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048 - Die Bande des Schreckens

048 - Die Bande des Schreckens

Titel: 048 - Die Bande des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Bestätigung beantragen darf. Der größte Teil ist flüssig, Sie erhalten nach den Testamentsbestimmungen eine Million zweihunderttausend Pfund sofort ausgezahlt.«
    »Der schlaue alte Fuchs! Er war also doch in Sie verliebt!« Miss Revelstokes schwarze Augen schienen das Mädchen durchbohren zu wollen.
    »Aber - aber...«, stotterte Nora hilflos.
    Der Arm der alten Dame legte sich um ihre Schultern - sie zuckte zusammen, denn die unverhältnismäßige Kraft dieses Armes erschreckte sie.
    »Gehen Sie hinauf, legen Sie sich hin! Ich werde mit Henry über das Vermächtnis sprechen. - Kommen Sie, meine Liebe, erst will ich Sie hinaufbegleiten...« Sich zum Anwalt zurückwendend, sagte Miss Revelstoke: »Man kann sich denken, daß sie ihr Glück nicht fassen kann.«
    Die Tür ihres Zimmers schloß sich, und Nora Sanders blieb allein mit ihren Gedanken. Zwei Millionen Pfund! Es klang unglaublich. Sie meinte aus einem verrückten Traum zu erwachen und schaute sich im Zimmer um. Nichts hatte sich verändert, alles befand sich am gewohnten Platz, der Schrank, der kleine Schreibtisch, über dem das Bild ihres Vaters hing, das offene Fenster... Nur - dort unten, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, stand ein Mann! Er hob die Hand und grüßte hinauf. Ihr Herz schlug schneller. Es war der Wetter Long. Er legte den Zeigefinger an den Mund, deutete auf die Straße und streckte dann drei Finger in die Höhe. - Drei Uhr! Sie schaute auf ihre Uhr. Es war jetzt halb zwölf. Sie nickte. Aber wo?
    Er hielt eine Zeitung unter den Arm geklemmt, die er nun hervorzog und entfaltete. Dabei zeigte er auf ein ganzseitiges Inserat, das seit einigen Tagen in allen Zeitungen erschien. Es war die Anzeige eines Ausverkaufs bei Cloche.
    Sie nickte. Wieder legte er den Zeigefinger an die Lippen. Sie verstand - sie sollte darüber nicht mit Miss Revelstoke sprechen.
    Er winkte mit der Hand und entfernte sich. Die Leute auf der Straße schienen von den seltsamen Zeichen wenig Notiz genommen zu haben.
    Die Glocke zum Essen ertönte, sie ging hinunter. Als sie durch die offenstehende Tür in den Salon trat, kam sie gerade zurecht, um Miss Revelstokes kräftige Auslassungen über französische Seebäder zu vernehmen. Sie war nicht über das, was sie hörte, sondern über das, was sie sah, vielmehr nicht sah, erstaunt. Seit dem Abend, als Arnold Long sie besucht hatte, war sie nicht mehr im Salon gewesen. Sofort fiel ihr auf, daß über dem Kaminsims ein anderes Ölgemälde hing, nicht mehr das schmeichelhafte Jugendbildnis ihrer Herrin, das vor der Abreise nach Heartsease dort seinen Platz gehabt hatte.
    Miss Revelstoke bemerkte den Blick.
    »Ich wollte das Bild schon längst wegnehmen. Gott sei Dank, daß es endlich geschehen ist. Es war mir eine ständige Mahnung an mein hohes Alter. - Liebe Nora, wir haben über Ihr großes Glück gesprochen. Ich wünsche, daß Sie vernünftig sind und Mr. Henry bevollmächtigen, Sie zu vertreten.« Daß sie einen Anwalt brauchte, konnte Nora Sanders noch kaum fassen. Sie mußte lächeln.
    »Ich verstehe wahrhaftig nicht, warum mir Mr. Monkford sein Geld hinterlassen hat. Es ist einfach nicht zu glauben.«
    »Er hätte es in schlechtere Hände geben können.« Miss Revelstoke schritt voraus ins Arbeitszimmer. »Der arme Joshua war seltsam. Aber in diesem Fall hat er meiner Meinung nach sehr vernünftig gehandelt. Er war in Sie verliebt, Nora. Selbstverständlich war er das! Und darin verriet er ausgezeichneten Geschmack.«
    Auf dem Schreibtisch lagen zwei handgeschriebene Schriftstücke.
    »Unterzeichnen Sie auf der punktierten Linie!« sagte Mr. Henry, indem er eine Redewendung zitierte, die in einem amerikanischen Lustspiel vorkam, das seit kurzem aufgeführt wurde. »Das erste ist eine formelle Erklärung Ihrer Zuständigkeit, das zweite ein Brief, der mich bevollmächtigt, für Sie zu handeln. Eine weitere Vollmacht werden Sie noch vor einem Richter unterschreiben müssen. Vorläufig wird dieser Brief genügen. Mit der Unterzeichnung haben Sie die Hälfte Ihrer Sorgen und Zweifel auf mich übertragen.«
    Sie setzte sich an den Schreibtisch und nahm zögernd den Federhalter in die Hand. Man verlangte von ihr, etwas Entscheidendes zu tun. Ihr war, als ob sie durch diese Unterschriften etwas forderte, worauf sie keinen moralischen Anspruch hatte.
    »Muß ich das jetzt gleich unterschreiben? Ich bin so verwirrt, daß ich mir kaum vergegenwärtigen kann, was geschieht. Hat es nicht bis heute abend Zeit, bis ich

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