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048 - Die Bande des Schreckens

048 - Die Bande des Schreckens

Titel: 048 - Die Bande des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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und einen vierrudrigen Kahn für eine Ausflüglergesellschaft fertig machen, die jeden Augenblick eintreffen konnte. Nora war sehr hübsch, eine zarte, zierliche Erscheinung - rote Lippen, graue Augen, ein sanftes Lächeln.
    »Zu Fuß ist es ein weiter Weg«, betonte er, um den Dienst, den er ihr anbieten wollte, besonders hervorzuheben. »Wenn Sie über die Brücke kommen, müssen Sie rechts abbiegen, dort, wo das Kriegerdenkmal steht - es ist ein weiter Weg. Ich glaube, es ist besser, wenn ich Sie den Fluß hinaufrudere, Ma'am.«
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar.«
    Er hielt sie für die Frau irgendeines vornehmen Mannes. Sie war kein Backfisch mehr, ihr Benehmen verriet Reife und Selbstbewußtsein. Tatsächlich war Nora Sanders bereits zweiundzwanzig, und wenn sie sich im allgemeinen über ihr Alter auch keine Sorgen machte, dachte sie doch manchmal mit leisem Bangen an die langsam näherrückenden Dreißig. Das Ledigsein störte sie eigentlich nicht, denn Heirat war doch nur ein Sprung auf ein anderes Geleise, vielleicht auf ein viel schlechteres. Viel mehr als solche Dinge bedrückte sie ihre Stellung als Gesellschafterin und Sekretärin einer sechzigjährigen Dame, deren scharfe Glossen und pointierten Bemerkungen sie tagein, tagaus über sich ergehen lassen mußte.
    Während Harry die Ruder herbeiholte, schaute sie über den Fluß. Das gleichmäßige Getöse des Wehrs wirkte angenehm gedämpft und beruhigend. Die Turmuhr der Marlow-Kirche schlug drei Uhr. Eine Viersitzermannschaft kam in schneller Fahrt stromab gerudert.
    Harry brachte das Boot längsseits an den Schleppweg, und sie stieg ein. Sobald sich das Boot stromaufwärts in Bewegung setzte, wurde er gesprächig.
    »In diesem Flußloch ist eine Forelle, die größte in dieser Gegend. Manche behaupten, sie sei über dreißig Jahre alt. Schon oft wurde versucht, sie zu fangen, aber sie hat schon mehr Angelgerät mit sich weggezogen als irgendein Fisch sonst. Sie können sie heute abend sehen, wenn sie ein Viertel vor acht zur Fütterung hochkommt.«
    Sie ließ ein höfliches Interesse erkennen. Unter dem ›Loch‹ verstand er eine sehr tiefe Stelle im Flußbett. Doch Harrys Glanznummer sollte noch kommen.
    »Das dort ist Sheltons Boot«, sagte er und wies mit einer Kopfbewegung auf ein von der Witterung stark mitgenommenes Fahrzeug, das vor dem Rasenplatz eines unbewohnten Hauses festgemacht war. Das große Motorboot, einst schmuck und weiß, sah jetzt verrostet und ungastlich aus. Sie wußte nicht, wer Shelton war, und während sie noch überlegte, um wen es sich handeln könnte, gab Harry ein abschreckendes Detail seiner Biographie zum besten. »Shelton wurde gehängt, weil er einen Polizisten erschoß. Er war der größte Urkundenfälscher, den die Welt kannte, sagen die Zeitungen -aber man kann den Zeitungen nicht glauben. Sie behaupteten auch, Marlow wäre im Frühjahr überschwemmt gewesen, dabei kam das Wasser kaum über den Flußweg!« Verwundert schaute sie erst auf ihn, dann auf das berüchtigte Boot.
    »Gehängt?«
    Harry nickte so, als ob er das Urteil selbst gesprochen hätte.
    »Dort liegt Sheltons Boot - und hinter der Biegung ist Mr. Monkfords Haus!«
    »Ist das ein Zufall?« fragte sie.
    »Offenbar. Ganz Marlow sprach darüber. Shelton besaß früher ein Landhaus hinter Temple, wo er allein lebte. Dieses Motorboot enthielt eine kleine Druckerpresse. Viele der Kreditbriefe, auf die Geldleute in aller Welt hereinfielen, sind in der Kabine der ›Northward‹ hergestellt worden. Das stimmt aber nicht - ich meine den Zufall. Nachdem man Shelton gehängt hatte, wurden das Landhaus und das Boot verkauft. Ein Mann namens Finney kaufte das Boot und verkaufte es später an einen anderen Herrn.«
    »Aber was hat Mr. Monkford mit alledem zu tun?« fragte sie, denn ihr Interesse war geweckt.
    »Er hat Shelton an den Galgen gebracht«, erklärte er feierlich. »Er und Mr. Long, der berühmte Detektiv. Er ist jetzt dort bei ihm, denn ich habe ihn heute nachmittag im Kahn herumrudern sehen.«
    Sie kannte Joshua Monkford als Bankier. Seine Person bildete das häufigste Gesprächsthema von Miss Revelstoke, denn sie hatte schon ein Konto bei ihm gehabt, als er noch Leiter einer Zweigstelle der Southern Bank gewesen war. Durch angeborenes Talent arbeitete sich Mr. Monkford empor. Er brachte es zum Hauptgeschäftsführer der Southern Bank und zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Bankiervereinigung.
    »Er und Wetter Long«, wiederholte Harry mit großer

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