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048 - Die Bande des Schreckens

048 - Die Bande des Schreckens

Titel: 048 - Die Bande des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ihn in das Taxi setzte, das auf der Straße wartete.

36
    Miss Revelstoke hatte einen höchst ungemütlichen Vormittag verlebt. Sie war ihrer Sekretärin beraubt worden zu einer Zeit, als ihre Korrespondenz besonders umfangreich zu werden versprach. Sie mochte die Briefe nicht öffnen, die auf ihrem Schreibtisch aufgehäuft lagen. Die meisten waren ›Eingeschrieben‹, fast alle ›Eilig‹, sie enthielten Mahnungen, denn die Hausherrin hatte schon seit Monaten den Rechnungen keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Ihre finanzielle Lage war seit einiger Zeit nicht gerade rosig. Sie hatte Aktien mit Verlust verkaufen müssen, um ihre großen Ausgaben decken zu können. Außerdem drohten ihr gewisse ärgerliche Prozesse. Der Tod Joshua Monkfords hatte eine nicht vorhergesehene Konsequenz gehabt, indem die Bank für ihr überzogenes Konto Deckung verlangte und wissen ließ, daß man, falls diese Deckung nicht beigebracht würde, gerichtlich gegen sie vorgehen werde.
    Weiteren Ärger bereitete ihr das Telefon, das sich an diesem Morgen sehr seltsam benahm. Dreimal versuchte sie, sich mit Heartsease verbinden zu lassen, und jedesmal war die Nummer besetzt. Ebensowenig gelang es ihr, mit ihrem Rechtsanwalt zu sprechen. Die Botin, die sie schließlich zu ihm geschickt hatte, war noch nicht zurückgekehrt.
    In Augenblicken solcher Verwirrung wußte Miss Revelstoke eine sichere Zuflucht. Sie holte ihr Arbeitskörbchen herbei, dem sie eine Handarbeit entnahm, und begann zu nähen. Auf diese Weise beschäftigt, sah sie bei einem Blick durchs Fenster ein Taxi vor dem Haus halten, aus dem der Wetter und zwei weitere Männer stiegen, die sie sofort als Polizeibeamte erkannte.
    Das Mädchen eilte, als es läutete, in die Halle, doch Miss Revelstoke trat ihr entgegen.
    »Ich werde selbst öffnen. Sie können wieder hinaufgehen!« befahl sie und wartete, bis das Mädchen verschwunden war.
    Sie hielt ihre kleine Nähschere in der Hand. Die Klingelleitung, die von der Haustür in die Halle und bis hinauf zu den Räumen der Dienstboten führte, war leicht zu erreichen. Sie streckte den Arm aus und zerschnitt den Draht. Dann ging sie ins Arbeitszimmer zurück, wo sie sich nur so lange aufhielt, um ihren Hut und die Handtasche aufzunehmen. Vorsichtig stieg sie die Verbindungstreppe in die Garage hinunter. Sie öffnete das Garagentor und fuhr den Wagen in den Hof und auf die Straße hinaus. Doch bog sie nicht nach rechts ein, da dies am Hauseingang vorbeigeführt hätte, sondern nach links. Sie gelangte durch eine Seitenstraße nach Ladbroke Grove. In der Nähe der Bahnstation hielt sie an und eilte die Treppe hinauf in die Bahnhofshalle, wo sie eine Fahrkarte nach Liverpool Street löste.
    Eine Viertelstunde, nachdem sie dort eingetroffen war, verließ der Schnellzug nach Clacton die Bahnhofshalle. In einem Abteil erster Klasse saß eine unbeteiligt wirkende Frau, die ganz in die Lektüre der Abendzeitung vertieft war.
    Sie saß allein im Abteil. Mit Hilfe des Kammes und der Puderdose hatte sie es verstanden, ihr Aussehen beträchtlich zu verändern.
    Clacton-on-Sea war zu dieser Jahreszeit ein beliebter Badeort, den viele Leute aufsuchten, um ihre Ferien zu verbringen.
    Dreimal in der Woche hielt dort ein Ausflugsdampfer von Tilbury, mit dem man für wenig Geld nach Ostende fahren, die Nacht in dem schönen Modebad verbringen und am nächsten Morgen zurückkehren konnte.
    Die Ausflügler brauchten keine Pässe, und wenn Miss Revelstoke doch einen gebraucht hätte, würde sie einen vorgezeigt haben. Sie hatte kein Gepäck, sondern trug nur einen Schirm und zwei vollgestopfte Handtaschen bei sich. Gemächlich wanderte sie über die gepflasterten Straßen von Ostende, bis sie zur Strandpromenade gelangte, die zu dieser Tageszeit flanierende Menschen bevölkerten.
    Miss Revelstoke konnte sich in viele Situationen hineinfinden, und das beschwingte Treiben ringsum übte gerade jetzt einen besonderen Reiz auf sie aus. Zwar stand ihr der Sinn nicht nach Vergnügen, vielmehr suchte sie nach einem bestimmten Geschäft. In vielen Läden konnte man Frauenkleider kaufen. Doch erst auf der Place des Armes fand sie das passende, nämlich eines, in dem gutsituierte Bauernfrauen ihre Kleider zu erstehen pflegten.
    Schwarze Hüte konnte sie nicht ausstehen, trotzdem kaufte sie einen, außerdem einen altmodischen Mantel, einen langen, dicken Rock und schwere Schuhe. Diese Ausrüstung, einschließlich einer goldumränderten Brille und einer einfachen Tasche,

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