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0480 - Satan mischt die Karten

0480 - Satan mischt die Karten

Titel: 0480 - Satan mischt die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zusammenzuckte. Dann aber verließ sie die Bühne und kam langsam auf seinen Einzeltisch zu.
    Der transparente Schleier verbarg ihre Gesichtszüge kaum; Dr. König war absolut sicher, daß er diese junge Künstlerin niemals zuvor in seinem Leben gesehen hatte. Aber sie mußte es sein, die ihm Blumenstrauß und Karte ins Auto gelegt oder legen lassen hatte.
    Unmittelbar vor seinem Tisch blieb sie jetzt stehen. »Sie sehen mutig genug aus, mein Herr, sich Ihre Zukunft weissagen zu lassen«, sagte sie mit dunkler, rauchiger Stimme.
    ***
    Franz Marquart war König durch die Stadt gefolgt; er war sich seiner Sache schon bald sicher und parkte in einer Seitenstraße in zweiter Reihe neben Anwohnerfahrzeugen, die seiner Ansicht nach ohnehin erst am nächsten Morgen wieder bewegt werden würden. Daß er gegen die Straßenverkehrsordnung verstieß, ignorierte er dummdreist; um diese späte Zeit waren seines Wissens keine Knöllchenschreiber mehr unterwegs. Und wenn, bezahlte er die 20 Mark locker aus der Spesenkasse. Er wollte ja auch nicht Dauerparker spielen, sondern nur feststellen, ob sein Plan funktionierte, und das Funktionieren an seinen Auftraggeber weitermelden. Als er zu Fuß um die Straßenecke bog, sah er König gerade in der »Königin der Nacht«, verschwinden und den Lakaien seinen Wagen in die hauseigene Tiefgarage lenken.
    Trotzdem vergewisserte Marquart sich; er betrat das Lokal ebenfalls, wenngleich er etwas schräg angesehen wurde, weil sein doch etwas billig wirkendes Outfit nicht so recht hierher paßte; in der »Königin der Nacht« verkehrte, wer Geld hatte und nicht den Anschein zu erwecken versuchte, darüber zu verfügen. Dennoch ließ man ihn ein und verwies ihn an den Katzentisch. Er merkte das sehr wohl, ignorierte diese gesellschaftliche Degradierung allerdings, weil er von seiner Position aus zwar einen denkbar schlechten Blick auf die Bühne hatte, dafür aber Dr. König an seinem Tisch beobachten konnte. Daß er selbst am äußersten Rand des Desintresses saß, kam ihm dabei nur zugute; ihn brauchte hier niemand zu sehen, und wenn die Bedienung seinen Tisch geflissentlich weiträumig umging, brauchte er auch nichts zu bestellen, ergo auch nichts zu bezahlen.
    Und als er wußte, daß es funktionierte, verließ Franz Marquardt das Lokal recht schnell wieder, um von einer neutralen Telefonzelle aus zu telefonieren und die Erfolgsmeldung durchzugeben.
    Sein Auftrag, Dr. Horst W. König nach 21 Uhr in dieses Lokal zu locken, war erfüllt.
    ***
    Sekundenlang war Romana - alias Marina Brest - bestürzt. Wie üblich sah sich Romana nach dem Ende ihrer Tricks im Zuschauerraum nach geeigneten Kandidaten um; die Beleuchtung sorgte dafür, daß das Licht auf der Bühne weitgehend abgedämpft und das im Zuschauerraum ein wenig hochgedimmt wurde, damit sie genügend sehen konnte.
    Da war ein Mann, der auf seinem Einzeltisch einen Blumenstrauß liegen hatte. Allein das war schon ungewöhnlich; normalerweise bestand die Huldigung des Publikums allein darin, den Stripgirls Geldscheine hinter die Strumpfbänder zu stecken, welche sie zum Schluß als einziges zu tragen pflegten. Daß jemand Blumen mitbrachte, war ihr neu. Vor allem, wenn dieser Jemand mit den Blumen die Strip Vorstellung verstreichen ließ, bis Romana auftrat. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wer ihr Blumen mitbringen könnte; Peter besuchte sie nicht während ihrer Arbeit und Verehrer hat sie sich nie »herangezüchtet«. Daß die Blumen einem anderen Mädchen zugedacht waren, konnte sie sich nicht vorstellen; die Stripperinnen hatten ihren Auftritt beendet, als der Blumenmann schon hier saß, und würden zu späterer Zeit nur noch einmal ihr Programm wiederholen. Wenn dieser Gast seine Gewächse an eines der Mädchen hätte loswerden sollen, hatte er seine Chance verstreichen lassen.
    Und dann sah Marina-Romana den Mann selbst. Das Licht fiel so, daß seine Gesichtszüge klar erkennbar waren. Er trug jetzt zwar andere Kleidung als in ihren Alpträumen, aber er war der Mann! Es war sein Gesicht, es war seine Statur, soweit sie sie erkennen konnte, und es war diese randlose Brille.
    Der Alptraummann.
    Marina wunderte sich darüber, wie locker Romana diese Begegnug verkraftete. Kein Gedanke an einem möglichen Irrtum. Romana steuerte den Einzeltisch an und sprach den Fremden an, und sie empfand keine wirkliche Furcht vor der realen Manifestation ihres Alptraums.
    Sie zog sich einen Stuhl zurecht, nahm an seinem Tisch Platz und sprach

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