte sich uns inmitten einer hügeligen Landschaft, die sehr idyllisch aussah. Die Häuser standen nicht, wie mit dem Lineal ausgerichtet, man hatte sie an den Hängen gebaut und auch an der Straße. Zumeist bestanden sie aus grauen Steinen. Auf einigen Dächern lag noch eine helle Schneeschicht.
Da die Ortseinfahrt etwas höher lag, bekamen wir einen sehr guten Blick über das Land. Zwischen mehreren Hügeln sahen wir auch einen blaugrünen, runden Fleck.
Ein See!
Und nicht weit entfernt, quasi über der Wasserfläche liegend, stand das Schloß wie ein Beobachter aus Stein, der nicht nur auf den See blickte, sondern auch auf den Ort.
»Halt mal an, John!«
Ich stoppte am Straßenrand. Beide stiegen wir aus und hielten unsere Gesichter gegen den Wind, der hier ziemlich stark wehte. Suko deutete zum Schloß. »Sieht das unbewohnt aus?« fragte er.
»Eigentlich nicht.«
»Es wirkt auch nicht zerfallen.« Er tippte mich an. »Ich glaube, deine Totenbraut hatte recht. Da wird sich möglicherweise noch etwas tun.«
»Aber keine Hochzeit mit mir.«
»Wäre mal was Neues«, meinte Suko.
»Willst du mich nicht vertreten?«
»Ich werde höchstens dein Trauzeuge sein.«
»Nein, da nehme ich nur Geister.« Mein Blick fiel auf die Uhr. »Wir sollten nicht zu lange hier herumstehen. Ich möchte das Schloß noch im Hellen sehen.«
»Dann komm.«
»Aber nicht direkt zur Burg. In Les Baux bekommen wir sicherlich bessere Informationen.«
Der Ort wirkte verschlafen. Es war einfach zu kühl. Die Menschen hielten sich in den Häusern auf.
Über den Kaminöffnungen sahen wir dünne Rauchfäden.
Es gab auch zahlreiche Geschäfte, Häuser mit Hinterhöfen, Restaurants und Bistros. Vor einem Friseurladen stand der Meister und schaute gegen den trüben Himmel, als würden von dort Kunden kommen.
Ich hielt neben ihm. Neugierig kam er näher. Er war klein, dunkelhaarig, und als Manneszierde wuchs auf seiner Oberlippe ein dunkler Schnauzbart.
»Sie sind fremd«, sagte er sofort.
»Oui, Monsieur, und wir möchten zum Château Dufour.«
Er hob die Augenbrauen, so daß sie zwei Bögen bildeten. »Sind Sie von der Baufirma.«
»Natürlich.«
»Dann sagen Sie mal Ihren Leuten, daß sie sich mit dem Umbau beeilen sollen.«
»Wie weit sind sie denn?«
»Keine Ahnung, ich war lange nicht mehr oben. Aber im Frühjahr sollen die ersten Gäste kommen. Man will aus der Burg ein Romantik-Hotel machen. Was rede ich, das wissen Sie ja.«
»Klar, nur möchten wir gern den direkten und schnellsten Weg zur Burg wissen.«
»Das geht in Ordnung.« Er sprach sehr schnell, so daß ich mich konzentrieren mußte, um ihn zu verstehen. Wir bedankten uns recht herzlich und fuhren ab.
Der Weg führte in Serpentinen den Hügel hoch. Schneereste begleiteten uns. Je höher wir kamen, um so größer wurden sie. Zudem blies ein kalter Wind, der mit den kahlen Zweigen der Laubbäume spielte und auch
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