0479 - Die Nacht der bösen Angela
hinter dem parkenden Wagen hochgeschnellt.
Ich kam nicht mehr zur Seite.
Hart sprang sie mich an.
Die Schaufensterscheibe, dachte ich nur noch, und im nächsten Augenblick klirrte es schon…
***
Wenn ein Stuntman durch eine Scheibe springt, ist diese präpariert, dem Akteur passiert nichts, aber hier war es anders.
Als es klirrte, fielen bereits die Scherben.
Es gibt Momente, wo man einfach Glück braucht. Ich hatte dieses Glück, daß ich praktisch unter der Vampirin lag, sie sich auf mich stemmte und mit beiden Händen gegen meine Schulter drückte.
Durch diese Haltung hatte sie den größten Teil der Scherben abfangen können.
Auch ich spürte Blut im Gesicht, wo mich Glas erwischt hatte. Mit einem Seitenblick stellte ich fest, daß wir beide in den Auslagen eines Elektrogeschäfts gelandet waren. Ich hatte einige Radios, Recorder, Toaster und einen tragbaren TV-Apparat umgeschlagen.
Mein Blut machte die böse Angela rasend. Sie wurde zu einer regelrechten Furie, hackte mit dem Kopf wie ein Specht und hielt ihr Maul weit offen, damit sie mir die Zähne in den Hals schlagen konnte.
Ich hörte sie fauchen und gleichzeitig kreischen. Lange Fingernägel rissen in meine Kleidung. Angela roch nach brackigem Wasser, nach Moder, Sumpf und verfaultem Fleisch.
Ich drehte den Kopf zur Seite. Der erste Biß verfehlte mich. Als sie zum zweitenmal zubeißen wollte, hielt ich einen Toaster in der linken Hand und hämmerte ihr den über den Kopf. Damit erreichte ich nicht viel, sie verspürte keine Schmerzen, aber sie kam wenigstens nicht zu einer zweiten Aktion.
Ich hätte ja gern die rechte Hand gebraucht, denn in der hielt ich die Beretta. Nur war dieser Arm durch das Gewicht der Blutsaugerin eingeklemmt.
Plötzlich schnellte sie hoch und gab mich praktisch frei. Ich wunderte mich nicht länger, als ich sah, was sie vorhatte. Als Vampirin konnte sie auch eine Spiegelscherbe anfassen, ohne daß sie an den Verletzungen starb.
Ausgerechnet die größte hatte sie sich ausgesucht. Mit beiden Händen hielt sie die Scherbe fest, die wie ein unten spitz zulaufender Eiszapfen aussah.
Und den wollte sie mir in die Brust rammen!
Im Bruchteil einer Sekunde nahm ich das Bild wahr und prägte es mir ein. Diese hochaufgerichtete Gestalt mit dem fast nackten Oberkörper, das verzerrte, katzenhafte Gesicht, den weit aufgerissenen Mund, die beiden spitzen Zähne und die graue Haut.
Dies zusammen mit der Spiegelscherbe zeichnete ein Bild des Schreckens.
Ich schoß, und die böse Angela wurde in die Höhe gewuchtet. Sie stand auf den Zehenspitzen, und ich rollte mich zur Seite, denn die Blutsaugerin hatte nicht mehr die Kraft, um die Scherbe zu halten. Das Glas traf die Verkleidung eines Fernsehapparates und zerklirrte.
Ich stand bereits neben dem Fenster, als die böse Angela zusammenbrach. Mit den Beinen hing sie noch im Fenster, und dort begann auch der Prozeß der Verfaulung.
Es ging sehr schnell, und es sah so aus, als hätte man der Haut die Feuchtigkeit entzogen. Das, was von ihr übrigblieb, erinnerte an in der Sonne getrockneten Lehm, über dem leichte Rauchschwaden schwebten und sich mit dem Nebel vermischten.
Mir war wieder bewiesen worden, wie schnell Schönheit vergehen konnte. Manche bezeichneten sie auch als Blendwerk des Teufels, doch zu diesen Personen zählte ich nicht.
Auch in meiner Kleidung steckten einige Scherben. An der rechten Gesichtsseite blutete ich ebenso wie an der Stirn. Das war nicht tragisch. Ich hatte den Fluch der bösen Angela gelöscht, aber den Fall noch nicht gelöst.
Wo befand sich Baphometh?
In der Gasse sah ich ihn nicht. Ich dachte an den Templer. Vielleicht hatte mich die böse Angela bewußt in die enge Straße gelockt, um Baphometh freie Bahn zu verschaffen.
Mit Riesenschritten rannte ich den kurzen Weg zurück und sah die einsame Gestalt mitten auf der Fahrbahn liegen. Es war mein Freund und Begleiter Abbé Bloch. Er regte sich nicht. Ich hatte Herzbeklemmungen, als ich auf ihn zulief. Auf halber Strecke hörte ich das Brausen in meinem Rücken und wurde gleichzeitig von einem feurigen Schein umspielt, der den Nebel rötete.
Ich wirbelte herum.
Meine Augen wurden groß, denn ich erlebte die gewaltige Kraft der vier Horror-Reiter…
***
Die Hufe ihrer Pferde trommelten nicht über den Boden. Die AEBA-Dämonen hatten ihre magischen Kräfte voll ausgespielt und jagten auf ihren Tieren durch die Luft. Sie wirkten wie ein gewaltiges Gemälde, als sie über mir vorbeizogen.
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