0484 - Stygias Todespendel
Schultern.
»Das läßt sich schon irgendwie regeln. Der allergrößte Trubel der ersten Tage ist ja jetzt ohnehin vorbei. Also komm, wir fahren in die Stadt. Sind die Straßen immer noch so unaufgeräumt wie vor zwei Tagen?«
Der Parapsychologe nickte. »Es ist gut, daß wir den Geländewagen bekommen haben«, sagte er. »Mit einem normalen Fahrzeug gibt es derzeit noch kein Durchkommen.«
»Dann setz dich mal hinters Lenkrad. Unser eigener Geländewagen ist ja leider vom Hurrikan über ein paar Quadratmeilen verteilt worden. Also sind wir auf dein Auto angewiesen. Fahr los, Mann!«
Zamorra winkte Nicole, und sie stiegen ein. Irgendwie hatte der Dämonenjäger wieder dieses eigenartige, bedrückende Gefühl, daß ein Freund starb. Abermals fragte er sich, was derzeit mit Ted Ewigk sein mochte. Leider wußte er nicht, wie und wo er ihn erreichen konnte. Er wußte nur, daß Ted nach Südafrika abgereist war, um dort eine von Interviews abgerundete Reportage über Aufstieg und Fall eins Großindustriellen zu machen, dem der allmähliche Zusammenbruch der Apartheid, die immer größer werdende Unsicherheit im Land und seinen diversen kriminellen Machenschaften das Genick gebrochen hatten. Doch mehr hatte er bei ihrer letzten Zusammenkunft in Rom auch nicht von sich geben wollen.
Zamorra gab Gas.
Je schneller er herausfand, was sich hier abgespielt hatte und warum es den angeblich so perfekt wirkenden Doppelgänger, Captain Clearance, erwischt hatte, desto eher konnte er entweder aufatmen oder sich weiter um seinen Freund sorgen.
***
Stygia traf ihre Wahl. Als nächsten würde sie Robert Tendyke töten. Es mußte ein weiterer Schock für Professor Zamorra sein, wenn in seiner unmittelbarer Nähe ein Freund starb, ohne daß er auch nur das Geringste zu seiner Rettung tun konnte. Denn eine Kraft, die selbst den stets für undurchdringlich gehaltenen Abwehrschirm durchschlug, konnte auch von Zamorras Amulett nicht erfaßt und bekämpft werden.
Stygia fühlte, wie ihre verbrauchte Energie zurückkehrte. Sie war noch nicht wieder ganz so stark wie vor ihrem Experiment mit dem abgewandelten Spiegel des Vassago, aber es würde reichen, das Todespendel erneut in Bewegung zu setzen.
Daher suchte sie den geheimen Raum wieder auf, in dem sich das mörderische Instrument bèfand, um den Tod Robert Tendykes vorzubereiten.
***
Dr. Steve Moboto stutzte. Achmed Kongollon, sein Assistent, auch. »Stop!« warnte der. »Seit wann bluten Tote dermaßen?«
Daß bei Obduktionen Blut und andere Körperflüssigkeiten freigesetzt wurden, kam vor, nur sah das Zeug dann nicht mehr so frisch aus wie hier. Verwundert strich Moboto mit dem vom Gummihandschuh geschützten Zeigefinger über den Einschnitt. »Er ist schließlich noch nicht sehr lange tot«, murmelte er. »Da kann es Vorkommen, daß…«
Kongollon brummte. Er tastete nach der Halsschlagader des Toten und zuckte dann mit den Schultern. »Nichts. Also muß er tot sein.«
»Natürlich ist er tot«, versuchte Moboto sich zu beruhigen. Er setzte den Schnitt fort. Die rote Spur verbreitete sich. Moboto legte das Skalpell beiseite. Er fühlte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat. »Das ist doch nicht normal!« entfuhr es ihm. »Wirklich kein Puls?«
Achmed Kongollon griff zur einfachsten aller Methoden. Weil er ständig an seiner aus einem schütteren krausen Halbrund bestehenden Haarpracht herumfrisierte, als könne er dadurch für neues Wachstum sorgen, schleppte er auch immer einen kleinen Taschenspiegel mit sich herum. Den hielt er jetzt dem Toten unmittelbar vor die Nasenlöcher.
Der kleine Rundspiegel beschlug auch nach über einer Minute nicht. Das bedeutete: keine noch so schwache Atmung!
Aber Moboto traute dem Frieden plötzlich nicht mehr. »Encephalogramm!« schlug er vor. »Ich möchte wissen, ob das Gehirn noch aktiv ist.«
»Nachdem es seit mehr als vier Stunden nicht mehr mit Blut versorgt wird? Doktor, dieser Mann hat keinen Puls und keine Atmung mehr. Was muß noch als Beweis dafür herangezogen werden, daß er wirklich tot ist?«
»Aber nach dieser Zeitspanne tritt noch Blut aus wie bei einem Lebenden mit ziemlich hohem Blutdruck!«
»Irritierend wirkt das auch auf mich, Doktor, aber wer seit Stunden schon nicht mehr atmet, lebt auch seit Stunden nicht mehr. Leben, Atmung und Herzschlag gehören unmittelbar zusammen!«
»Ich will den Mann an Encephalographen sehen!« blieb Moboto bei seinem Entschluß. »Erst, wenn ich sehe, daß seine
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