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048 - Die Bande des Schreckens

048 - Die Bande des Schreckens

Titel: 048 - Die Bande des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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fort. »Ich dachte, der gleiche Name wäre nur ein Zufall. Hätte ich es gewußt, wäre alles ganz anders herausgekommen, für mich -und auch für dich.«
    Wenn sie hoffte, ihn zum Sprechen zu bringen, irrte sie sich. Er nickte nur schweigend. Die Jahre hatten ihr Äußeres stark verändert, aber trotz der vielen Falten, der gelblichen Gesichtsfarbe und eingefallenen Wangen hätte er sie sofort wiedererkannt.
    »Ich möchte, daß du Alice und Henry im Auge behältst. Alice interessiert mich nicht besonders, sie wird allein durchkommen. Aber Henry wird wohl dem Staat anheimfallen. Es würde mich beruhigen, zu wissen, daß jemand auf ihn achtet.« »Das will ich für dich tun«, antwortete er bereitwillig.
    Sie schaute ihn seltsam an.
    »Du hast dich sehr verändert, aber deine Stimme ist dieselbe geblieben - ich würde sie überall erkennen. Das Leben ist doch seltsam? Clay ist tot - auch die anderen, und dein Junge hat das alles vollbracht. Wo er auch auftauchte, folgte der Tod nach.« Sie sprach ohne Erregung und Anklage, als handelte es sich um das Leben fremder Leute, die sie nicht interessierten. »Seine Kollegen nennen ihn den ›glücklichen Long‹, und zweifellos hat er Glück gehabt. Vielleicht wunderst du dich, Godley, daß ich meine Strafe so ruhig hinnehme? Wenn du wüßtest, was für ein guter Chef Clay war, würde es dich nicht erstaunen.« Sie beobachtete ihn sinnend. »Er war so wunderbar, daß er für alle Möglichkeiten vorgesorgt hatte. Man hätte ihn nicht gehängt, aber im Kampf mit deinem Sohn wurde sein Jackett zerrissen, und die albernen Polizisten gaben ihm ein anderes.«
    Er verstand nicht, was sie damit sagen wollte.
    »Soweit ich mich erinnere, wurde nichts in seinen Taschen gefunden als einige Papiere.«
    Dieser Einwand schien sie zu belustigen.
    »Denk darüber nach...«
    Das ängstliche Gesicht des Gefängnisgeistlichen zeigte sich an der Tür. Er hielt die Uhr in der Hand. Anscheinend war die Zeit bald abgelaufen.
    »Denk darüber nach -«, wiederholte sie. »Clay wäre noch am Leben. Mein Junge Cravel wäre noch am Leben und auch Crayley. Der arme Henry wäre nicht geisteskrank - er könnte sein Leben genießen, und ich würde in meinem Zimmer in Colville Gardens über meiner Handarbeit sitzen, wenn nicht -dein Sohn gewesen wäre!«
    Er schaute sie ernst an.
    »Und Monkford - und die anderen? Der Richter, der Staatsanwalt, der Henker? Ich sage dir, Alicia, ich danke dem Allmächtigen, daß Arnold diesen Menschen zur Strecke brachte, und ich bin dankbar, daß er die anderen vernichtete. Wenn du glaubst, daß du in meinem Herzen Mitleid und Gewissensbisse erwecken kannst, vergeudest du deine Zeit!«
    Sie schien nicht verletzt. Ihre Augen blitzten vergnügt, als sie ein zusammengefaltetes Stück Papier vom Tisch nahm und es ihm entgegenhielt.
    »Dies hier wird dir meinen Standpunkt erklären«, sagte sie.
    Er streckte die Hand nach dem Papier aus, aber sie ließ es los, und es fiel zu Boden.
    Er machte einen Schritt vorwärts und bückte sich, um es aufzuheben - im gleichen Augenblick hörte er den Aufschrei des Geistlichen.
    Ihre Hand, die in einer Rockfalte versteckt gewesen war, hatte sich erhoben - eine Sekunde lang blitzte etwas auf, dann sauste die Hand mit aller Kraft herunter. Beim Schreckensschrei des Geistlichen machte Sir Godley eine rasche Bewegung zur Seite, und das dünne Messer streifte nur seine Schulter. Im nächsten Augenblick packte er die sich heftig wehrende Frau. Sie hatte die Kraft eines Mannes. Zweimal verfehlte das Messer sein Gesicht um Haaresbreite. Schließlich riß sie sich mit einem Ruck von ihm los, warf ihn zurück, zerrte an ihrem Kragenaufschlag und hielt die Faust vor den Mund.
    Aufseherinnen kamen in die Zelle geeilt, aber die Gefangene leistete keinen Widerstand mehr. Klirrend fiel das Messer auf den Boden - und da sah man, daß der Griff zugleich der Schuhabsatz war. Clay war tatsächlich ein guter Chef gewesen, denn während der ganzen Gerichtsverhandlung lag diese haarscharfe Klinge in der Sohle ihres Schuhs versteckt. Sir Godley, bleich und verstört, wurde ins Büro des Direktors geführt und dort lange Zeit allein gelassen. Als der Direktor endlich eintrat, machte er ein finsteres Gesicht.
    »Haben Sie der Frau etwas gegeben?« fragte er ohne Einleitung.
    Sir Godley sah ihn verwundert an.
    »Ihr etwas gegeben? Wie meinen Sie das?« »Gift!«
    »Himmel - nein! Ist sie...«
    »Sie ist tot. Einer ihrer Jackettknöpfe fehlt. Vermutlich befand sich

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