0480 - Satan mischt die Karten
Folge noch durch die Freundschaft mit Professor Zamorra verstärkte -, hätte die Versicherung Konkurs anmelden können. Man hatte in der Folge darauf verzichtet, Ullich zu feuern, sondern ihm eine Leibwächter-Ausbildung angedeihen lassen und ihn verpflichtet, auf Leben und Unversehrtheit jenes Mannes zu achten, dem er diese Wahnsinnspolice verkauft hat. Später, als Carsten den Konzern von seinem Vater übernahm, hatte er den alten Freund dann selbst in Brot und Lohn genommen. Damals hatte Ullich ihn bei all seinen Abenteuern begleitet, heute, da Carsten kaum noch einmal hinter dem Schreibtisch weg kam, nahm er seine Aufgabe in anderer und erweiterter Form wahr.
»Wir haben also einen neuen Feind, eine Art Sekte«, murmelte Carsten. »Und dieser Feind versucht uns zu unterwandern und zu übernehmen, wenn ich das richtig verstanden habe?«
»So etwa sieht es aus«, sagte Ullich. »Ich denke, daß wir kaum zu viert in den Porsche passen werden, wenn wir jetzt einen weiträumigen Lokalwechsel vornehmen. Vielleicht sollte ich ein Taxi beschaffen. Oder ist der Rest des angebrochenen Abends jetzt wegen Panik und Zamorrascher Grübelei gestrichen?«
Zamorra schüttelte den Kopf. »Ihr kennt euch hier besser aus. Laßt uns irgendwo hingehen, wo es ein wenig ruhiger ist, man sich amüsiert und trotzdem miteinander reden kann.«
»Also, ich habe absolut keinen Bock auf eine Palaver-Nacht«, brummte Ullich. »Die Helden werden alt. Früher haben wir die Dinge auf uns zukommen lassen und dann kräftig zugelangt, wenn es sein mußte und sich die Chance bot. Ich sage euch was, Freunde: Heute abend und überhaupt in dieser Nacht werden wir ohnehin keines der Probleme mehr lösen. Warum also sich die hübschen Charakterköpfe zerbrechen?«
»Zumal Nicole vorhin angeboten hat, ihre Kleidung zu verpfänden«, fügte Zamorra hinzu. »Ist das nicht ein prachtvoller Vorschlag?«
»He, das galt nur für den Fall, daß wir die Rechnung im ›Nashville‹ nicht hätten begleichen können!« protestierte Nicole.
»Typisch Frau«, murmelte Zamorra. »Immer diese leeren Versprechungen.«
Michael Ullich öffnete den Porsche, nahm das Autotelefon in Betrieb und bestellte ein Taxi herbei.
***
Die »Königin der Nacht« gehörte nicht zu Dr. Horst W. Königs Stammlokalen. Immerhin wußte er, wo er es zu finden hatte. Als er vor der Fassade stoppte, trat ein Mann im dunklen Anzug auf ihn zu. Er schien Königs suchenden Blick sofort begriffen zu haben. »Bitte, mein Herr, ich fahre Ihren Wagen in die Hausgarage. Dort steht er absolut sicher, während Sie die Darbietungen unseres Hauses genießen.«
König sah aus dem Autofenster. »Ich bin nicht sicher, ob ich lang bleiben werde«, sagte er. »Eigentlich suche ich nur jemanden.«
Der Mann im dunklen Anzug lächelte freundlich. »Sie können hier nicht stehenbleiben; der öffentliche Parkraum ist zu beschränkt. Die Tiefgarage ist ein kostenloser Service des Hauses, und Sie verlieren praktisch kaum Zeit. Wenn Ihnen unser Haus nicht gefallen sollte, dauert es keine zwei Minuten und Sie können wieder über Ihren Wagen verfügen. Und Sie können sicher sein, daß er weder beschädigt noch gestohlen wird.«
»Na schön«, murmelte König. Er stieg aus, nahm die Blumen und die Karte vom Rücksitz und betrat das Lokal. Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Mann im dunklen Anzug den Wagen in der Tat durch ein großes Tor in der Hausfassade steuerte, nachdem er König eine Chipkarte im Schecckartenformat in die Hand gedrückt hatte. Drinnen wurde König von einem weiteren Anzugträger empfangen, der den Blumenstrauß nur kurz musterte. »Sie sind verabredet? Bitte…«
»Bitte einen Tisch, an dem man mich sieht - ich kenne meine Verabredung leider noch nicht; umgekehrt sieht es wohl anders aus«, sagte König sarkastisch.
»Das ist kein Problem, mein Herr.«
Alsbald fand König sich mitten im Lokal an einem runden Zweiertisch wieder, nicht weit von der Bühne entfernt. Er bestellte ein Getränk und sah sich um. Überrascht erkannte er unter den anderen Gästen ein paar Kollegen, wahlweise mit Frau oder Freundin. Auch die Konkurrenz war vertreten; offenbar war die »Königin der Nacht« so etwas wie ein Szenelokal seiner Branche. Aber warum, zum Teufel, wußte er selbst nichts davon? Als Außenseiter konnte er sich überhaupt nicht gefallen.
Er sah zur Bühne. Dort endete gerade eine Shownummer. Drei gutgebaute Mädchen hatten in einer fantasievollspielerischen Tanzszene sich ihrer Kleidung
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