0487 - Das Syndikat kennt kein Erbarmen
so, als hätte eine flache Hand darauf gelegen. Ich könnte schwören, daß das noch nicht der Fall gewesen war, als wir den Wagen abstellten. Für solche Dinge habe ich einen scharfen Blick.
Ich stellte mich daneben und hielt meine rechte Hand so auf die Stelle, daß sie sich mit der Form des Fleckes deckte. Dazu mußte ich meinen Oberkörper etwas neigen und mich seitlich stellen.
»Nachtigall«, staunte Phil laut, »es rasselt im Karton.«
Er hatte sich noch vor mir auf die Knie gelassen und blickte unter den Wagen. Sein gedehnter Pfiff ließ mich sofort folgen. Ungeachtet der Nässe warf ich mich platt hin und peilte unter den Motor.
Die beiden runden Riesenzigarren in braunem Ölpapier sprachen eine deutliche Sprache. Harmlos lagen sie da, nur mit zwei dünnen Kupferdrähten am Motor angeschlossen. Einer war lose über das Anlasserkabel gelegt und berührte mit dem nackten Ende den Magnetschalter, der andere war um eine blanke Karosseriestelle gewickelt. Es hätte genügt, den Anlasser zu betätigen, und der Jaguar wäre wie eine Saturnrakete in Cap Kennedy senkrecht nach oben gegangen. Nur, daß wir wahrscheinlich nicht mehr heil gelandet wären.
»Teufel auch«, schnaufte ich, als ich die beiden Drähte abgerissen und sehr vorsichtig wie rohe Eier die Dynamitpakete hervorgeholt hatte, »irgend jemand hat anscheinend etwas gegen uns.«
»Etwas ist gut«, sagte Phil und zog den Griff der Motorhaube. »Bevor wir uns deinem Renner anvertrauen, möchte ich nur schnell nachsehen, ob der Jemand nicht noch etwas mehr gegen uns hat.«
Wir untersuchten Motor, Unterteil und Kofferraum, fanden jedoch keine weitere Höllenmaschine.
»Wagen wir es«, schlug ich vor und startete. Es gab keine Explosion, der Motor schnurrte leise und satt wie immer. Auf schnellstem Wege fuhren wir ins Büro zurück, wo ich den lieben Gruß sofort ins Sprenglabor brachte.
Mißtrauisch peilte unser Sprengstoffspezialist erst die Uhr an, die drei Minuten vor fünf zeigte, dann mich und dann intensiv die Pakete.
»Keine Angst, du kommst noch rechtzeitig zu deinem Steak«, grinste ich, »es würde mich nur interessieren, ob die Dinger zufällig aus Armeebesitz stammen.«
Respektlos riß er die Hüllen ab, schraubte die Aluminiumdeckel auf und holte die zolldicken Stangen heraus.
»Hier steht das Firmenzeichen«, sagte er ungerührt und wies auf die Aufschrift. Ich notierte die Nummern und Buchstaben und war zufrieden.
»Hast du bei der Army eingebrochen?« fragte ev.
»Nein«, grinste ich, »die lieben Jungen verlieren bloß ständig ihre besten Spielsachen, und ich habe immer das Pech, die Dinger zu finden.«
Ich war sicher, jetzt eine heiße Spur zu haben und zögerte nicht mehr länger, ins Pendleton Camp zu fahren. Der Major mochte noch so sauer sein, wenn sich eine zivile Stelle einschaltete, aber Sprengstoffdiebstahl fiel unter FBI-Kompetenz.
Der Posten vor dem weitläufigen Trainingscamp in Newark ließ mich nur zu Fuß ein. Ich zog also den Hut tiefer und stapfte zehn Minuten durch den Regen, bis ich zum Büro von Major Dempsy kam. Der Offizier hatte eisgraues Haar und trug eine randlose Brille. Da wir uns vom Telefon her kannten, ersparte ich mir große Reden und fragte direkt nach den Ermittlungsergebnissen. Er wurde einen Grad kühler und gab dann zu, daß noch nichts herausgekommen sei.
»Ich bin überzeugt, daß aus Ihrer wertvollen Sammlung noch andere Stücke fehlen«, sagte ich bescheiden und gab ihm den Zettel. »Das fand ich heute unter meinem Wagen.«
Er schickte sofort einen Leutnant weg, der der Waffenkammer einen Besuch abstattete. Nach zehn Minuten war er wieder da und bestätigte, daß zwölf Pakete fehlten. Die Stirnader von Major Dempsy schwoll auf doppelten Umfang an, als er seine Befehle gab. Das ganze Camp wurde augenblicklich gesperrt und eine genaue Inventur angesagt. Ich bat ihn inzwischen, mir die Liste aller Leute zu geben, die Zugang zur Waffenkammer hatten. Da sowohl das Brandmittel als auch die Dynamitstangen aus demselben Raum stammten, vermutete ich den Täter in diesem Personenkreis.
Die zwei Fingerabdrücke, die ich von den Dynamitpatronen abgenommen hatte, waren schon längst in Washington beim Zentralarchiv und beim Pentagon, wo alle Angehörigen der Streitkräfte registriert waren. Wenn es sich nicht um einen ortsfremden Einbrecher handelte, würden wir den Burschen schnell herausfinden.
Nach Auskunft des Sergeant von der Schreibstube kamen elf Mann in Betracht. Ich ließ mir von
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