0483 - Das Girl, das zuviel wußte
Freunde von Dad und Mom. Und ich dachte, es wäre nett, wenn du dabei wärst, als zukünftige Schwiegertochter!« Er lachte wieder und versuchte, sie an sich zu ziehen.
»Nein, nicht heute!« sagte Ruth leise. »Ich verstehe schon, dir ist heute nicht nach Familienfeier zumute, aber ich habe schon mit meinen Eltern gesprochen, sie würden sich sehr freuen!«
»Und das sagst du mir erst jetzt?« Ruth lächelte. Aber ihr war eher zum Weinen zumute. Die ganze Zeit über hatte sie auf eine Einladung zu Carsons nach Hause gehofft, und jetzt — Clint unterbrach ihre Gedanken.
»Ich wollte gleich heute morgen damit herausplatzen, aber das war ja nicht möglich!«
»Nein, Clint. Gerade heute abend nicht. Ich möchte warten, bis diese scheußliche Sache vorbei ist!«
Clinton sah sie verständnisvoll an. Ruth lächelte wieder.
»Und außerdem bin ich heute häßlich. Wenn ich komme, möchte ich schon etwas besser aussehen!«
»Du bist schön. Immer!« bekräftigte Clint und ließ den Motor aufbrummen. Sie fuhren schweigend die kurze Strecke bis zu Ruths Apartmenthaus. Als Ruth halb ausgestiegen war, sagte Clint grinsend:
»Ich warte hier auf dich, du hast eine halbe Stunde Zeit, dich so schön zu machen, daß meine ganze Familie vor Bewunderung in die Knie fällt!«
»Clint, es war mir ernst!«
»Ruth-Baby, mir zuliebe, ja?«
Sie schüttelte schweigend den Kopf. Clint nickte.
»Aber es hat sich doch nichts zwischen uns geändert?«
»Natürlich nicht!« bekräftigte Ruth. »Ich mag nicht, wie dieser Martens dich anschaut. Ich möchte gern, daß wir bald die Verlobung verkünden!«
»Ich auch!« flüsterte Ruth. Clint lächelte wieder- »Schlaf gut«, sagte er. »Und mach dir nicht soviel Gedanken. Ich hole dich morgen früh ab, ja?«
»Du mußt doch deinen alten Herrn ins Büro fahren, ich komme schon allein mit dem Fiat!«
»Aber die Kupplung?«
»Ist halb so schlimm. Bis morgen also, und vielen Dank!«
Ruth drehte sich um und rannte fast die Stufen bis zu ihrer Haustür hinauf. Sie konnte sich nicht länger beherrschen. Sie mußte allein sein. Aber in der gleichen Sekunde, als der Sunbeam davonrollte und die roten Schlußlichter in der Dunkelheit verschwanden, bedauerte sie ihren Entschluß.
Sie preßte sich enger in die Türnische. Die Nacht war sehr still.
Warum war sie nicht mit Clint gefahren? Sie sah vor sich eine hellerleuchtete Wohnung, nette Menschen, die sie eingeladen hatten, die sie gern hatten, und Clint, der sie liebte.
Langsam drehte sie sich um und suchte in ihrer Manteltasche nach den Schlüsseln. Als sie den Haustürschlüssel hineinschob, merkte sie, daß ihre Hand zitterte.
Dann stand sie im Treppenhaus. Das spärliche Licht, das durch die Glastür hereinfiel, erleuchtete die Treppe und die Wohnungstür des Hausmeisters geisterhaft schwach. Irgendwo plärrte im Haus ein Fernsehgerät. Sonst unterbrach kein Geräusch die verschlafene Ruhe.
Ruth tastete mit der rechten Hand über den rauhen Verputz nach dem Lichtknopf, der von einem Ring aus Leuchtfarbe umgeben war, und drückte ihn hinein.
Nichts geschah.
Entsetzt drückte Ruth immer wieder den Lichtknopf. Aber die Flurlampen flammten nicht auf.
Sie bemühte sich, die aufsteigende Hysterie zu unterdrücken. Schließlich können immer einmal Sicherungen durchbrennen.
Sie hatte sich einigermaßen sicher gefühlt, weil ja alle Kollegen zusammen in der Bar gewesen waren, keiner konnte doch vor ihr hier sein! Und die Zeit, die sie mit Clint im Wagen gesessen und geredet hatte? Was für Wagen waren an ihnen vorbeigefahren?
Zu viele, um sich einen einzelnen zu merken. Und auch zu viele Taxis, in denen irgend jemand sitzen konnte.
»Blödes Zeug!« murmelte Ruth leise vor sich hin und ging entschlossen auf die Treppe zu. Dann sah sie zu dem Lift. Das kleine Lämpchen neben dem Rufschild schimmerte grün. Also war die Sicherung gar nicht durchgebrannt?
Nun, dann eben die Birne. Oben würde die Flurbeleuchtung wieder funktionieren, oder es gab zwei Sicherungsnetze!
Ruth öffnete die Lifttür und fuhr hinauf. Sie kam sich in der hellerleuchteten Liftkabine ungeschützt vor, wenn sie an einer der schmalen Glastüren der einzelnen Stockwerke vorbeifuhr.
Dann hielt der Lift mit einem leichten Ruck, und Ruth öffnete die Tür. Als sie sie hinter sich schloß, legte sich sofort wieder Dunkelheit über den ganzen Vorraum. Ruth riß die Tür wieder auf, und die automatische Beleuchtung flammte auf. Auf der grünen Skala außen vor der
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