0489 - Gucky und der Verräter
Problem war: In welcher Richtung befand sich die MARCO POLO? Er hätte sich besser auf Fellmer konzentrieren können, wenn er die ungefähre Richtung gewußt hätte, so aber war er auf Vermutungen angewiesen und mußte nach allen Seiten lauschen.
Sie nahmen sich Zeit, fast auf die Minute genau eine Stunde, und diese eine Stunde genügte, die Lichtwellen von der Schaltstation bis zu ihnen gelangen zu lassen. So konnte es geschehen, daß sie nun das sahen, was vor einer Stunde dort passiert war. Optisch sahen sie zurück in die Vergangenheit.
Sie wurden Zeuge einer Katastrophe.
Der Schutzschirm implodierte - das war kurz vor ihrer Flucht geschehen. Er implodierte mit einer grellen Lichterscheinung, die jedoch offensichtlich noch keinen sichtbaren Schaden anrichtete. Aber dann, wenige Minuten später, wurde die riesige Schaltstation und der Ringtransmitter zerstört, und zwar durch eine gigantische Atomexplosion. Alle gespeicherten Energien mußten im Bruchteil einer Sekunde spontan freigesetzt worden sein. Hinzu kam noch, daß sich jegliche Materie innerhalb des betreffenden Gebietes, also der Arrivazone, in Energie umwandelte und ebenfalls frei wurde.
Dort, wo einst die Arrivazone gewesen war, entstand eine Riesensonne.
Sie dehnte sich mit Lichtgeschwindigkeit aus.
Die MARCO POLO wäre verloren gewesen, hätte sie sich weiterhin am Rand des Schutzschirms aufgehalten. Rhodan hatte richtig gehandelt, das unersetzbare Schiff rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
„Da wären wir glatt gebraten worden", murmelte Gucky verstört. „Ein Glück, daß ich nicht auf Cershamon gehört habe - wir würden jetzt noch dort stehen und diskutieren."
„Eben nicht mehr!" berichtigte Ras trocken.
Die beiden Farrogs sagten gar nichts Auch Merkosh schwieg. Er schien ganz mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt zu sein, und Gucky blieb keine Zeit, sich darum zu kümmern.
Sie alle ahnten nicht, daß schon vor knapp einer Stunde die von Rhodan ausgeschleuste Space-Jet dicht an ihnen vorbeigeflogen war, allerdings für sie unsichtbar und unerreichbar. Der Kommandant hatte die unvermeidliche Katastrophe mehr geahnt als berechnet und war sofort in den Linearraum gegangen. Er kannte den ungefähren Standort der MARCO POLO, vier Lichtjahre von der Arrivazone entfernt.
Ras meinte: „Wir müssen weiter, Gucky. Es hat wenig Sinn, wenn wir hier auf etwas warten, das niemals geschehen wird. Vielleicht wird es mit den Impulsen besser, wenn wir weiter vom Schauplatz der Katastrophe entfernt sind. Die freigewordenen Energieströme sind auch nicht schneller als das Licht, lediglich die Schockstöße des Sextadimschirms pflanzen sich ohne Zeitverlust fort. Stören die auch?"
„Kann sein, daß sie allein es sind, die den telepathischen Kontakt unterbrechen, ich weiß es nicht. Da nützt auch die größere Entfernung nichts. Aber versuchen können wir es. Wie weit?"
„Ein Lichtjahr, bisherige Richtung. Scheint mir die logischste zu sein."
Sie sprangen.
Der Anblick hatte sich wieder verändert. In einem Jahr erst würde hier die neue Nova zu erkennen sein, wenn Gruelfin auch bereits hell strahlend an ihrem „alten" Platz schwebte. Die Energieströme der Arrivazone waren noch nicht bis hierher gelangt, aber der Raum war angefüllt mit energetischen Schockwellen aller Art, die sowohl den Funkverkehr wie auch den telepathischen Kontakt unterbanden.
Aber nicht mehr vollständig.
Ras sagte: „Jetzt habe ich etwas im Empfänger, schwache Funkzeichen Rhodan wird sich denken können, daß wir im Weltraum sind und Hilfe benötigen. Er wird uns suchen. Noch nichts von Fellmer?"
„Nichts."
Unter normalen Umständen wäre es Gucky sicherlich nicht schwergefallen, Fellmers Gedankenimpulse über Lichtjahre hinweg aufzufangen, zumal der Telepath ja den Auftrag erhalten hatte, Kontakt mit ihm zu halten. Aber der Rücksturz einer ganzen Galaxis in das dreidimensionale Raum-Zeit-Kontinuum konnte beim besten Willen nicht als „normale Umstände" eingestuft werden.
Einmal war es Gucky so, als würden ferne und äußerst schwache Gedankenimpulse nach seinem Bewußtsein tasten.
Aber ehe er sich auf sie konzentrieren konnte, verschwanden sie wieder. Es war ihm klar, daß durch die besonderen Verhältnisse nun die Entfernung auch eine Rolle spielte, eine Tatsache, die sonst bei Telepathie kaum ins Gewicht fiel.
„Das muß die MARCO POLO sein!" sagte Ras plötzlich.
„Schaltet den Empfänger ein. Ich gebe euch die Frequenz - es ist die Notfrequenz
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