0484 - Stygias Todespendel
werden. Diese Narren! Aber gehe hin, stelle fest, ob es nicht eine Täuschung ist. Ich muß meiner Sache sicher sein. Wenn die Kunde, die du mir dann bringst, gut ist, werde ich dich belohnen.«
»Ich höre und gehorche«, sagte der Ruhelose und verschwand.
Stygia verzog das Gesicht. Ein anderer Dämon hätte die Information des Ruhelosen vielleicht als Beweis für Ted Ewigks Tod hingenommen. Sie aber gehörte nicht zu diesen vertrauensseligen Narren. Sie wollte hundertprozentig sicher sein. Fehler zu begehen, das war etwas für andere…
***
Dr. Steve Moboto, einer der wenigen schwarzen Südafrikaner, die es trotz der mittlerweile endlich zerbröckelnden Apartheid geschafft hatten, zu studieren, mit Erfolg zu promovieren und als Arzt zu praktizieren, gab ruhig und gezielt seine Anweisungen an seinen Assistenten. Noch vor gut einem Jahr hätte man ihm verboten, die Obduktion an dem Reporter aus Europa vorzunehmen - schwarze Hände durften niemals weiße Haut besudeln! Obgleich es dem Toten verflixt egal sein durfte, wer ihn sezierte, hätte man diese Aufgabe garantiert einem weißen Arzt übertragen! Es war verrückt, aber man hätte ihm früher sogar einen Strick daraus drehen können, wenn er als schwarzer Arzt einem weißen Sterbenden zu Hilfe geeilt wäre! Mittlerweile hatte sich da einiges geändert, teilweise schlug es bereits ins andere Extrem um - nunmehr waren es nicht mehr die Weißen, die dem schwarzen Arzt verboten, einem weißen Patienten zu helfen, sondern es waren die Schwarzen, die ihn dafür als Verräter brandmarkten. Aber da die Feststellung der Todesursache Ted Ewigks unter strenger Geheimhaltung ablief, glaubte Dr. Moboto nicht daran, daß man ihm Schwierigkeiten machen würde. Er arbeitete nur mit einem kleinen Mitarbeiterstab, und eine Obduktion war zwar eine zeitaufwendige Sache, aber nichts, wofür man eine Menge Assistenten und Mitwisser benötigte. Im Grunde konnte er das allein erledigen, aber er wollte lieber einen zweiten Mann seines Vertrauens mit dabei haben, der das Ergebnis der Leichenbeschau später bestätigen konnte.
Mochte der Himmel wissen, was bei jenem Gespräch wirklich vorgefallen war.
Moboto streifte Kittel und Handschuhe über und machte sich bereit. Der Tote lag jetzt vor ihm und seinem Assistenten Achmed Kongollen. Moboto tastete den Körper ab, der keine äußeren Verletzungen aufwies. Dann griff er nach dem Skalpell und setzte es zum ersten Schnitt an.
***
Zamorra hatte sich die Geschichte vom Tod des Offiziers ruhig angehört. »Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß es dermaßen perfekte Doppelgänger gibt«, wunderte er sich. »Der Mann müßte praktisch fast den gleichen Gen-Code wie Ted haben, wenn sogar die Stimme identisch war.«
»Nicht ganz identisch, aber immerhin so ähnlich, daß Monica glaubte, Ted habe seine Stimme verstellt! Zamorra, és gibt solche Ähnlichkeiten. Sie sind nur sehr spärlich gesät. Einer Theorie zufolge hat jeder Mensch seinen perfekten Doppelgänger. Nur verteilt sich das so über die Welt und die Zeit, daß sie entweder in unterschiedlichen Jahrhunderten leben oder so weit voneinander getrennt, daß sie und ihre Bekannten sich niemals begegnen. Im Zuge der heutigen Mobilität steigen die Begegnungschancen natürlich stetig. Aber ich bin sicher, daß auch wir drei unsere Doppelgänger haben oder hatten.«
Zamorra und Nicole sahen sich an. »Mit künstlich geschaffenen Doppelgängern hatten wir schon einmal zu tun«, entsann sich Zamorra. »Aber das ist über ein Dutzend Jahre her. Und es geht in diesem Fall ja auch um Teds Double.«
»Du meinst, jemand könnte einen Doppelgängér von ihm geschaffen haben? Alles spricht dagegen. Dieser Captain Irvin T. Clearance war ein echtes Kind dieses Landes. Das habe ich mittlerweile ermittelt. Zwei Stunden lang habe ich fast nur telefoniert und Beziehungen spielen lassen, um entsprechende Fakten zu sammeln.«
»Nur für ein Telefonat nach El Paso war in den letzten Tagen keine Zeit«, spöttelte Nicole milde.
Tendyke füllte die Whiskygläser noch einmal fingerbreit auf. »Du siehst doch, was hier los ist, Nicole. Zwar stirbt nicht jeden Tag ein Mensch unter so mysteriösen Umständen, aber wir haben auch so genug zu tun. Und vermutlich dürfte in Kürze Militärpolizei hier aufkreuzen, um alles endgültig unter Kontrolle zu nehmen, bis geklärt ist, wie der Doppelgänger ums Leben kam. Deshalb bin ich froh, daß ihr hier seid. Zamorra, du kannst doch mit deinem Amulett Licht ins
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