Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
049 - Der Android

049 - Der Android

Titel: 049 - Der Android Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
wäre, dachte er. Rein, gerecht und ohne Selbstzweifel.
    »Ich halte es für einen Fehler, Herr«, sagte Haank, »sie unbewaffnet und ohne Verteidigungsprogrammierung nach El'ay zu schicken. Wer weiß, was dort mit ihnen passiert.«
    Takeo schritt langsam um die Roboter herum. »Was soll mit ihnen passieren? Du selbst gehst nach El'ay, um mit den Geschäftsleuten zu verhandeln, und die Farmer in der Umgebung bitten uns um Hilfe, wenn sie schwere Lasten bewegen müssen. Offensichtlich akzeptieren sie Maschinen in ihrer Mitte.«
    Haanks Plysterox-Platte blieb reglos, aber sein menschliches Auge verriet allzu deutlich, dass er mit der Argumentation nicht einverstanden war.
    »Wir haben uns nie in ihre Angele- genheiten eingemischt«, entgegnete er, während er abwesend den Brustpanzer eines Roboters polierte.
    »Und wir haben nie versucht, über sie zu herrschen. Das…«
    »Ich will nicht über die Menschen herrschen«, unterbrach Takeo ihn, »sondern sie vor ihren eigenen niederen Trieben schützen. Ich dachte, diesen Unterschied hättest du mittlerweile begriffen.«
    Seit Monaten diskutierten sie bereits über den Einsatz der Maschi- nenmenschen, doch es war ihm nicht gelungen, Haank von seinem Standpunkt zu überzeugen. Der ehrgeizige Plan, mit Hilfe von Roboter- Polizisten ein wenig Zivilisation nach El'ay zurück zu bringen, stieß bei ihm auf Unverständnis und Skepsis. Takeo vermutete, dass seine menschlichen Komponenten ihm nicht erlaubten, die Überlegenheit der Maschinen bedingungslos anzuerkennen.
    »Du solltest den Rest deines Körpers austauschen«, sagte er. »Er wird ohnehin bald verfallen und du würdest vieles klarer sehen.«
    Haank neigte den Kopf. »Wenn es dir nichts ausmacht, Herr, werde ich bis zum Tag des Verfalls damit warten.« Er trat von den Robotern zurück und sah Takeo an. »Lass mich sie wenigstens begleiten, wenn du sie nach draußen schickst. Sie sollten ihren ersten Menschen nicht allein begegnen.«
    Seine Stimme klang flehentlich, als würde in den Maschinen ein Teil seiner selbst stecken. Über Jahre hinweg hatten sie gemeinsam an ihnen gearbeitet, und es fiel Haank sichtlich schwer, sie jetzt gehen zu lassen.
    Menschliche Sentimentalität, dachte Takeo.
    »Nein«, sagte er dann. »Die RoCops besitzen die Grundlagen meines Wissens. Sie werden dort draußen problemlos agieren können. Dafür habe ich sie schließlich konstruiert.«
    Haank schien zu spüren, dass weiterer Widerspruch sinnlos war, denn er hob einfach nur die Schultern und verließ die Werkstatt. Takeo sah ihm einen Moment nach, dann wandte er sich an die Roboter.
    »RoCop eins bis zwölf, aktiviert Einsatzprotokoll.«
    »Aktiviert«, kam die Antwort synchron zurück. Takeo registrierte zufrieden, dass ihre Stimmen exakt gleich klangen, so wie er es vorgesehen hatte. Er hoffte, so die Menschen davon zu überzeugen, nur die Funktion der Maschinen wahrzunehmen und nicht nach individuellen Unterschieden zu suchen.
    »RoCops eins bis zwölf, beginnt euren Einsatz.«
    Er folgte ihnen nach draußen, jede ihrer Bewegungen sorgfältig beobach- tend. Ihr Gang war geschmeidig, die Koordination makellos. Nur wenige Augenblicke blieben sie unter dem wolkenverhangenen Himmel stehen, um die Karten der Umgebung aufzurufen, dann öffnete der erste bereits das Tor und wandte sich nach Süden, der Stadt zu. Erst als der letzte den großen Innenhof verlassen und zwischen den Feldern verschwunden war, schloss Haank das Tor wieder.
    »Sie werden nicht zurück kommen«, sagte er so leise, dass Takeo ihn kaum verstehen konnte.
    »Doch, das werden sie.«
    ***
    Dass Crow aufstand, als Takeo das Krankenzimmer seiner Tochter betrat, war keinesfalls ein Ausdruck von Höf- lichkeit, sondern diente nur dazu, den beträchtlichen Größenunterschied ein wenig zu reduzieren. Jetzt reichte er dem Cyborg zumindest bis zur Schulter.
    »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind, Mr. Takeo. Ich befürchte, Lynne hat einen Nervenzu- sammenbruch.« Crow zeigte auf das Bett, in dem seine Tochter lag und mit leerem Blick an die Decke starrte.
    Etwa eine halbe Stunde zuvor hatte sie sich mit tränenverquollenen Augen auf den Rücken gedreht und seitdem weder geschluchzt noch ein Wort gesagt. Die Situation überforderte Crow. Er war daran gewöhnt, dass die Menschen in seiner Umgebung taten, was er von ihnen verlangte, aber selbst die Drohung einer bevorstehenden Degradierung hatte Lynne nicht dazu gebracht, mit ihm zu reden.
    Aber das war nicht der einzige Grund,

Weitere Kostenlose Bücher