0483 - Die Seelen-Piraten
Vielleicht sieht man es bei der Konkurrenz etwas lockerer. Bei uns müßte er jedenfalls intensiv an sich arbeiten, und das nicht nur nach außen hin. Ich habe ihm empfohlen, einen entsprechenden Kursus zu belegen, wenn er sich wirklich ernsthaft für eine Tätigkeit in unserem Haus interessiert. Wenn er dieses mentale Training mit Erfolg abgeschlossen hat, kann er sich ja wieder vorstellig machen. Bis dahin ruht seine Bewerbung von unserer Seite aus.«
»Ach ja?« fragte Shackleton. »Das ist ja interessant, Doc. Was soll das denn für ein mentales Training sein?«
»Aus welchem Grund wollen Sie das wissen, Shackleton? Für Sie dürfte diese Sache doch erst einmal abgeschlossen sein. Haben Sie nichts Wichtigeres zu tun?«
Shackleton schüttelte grinsend den Kopf. »Nein, mein lieber Doktor Waukee.«
»Ich schätze, Sie gehen zu emotional an diese Angelegenheit heran, weil Steinmuller Ihr Freund ist. Würden Sie sich für einen anderen Kandidaten ebenso einsetzen?«
»Wenn seine Beurteilung ebenso falsch wäre - ja.«
»Ich gebe Ihnen einen guten Rat«, sagte Dr. Waukee. »Der ist, weil firmenintern von Abteilung zu Abteilung, kostenlos und unverbindlich. Vielleicht sollten Sie sich auch einmal um eine Verbesserung Ihrer seelischen Stabilität und Ihres Streßfaktors bemühen. Würden Sie sich momentan um eine Anstellung in dem Job bewerben, den Sie ja längst haben, müßte ich Ihnen den erfolgreichen Abschluß eines ebensolchen mentalen Trainings als Einstellungsvoraussetzung zwingend vorschreiben. Und falls Sie für den Rest des Tages nicht mehr genug zu tun haben, tun Sie es bitte nicht in meinem Büro. Ich habe nämlich noch zu arbeiten. Guten Tag, Shackleton, oder besser guten Feierabend!«
Shackleton gab den Gruß nicht zurück. Er hatte ja auch noch keinen Feierabend. Für ihn stand jetzt ein eingehendes Gespräch mit seinem bewerbenden Freund und Kollegen von der Konkurrenz an.
***
Nachdem die Verbindung mit ›Tendyke’s Home‹ trotz mehrfacher Versuche nicht zustandekam, nahm Riker Funkverbindung mit der Firmenzentrale in El Paso auf. Er sprach mit Roger Brack, der während Rikers Kurzurlaub »Stallwache« hielt. »Meines Wissens hat es eine riesige Evakuierungsaktion gegeben. Ganz gleich, ob das Anwesen beschädigt oder zerstört wurde - den Bewohnern ist mit Sicherheit nichts anderes passiert, als daß sie im schlimmsten Fall vorübergehend obdachlos sind. Und ich denke, daß das zumindest für unseren Boß und seine Leute kein Problem ist, Riker. Aber da der Hurrikan jetzt auf die Küste Louisianas zumarschiert, werde ich noch in der nächsten Stunde nach Baton Rouge fliegen und mich um mein Haus kümmern. Wertgegenstände und Dokumente so weit wie möglich in Sicherheit bringen.«
»Natürlich, Brack«, sagte Riker. »Passen Sie auf sich auf.«
»Sie aber auch, Mann. Auf See sind Sie wesentlich gefährdeter.«
»Wir sind schon aus dem Kurs. Der Hurrikan wird weit an uns vorbei ziehen. Brack - wenn Sie etwas über ›Tendyke’s Home‹ erfahren, rufen Sie die Yacht an, okay?«
»Okay. Ende, Riker. Ich breche jetzt hier meine Zelte ab.«
Die Funktelefonverbindung erlosch.
»Wenn der Hurrikan auch über Baton Rouge zieht - hoffentlich passiert Ombre und seinen Leuten nichts«, sorgte sich Nicole.
Riker horchte auf. »Ombre? Meinen Sie den Neger aus den Slums, mit dem Brack mal bei uns aufgekreuzt ist? Kennen Sie den etwa?«
Zamorra nickte. »Ich denke aber, so, wie ich ihn kenne, wird der Junge schon selbst auf sich aufpassen können. Was wollte er mit Brack in El Paso?«
»Die beiden haben dafür gesorgt, daß Calderone festgenommen wurde. Shackleton’s Vorgänger, der gegen meine ausdrückliche Anweisung versuchte, den Boß ermorden zu lassen. Hat er Ihnen davon nicht erzählt? Warten Sie, ich rufe noch einmal El Paso. Brack soll sich auch um Ombre kümmern. Die beiden scheinen sich ohnehin näher zu kennen. Ich glaube, mal aufgeschnappt zu haben, daß dieser Ombre Brack das Leben rettete. Allerdings werden Sie verstehen, daß ich nicht auf Sie hinweise - Brack gehört nicht zu denen, die von unserem kleinen konspirativen Treffen wissen.« - »An Ombre habe ich schon gedacht«, versicherte Brack eine Minute später. »Alles Gute im Sturm, Riker.«
Sie verließen den Funkraum. Gleichzeitig kam Kim von der Kommandobrücke. »Wie ich sehe, wurde der Kurs schon geändert«, stellte sie fest. »Wir sind also in Sicherheit.«
»Natürlich«, versicherte Riker und legte den Arm um Kims
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