0483 - Das Girl, das zuviel wußte
hatte der andere bereits die zweite Nische erreicht und bewegte sich langsam wieder auf den Ausgang zu.
Aber er ging nicht hinaus. In der eisten Nische, neben der großen Glastür, blieb er stehen; anscheinend in den Anblick eines Bildes vertieft.
Davis hatte sich nicht gerührt. Verkrampft stand er immer noch an derselben Stelle, starrte auf ein paar rote und grüne Farbflecken auf der Leinwand vor ihm und atmete hektisch ein und aus.
Ich schob mich neben ihn und legte ihm eine Hand auf den Arm.
Er fuhr herum, als hätte ihn ein Feuerstrahl getroffen.
Als er mich sah, mischten sich in seinem Gesicht Angst und Erleichterung.
»Ich glaube, es ist jetzt zu spät auszuweichen!« sagte ich leise. Davis schwieg. Ich fuhr ebenso leise fort.
»Es ist noch nicht zu spät, auf unsere Seite überzutreten!«
Davis schüttelte nur den Kopf und lachte lautlos auf. Ich sah unauffällig zu dem stämmigen Mann in der ersten Nische hinüber. Er hatte noch nichts bemerkt.
»Kommen Sie mit hinauf in das Büro, ich werde hinter Ihnen hergehen, Ihr Freund wird nichts bemerken!« schlug ich ihm vor.
Davis begann zu zittern, aber seine Stimme klang ruhig, als er sagte:
»Ich verstehe nicht ganz, was Sie wollen. Na schön, ich bin ausgekniffen. Wollte mich hier mit einem Girl treffen, sie hat mich versetzt, aber sonst können Sie mir nichts anhaben!«
»Hören Sie, Davis, ich bin nicht blind. Das Girl, mit dem Sie sich hier treffen wollten, ist ein stämmiger Bursche mit einem Revolver in der Jackentasche!«
»Beweisen Sie es! Zeigen Sie ihn mir!« sagte er, seine Stimme wurde schrill, und die Leute, die neben uns standen, drehten sich verwundert um.
»Davis, Sie sind in Gefahr. Sie sind nicht so dumm, das zu übersehen. Für Sie ist hier nichts mehr zu gewinnen, aber eine Menge zu verlieren. Los, kommen Sie mit!«
»Gehen Sie schon vor, ich komme nach!« preßte er hervor. Ich lächelte leicht.
»Für so dumm dürfen Sie mich auch wieder nicht halten!«
»Los, gehen Sie! Ich komme nach!« drängte er, ohne zuzuhören.
»Gehen Sie vor!« forderte ich ihn auf. Er schluckte krampfhaft, in seinen Augen flackerte es.
»Okay«, sagte er. »Gehen wir!«
Langsam ging er vor mir her. Den Kopf zwischen die Schultern gezogen und die Hände tief in die Hosentaschen gebohrt, wirkte er noch dürrer als sonst. Ich ging dicht hinter ihm, meine Hand an der Waffe.
»Nach links zum Hintereingang!« sagte ich und gab ihm einen kleinen Stoß, um ihm die neue Richtung zu zeigen. Davis blieb stehen.
»Weiter«, sagte ich.
»Ganz recht, weiter!« sagte hinter mir eine Stimme. Ich fühlte zwischen meinen Schulterblättern den harten Druck eines Metallbohrers, etwa in der Größe einer Schußwaffe. Ich blieb regungslos stehen.
»Gehen Sie langsam weiter, ich bleibe dicht hinter Ihnen. Wenn Sie nur eine falsche Bewegung machen, veranstalten wir hier ein Scheibenschießen!« murmelte die Stimme hinter mir ohne Betonung.
Ich wußte, daß er meinte, was er sagte. Langsam ging ich weiter.
Niemand um uns herum schien etwas zu bemerken. Vielleicht war man hier sonderbare Leute gewohnt. Davis drehte sich nach dem Mann hinter mir um.
Eine zweite Stimme fauchte zwischen den Zähnen hindurch:
»Los, verschwinde, du hast deinen Auftrag!«
Sie waren also mindestens zu zweit.
Davis’ Augen quollen fast aus ihren Höhlen. Sein mehlfarbenes Gesicht überzog sich plötzlich mit tiefer Röte. Unbeweglich blieb er vor mir stehen.
»Aber ich denke, wir fahren zusammen!« sagte er schließlich.
Der zweite Mann sagte:
»Wir fahren ohne dich. Los, mach schon, der Boß wartet nicht gern!«
»Aber ich… ich habe kein Geld!« Davis’ Stimme schnappte über, er räusperte sich und fuhr etwas ruhiger fort:
»Ich mußte so schnell abhauen, meine Sachen sind oben!«
»So, sind sie das? Mein Gott, bist du dumm!« sagte der erste Mann leise. Seine Stimme war so weich, daß sie ein Baby eingeschläfert hätte. Davis lächelte plötzlich vertrauensvoll. Aber ich hatte das Gefühl, als würde sich der Revolverlauf in meinem Rücken in Eis verwandeln. Ich wollte den Mann mit der sanften Stimme sehen, denn er war der gefährlichere von beiden. Aber als ich den Kopf bewegte, verstärkte sich sofort der Druck in meinem Rücken.
»Wenn diesem Burschen hier etwas passiert, dann, weil du dein kleines Maul nicht halten kannst!« 9agte er leise zu Davis, der immer noch lächelte.
»Aber ich kann doch nicht zu Fuß nach…« Davis machte eine kleine Pause, sah mich
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