0484 - Stygias Todespendel
Südafrikaner, den Ted interviewt hatte. Der ebenfalls schwarze Mediziner schüttelte den Kopf. »Seien Sie kein Narr«, sagte er. »Wenn es daran läge, wäre ich erst gar nicht gekommen. Ich hätte garantiert einen anderen, mindestens ebenso wichtigen Notfall gehabt. Verstehen Sie? Glauben Sie, ich hätte nicht gewußt, daß Sie Besuch von einem weißen Reporter haben? Außerdem sind Reporter, ganz gleich welche Hautfarbe und welche Nationalität sie haben, wertvoll für uns alle. Trotzdem kann ich nichts mehr für den Mann tun.«
»Können Sie mir wenigstens sagen, woran er gestorben ist? Er schrie plötzlich, krümmte sich zusammen und fiel aus dem Sessel, und er sagte, er séi nicht krank, als er mitbekam, daß ich Sie alarmieren wollte.«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte der Mediziner. »Ich denke, nach der Obduktion werde ich Ihnen die Todesursache nennen können. - Soll die Polizei eingeschaltet werden?« fügte er ziemlich leise hinzu.
Teds Interviewpartner schüttelte den Kopf. »Besser nicht. Wie wäre es offiziell mit Herzinfarkt in Streßfolge? Allerdings möchte ich rein privat Ihre wirkliche Diagnose bekommen. Die Polizei ist weiß und fragt zuviel, und ich bin schwarz und weiß zuwenig, das geht nie gut…«
»Geht schon in Ordnung«, erwiderte der Arzt. »Mal sehen, was ich in den Totenschein schreibe, und was ich wirklich herausfinde.«
***
Bewaffnete stoppten den Jeep Cherokee. Zamorra wies sich aus, wies auf Material und Medikamente hin, die sich im Wagen befanden, und durfte dann weiterfahren. Die Zeltstadt in unmittelbarer Nähe des Hauses überraschte ihn ebenso wie der Zustand, in welchem sich »Tendyke’s Home« befand - er hatte Schlimmeres befürchtet. Der Bungalow selbst sah aus, als sei der Hurrikan einfach an ihm vorbeigegangen. Bei einem Tornado wäre es erklärlich gewesen; der Säugrüssel des Wirbelsturms richtete nur in einem eng begrenzten Bereich Zerstörungen an. Hier schien es fast, als umgäbe das Wohnhaus selbst ein magischer Schutz, der den Hurrikan daran vorbei gelenkt hatte.
Jemand rief und winkte, als Zamorra den Cherokee einparkte. Augenblicke später tauchte ein blondes Mädchen in Jeans und karierter Bluse auf; ein Uniformierter senkte den Karabiner wieder. Nicole Duval sprang aus dem Fahrzeug. »Hallo, Uschi!« rief sie und hatte damit die Blonde identifiziert. Seltsamerweise gelang es nur ihr, die eineiigen Zwillinge Uschi und Monica Peters auseinanderzuhalten. Selbst Robert Tendyke, der immerhin seit längerer Zeit mit den beiden zusammenlebte und mit Uschi einen Sohn gezeugt hatte, konnte sie nur an ihrer Kleidung unterscheiden - wenn sie denn mal welche trugen; vorzugsweise betrieben sie Freikörperkultur, wo immer es halbwegs möglich war. Und hier herrschte nicht nur ein begünstigendes Klima, sondern normalerweise war auch noch das Grundstück gegen die Blicke neugieriger Fremder geschützt - die telepathischen Zwillinge hatten sich allerdings von derlei Blicken noch nie stören lassen. Von zu Besuch kommenden Freunden erst recht nicht; Zamorra und Nicole hatten die Zwillinge weit häufiger unbekleidet als angezogen gesehen.
Dies war eine der seltenen Ausnahmen, durch die Umstände erzwungen.
»Schön, daß ihr hier seid«, stellte Monica fest und begrüßte Nicole und Zamorra mit Umarmung und geschwisterlichen Küssen. Nicole schüttelte den Kopf. »Ich hatte gehofft, daß ich hier noch ein wenig FKK-Urlaub machen könnte, aber angesichts dieser Zeltstadt empfiehlt sich das wohl nicht gerade. Dabei habe ich mir nach diesem glühendheißen Sommer und Zamorras erklärtem Gefallen an meinem Evaskostüm fast schon abgewöhnt, Kleidung zu tragen. Ist richtig ungewohnt.«
Uschi zuckte mit den Schultern. »Im Haus kannst du nackt herumlaufen. Das ist Tabuzone für Obdachtlose und Miliz. Aber draußen gibt es garantiert Ärger, und davon haben wir gerade genug.«
»Was ist denn passiert?« wollte Nicole wissen. »Du sagst das so komisch…«
»Augenblick«, unterbrach Zamorra. »Ehe wir uns mit fremden Ärger befassen, eine Frage: Wohin kommt der ganze Kram, den wir mitgebracht haben?«
Uschi öffnete die Hecktür des Wagens und warf einen Blick hinein. Dann winkte sie dem Mann mit dem Karabiner, an dessen Koppel auch ein Walkie-Talkie hing. »Medikamente, Werkzeug, Material«, sagte sie. »Lassen Sie es bitte an Ort und Stelle bringen. Ich muß mich jetzt nämlich um unsere beiden wichtigen Gäste kümmern.« Sie hakte sich zwischen Nicoles und Zamorras
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