0483 - Das Girl, das zuviel wußte
tun!«
»Und warum wurde Richie Hecksher ermordet?«
»Er überraschte wohl Hank Davis. Vermutlich ist Hank Davis in der Nacht mit oben gewesen, er wußte, wo sich die schwere Stablampe befand. Er erschrak, und …« Ray brach ab. Ich sah ihn einen Moment lang schweigend an und fragte dann leise:
»Und warum wurde deiner Meinung nach Hank Davis getötet?«
»Er wollte seine Beute kassieren, seinen Anteil. Vielleicht war er zu habgierig. Vielleicht wußte er zuviel!«
»Es könnte möglich sein, aber es ist unwahrscheinlich. Denn wenn Hank Davis die Safekombination und die Fotos an die Gang weitergegeben hat, wäre er doch nie so dumm gewesen, an genau dem Abend mit dabei zu sein. Nein, ich glaube eher, daß.Ruth…«
Ray unterbrach mich. Seine Stimme war scharf wie eine Rasierklinge:
»Laßt endlich das Girl aus dem Spiel! Sie hat nichts damit zu tun!« Er betonte jede Silbe einzeln, als würde er mit Kindern sprechen. Ich sagte leise: »Aber laß mich doch bitte endlich ausreden! Kein Mensch beschuldigt Ruth Ripley! Aber sie hat mit dem Fall zu tun, und wenn du dich auf den Kopf stellst. Warum glaubst du wohl, wurde Hank Davis gefoltert? Nun? Weil die Burschen etwas von ihm erfahren wollten.«
Ray sah mich an. Er schluckte, und sein Gesicht färbte sich unter dem weißen Haar dunkelrot.
»Tut mir leid, Jerry, entschuldige!«
»Ist schon.gut! Also, Hank Davis ist auch nach meiner Meinung der Mann, der der Gang die Informationen verschaffte. Er gab ihnen die Tips, und sie tauschten den Schmuck aus. Aber sie? haben den Schmuck nicht. Was kann das bedeuten?«
»Du glaubst, sie dachten, Davis habe den Schmuck gehabt?« fragte Phil. Ich nickte langsam.
»Zumindest haben sie es angenommen, bis sie Davis unter Druck setzten. Davis ging zu dem Treffpunkt, um seinen Anteil zu kassieren, aber die Bande dachte, er habe die ganze Beute und stellte sich nur dumm. Das kann nur eins bedeuten. Ein anderer Mann — oder eine Frau — aus der Firma hat auf eigene Faust den Safe in der letzten Nacht, in der der Schmuck noch da war, ausgeleert. Diese Person ist vermutlich ein Laie. Richie Hecksher kam dazu und mußte sterben.«
»Das leuchtet mir immer noch nicht ein!« überlegte Ray. »Wenn einer aus der Firma den Schmuck gestohlen hat, mußte er doch annehmen, daß sich der Verdacht früher oder später auf ihn richten würde. Aber heute waren allé Firmenangehörigen da. Ich halte es für unwahrscheinlich.«
»Es ist die einzige Erklärung«, sagte ich.
»Aber wer hat den Teppich verdreht, wer hat Hecksher in die Garage gebracht, wer hat die Imitationen in den Safe gelegt?« fragte Phil. Aber ich erkannte an seinem Gesichtsausdruck, daß er eine Idee hatte und von mir die Bestätigung hören wollte.
Ich gab sie ihm:
»Die Männer von der Gang. Sie kamen plangemäß in das Büro, brachten ihre Imitationen mit, fanden aber nichts mehr, das sie dafür hätten mitnehmen können. Dafür lag eine Leiche im Saferaum. Es lag der Verdacht nahe, daß Hank Davis den Job auf eigene Rechnung machen wollte. Sie legten also die Imitationen in die Kassette, räumten die Leiche weg und verwischten die Spuren, um Zeit zu gewinnen. Zeit genug, um Hank Davis zu fassen!«
»Den haben sie gefaßt!« murmelte Phil.
»Ja, sie haben ihn, aber noch immer nicht den Schmuck. Der Schmuck ist bei dem Mann, der ihn in der Nacht wirklich nahm und der auch Hecksher tötete. Diesen Mann müssen wir suchen!«
»Und die Bande wird ihn auch suchen«, sagte Ray.
»Ja. Und dieser Mann sucht auch jemanden.« Mir war in dieser Sekunde eine Idee gekommen, ich stand auf. Ray sprang so schnell auf, daß er fast den Tisch umwarf.
»Ruth. Diese Papiere, die bei den Ateliers lagen. Die grünen Schuhe, die Fingerabdrücke! Ihr glaubt doch nicht, daß sie in der Nacht im Büro war und den Mörder sah?«
»Ja, sie hat Angst. Aus irgendeinem Grund schweigt sie. Aber sie schwebt in höchster Gefahr!«
***
Ruth Ripley hatte keine Ahnung, wie die Bar hieß, in der sie saßen. Sie war gemütlich eingerichtet, und die Drinks waren frisch und reichlich. Aber sie konnte keine Ruhe finden.
Den ganzen Tag hatte sie in der unerträglichen Spannung zugebracht. Sie hatte sowohl vor den Kollegen als auch vor den Beamten der Mordkommission eine Rolle spielen müssen, und sie spielte sie auch jetzt. Sie alle waren von den Ereignissen und von den Verhören erschöpft, und irgend jemand hatte die Idee gehabt, noch auf einen Drink in diese Bar zu gehen.
Ruth sah die
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